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Schlechter Abgang

von Matthias Ackeret

Ein guter Abgang ist Glückssache, vor allem als deutscher Kanzler. Willy Brandt verhedderte sich im Stasidschungel, Helmut Kohl in einer schmuddeligen Spendenaffäre. Nur Gerhard Schröder hatte Glück, er wurde Berater von Ringier.

Angela Merkel wollte es besser machen und wählte ihren Ausstieg selbst. Doch diesen haben ihr wohl die Taliban – und vor allem die Bild-Zeitung – vermasselt. «Verantwortungslos und lebensgefährlich», titelte Bild-Chefredaktor Julian Reichelt nach dem Desaster von Kabul. Er fügte eine Aufnahme bei, wie sich die Kanzlerin zur gleichen Zeit bei einer Kinopremiere in Berlin amüsierte; Kanzlerkandidat Laschet in den Fluten lässt grüssen.

Ewigkolumnist Franz Josef Wagner stänkerte: «Ihre letzten Tage als Kanzlerin sind ihre schlechtesten.» Solche Töne erstaunen, galt Bild immer als merkelfreundlich und Wagner – noch länger im Amt als die Kanzlerin – als Merkel-Versteher.

Unvergessen, wie Friede Springer, Seele des Hauses, ihrer Freundin 2005 bei der Vereidigung von der Tribüne des Reichstages aus zuklatschte. Bereits vor einem Monat wunderten wir uns, wie Bild die deutschen Kanzlerkandidaten waidwund schoss.

Dass jetzt aber auch die publizistisch Unberührbarste ins Fadenkreuz gerät, überrascht wirklich. Was nicht so schwierig ist: Wehren kann sich Merkel nicht mehr. Fazit: Deutschland hat nun zwei Oppositionsblätter. Das andere ist die Deutschlandausgabe der NZZ.



Matthias Ackeret ist Verleger und Chefredaktor von persönlich und persoenlich.com.


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