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Selbstcourage im Vierteltakt

von Matthias Ackeret

"Es tut gut," kommentiert ein gewisser Roland Sütterlin, "dass es noch Journalisten mit Zivilcourage gibt." Die Rede ist von Constantin Seibt, Starschreiber  des Tagesanzeigers. Grund für die Sütterlinsche Euphorie: Seibts Abrechnung auf tagesanzeiger.ch mit der "Weltwoche", der "Basler Zeitung" und dem damit verbundenen Engagement der Herren Tettamanti und Blocher. Diese Medien, so Seibts Fazit, erbrächten überhaupt keinen Beitrag zur Medienvielfalt. Die Zustimmung der Internet-Community ist gewiss. "Oh, wie wohltuend," jubelt Blanca Imboden, "wenn einer mal alles so auf den Punkt bringt." Doch wird der Begriff Zivilcourage nicht auf den Kopf gestellt, wenn man lediglich das schreibt, was bereits die Mehrheit denkt?   Es gibt hierzulande nichts Einfacheres – und auch Ungefährlicheres – als mit Wolllust auf Somm, Köppel, Weltwoche und BaZ einzudreschen. Eine mathematische Gesetzmässigkeit: Je härter, desto besser. Und relativ bequem: der Applaus ist vorprogrammiert, mit Klagen oder Gegendarstellungen ist kaum zu rechnen. Doch auch hier sei die Frage erlaubt: Warum schreibt Seibt nie über die Monopolstellung der Tamedia in der Schweizer Presselandschaft?   Aber manchmal – und das weiss Seibt – benötigt jeder Revolutionär Nestwärme. Dagegen ist nichts einzuwenden. Und trotzdem ist es – mit Verlaub –  ein bisschen feige. Niklaus Meienberg, Urvater aller Edelfedern, war ein anderes Kaliber. So schrieb er im "Magazin" des "Tages-Anzeigers" eine launige Reportage über den Fürsten von Liechtenstein; ein Bekannter der Verlegerfamilie. Das Resultat: ein 15jähriges Schreibverbot. Solange es sich um Tettamanti und Blocher handelt, besteht diese Gefahr nicht.

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