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König der Selbstvermarktung – wie lange noch?

von Christian Lang

Nun ist es traurige Gewissheit: Man wird die Fähigkeiten eines der grössten Sportler aller Zeiten nicht mehr in einem professionellen Wettkampf bestaunen können. Roger Federer bestritt letzten Freitag sein letztes Spiel als Tennisprofi – und startet nun mit seinem Abenteuer «Karriere nach der Karriere». Aber was bedeutet das für die Marke «Roger Federer» und wie wirkt sich der Rücktritt auf seinen Markenwert aus?

Zugegebenermassen, Roger Federer hat es geschafft, sich frühzeitig optimal für die Karriere nach der Karriere zu positionieren. Er ist durch diverse Firmenbeteiligungen und zahlreiche langfristige Sponsoringdeals optimal aufgestellt. Sunrise, Credit Suisse, Rolex, Barilla, Lindt, Moët & Chandon, Jura, Mercedes, Moët & Chandon, Wilson, Netjets, Rimowa, Schweiz Tourismus, Uniqlo … die Liste seiner Sponsoren ist nahezu endlos. Die Marke «Roger Federer» ist eine der wertvollsten Testimonialmarken. Federer besetzt eine spannende Nische im Premiumbereich, ist der «Darling» der Promiwelt und das ist auf jeden Fall attraktiv für vermögende Zielgruppen.

Das Problem und die Faszination von Federer zugleich sind, dass er unglaublich viele Sponsoren hat. Man hat fast das Gefühl, dass es zu viele Förderer sind. Es ist schwierig, Federer noch mit einzelnen Firmen in Verbindung zu bringen. Das verwässert in einer gewissen Art und Weise ein Testimonial. Für den einzelnen Werbepartner ist es nicht so attraktiv, wenn fast alles beworben wird durch dieselbe Person. Nichtsdestotrotz ist es faszinierend zu sehen – und das ist ein Indikator für die unglaubliche Stärke, die die Marke Federer hat –, dass er es geschafft, so viele Marken unter sich zu vereinen.

Mit seinem Rücktritt muss man sich gezwungenermassen fragen, ob Roger Federer auch nach der Karriere als Werbebotschafter gleich gut gebucht wird. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns nochmals vor Augen führen, welchen Gegenwert sich die Sponsoren von Roger Federer für ihr Geld erhoffen. Die Partner zahlen insbesondere für die Plattform «Tennis» beziehungsweise die Reichweite, die Roger Federer dadurch erlangt hat. Und wenn diese regelmässige reichweitenstarke Plattform «Tennis», vor allem in den nicht-europäischen Märkten, verloren geht, ist das insbesondere für die internationalen Marken wie Mercedes, die nicht so stark auf den Schweizer Markt ausgerichtet sind, eine Gefahr. Deshalb gehe ich davon aus, dass die internationalen Partner und somit auch der Markenwert irgendwann zurückgehen werden. Ich würde sagen, dass er ungefähr einen Drittel verlieren wird, weil für einige Marken vor allem die sportliche Reichweite ausschlaggebend ist.

Auf der anderen Seite stand Federer schon länger für mehr als exzellenten Sport. Er ist ein Gentleman, bodenständig, erfolgreich, skandalfrei und Inspiration für viele Menschen – der ideale Sport- und Markenbotschafter. Kommt noch hinzu, dass er der absolute Sympathieträger für unser Land ist. Die Schweizer Werte und die Werte von Federer passen wunderbar zusammen: Bodenständigkeit, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und trotzdem eine gewisse Modernität. Deshalb werden meines Erachtens die Schweizer Partner auch langfristig bleiben, weil hier das Bekenntnis Swissness, die Kontinuität und der Rückblick auf die Karriere von besonderer Bedeutung sind. Zudem hat er in der Schweiz sicherlich nochmals eine grössere aktive Markenbekanntheit.

Demzufolge wird Roger Federer aufgrund seiner Positionierung und seines Sympathiefaktors weiterhin ein gefragtes Werbegesicht bleiben. Kurzfristig werden kaum Sponsoren auf die Marke Roger Federer verzichten, deren Wert auch lange nach seinem Rücktritt immens sein wird. Die Frage ist nur: Kann er als Marke weiterhin global aktuell bleiben, da er einen Teil der reichweitenstarken Plattform «Tennis» verlieren wird? Entscheidend ist es nun, dass er sich vom Tennissport lösen kann und beispielsweise auch seinen gesellschaftlichen Beitrag unterstreichen kann (zum Beispiel über seine Stiftung), um sich so mehr und mehr von der reinen Tenniskompetenz zu lösen. Dies ist Federer aber während der Karriere zu Teilen schon gelungen. Deshalb bin ich überzeugt, dass er auch nach der Karriere extrem erfolgreich bleiben wird – denn die Eigenschaften Fleiss, Disziplin und Ehrgeiz werden auch nach der Karriere zum Erfolg führen.

Alles Gute, King Roger!



Christian Lang ist Leiter Sportmanagement an der Universität St. Gallen.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.


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