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Kein Scherz

von Marcus Knill

Für die Eltern – bestehend aus Vätern und Müttern – wollte vor Jahren der Europarat die neutrale Bezeichnung «Elter» einführen. Einige Staaten nahmen diese Anregung auf. Die Behörden in Frankreich dürfen nicht mehr «Vater» oder «Mutter» sagen, sondern es muss «Elter1» und «Elter2» geschrieben werden.

Deutschland dürfte wohl dieses lächerliche Genderspielchen ebenfalls bald übernehmen. Hannover machte jedenfalls für Behördenschreiben bereits den Anfang. Die Sprachmissionare begründen ihr Tun mit folgendem Argument: Diese Formulierung taugt sehr gut gegen Unterdrückung, Homophobie. Sie sei im Hinblick auf Gleichstellung und Vielfalt notwendig. Die Verhunzung der Sprache wird dabei in Kauf genommen. Die Forderung nach der «dritten Toilette» und dem «Gendersternchen» wurde in der Öffentlichkeit lange als abstruser Auswuchs nicht ernst genommen. Alle gesellschaftlichen Minderheiten verstehen es heute sehr gut, sich lautstark Gehör zu verschaffen. Die Verstümmelung der Sprache spielt dabei für die Begriffssektierer keine Rolle.

Die politische Korrektheit in Sprachtexten treibt auch in den USA absurde Blüten. Das ist mit ein Grund für die Wahl Trumps. Er ignorierte die Überkorrekten. Das schätzten zahlreiche US-Bürger. Von Referenten in den USA wird vielerorts erwartet, dass sie zu Beginn ihrer Ausführungen offenbaren, zu welchem Geschlecht sie sich zugeordnet fühlen. «Er, sie, es» gibt beispielsweise bekannt: «Ich bin ein WIR», wenn der Redner beide Geschlechter in sich fühlt.

Es werden heute bereits 60 Geschlechtsidentitäten aufgeführt. Wenn nun alle Sondergruppen eine Sonderregelung beanspruchen würden, hätte die Gesellschaft ein unlösbares Problem. Die Differenzierung führt zu einer Orientierungslosigkeit. Bücher müssen umgeschrieben werden, weil sie politisch nicht mehr korrekt sind. Auch in der Schweiz sollen derzeit aktuelle Geschichtsbücher in Schulen korrigiert werden, weil Männer in den Berufen dominieren.

Obschon historische Berichte eigentlich das Zeitbild vergangener Jahre wiedergeben. Wenn damals vor allem Lokomotivführer erwähnt werden und keine Lokomotivführerinnen, so entspricht dies der damaligen Situation. Es gab früher in vielen Berufen kaum Frauen. Weil in Geschichtsbüchern in vielen Berufen weniger Frauen vorkommen, will man dies nachträglich korrigieren. Dies kommt jedoch einer Verzerrung der historischen Tatsache gleich.

Wenn nun der Begriff «Elter1» und «Elter2» tatsächlich eingeführt werden sollte, wird dies als zwingende Massnahme gegen Diskriminierung gesehen. Ich frage mich: Müsste diese absurde Wortschöpfung eigentlich nicht von den «Vätern» und «Müttern» als diskriminierend empfunden werden?

Erfreulicherweise gibt es noch Gruppen der schreibenden Zunft, die nicht gewillt sind, derartige Auswüchse mitzumachen. Jene, die Genderspielchen mitspielen, tragen nicht dazu bei, unsere Sprache verständlicher zu machen. Sie machen sich höchstens lächerlich.



Marcus Knill ist Experte für Medienrhetorik und Autor der virtuellen Navigationsplattform für Kommunikation und Medien rhetorik.ch.

Unsere Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

 


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