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Werber haben nur ein müdes Lächeln übrig

von Edith Hollenstein

Das Medienqualitätsrating (MQR) 2018 ist wichtiger als das erste. Denn nun wird ersichtlich, welche Titel seit 2016 besser oder schlechter geworden sind. Das dürfte die betroffenen Redaktionen beziehungsweise Verlage freuen oder ärgern und ihnen allenfalls im Branchenvergleich auch zu denken geben. Denn solch wissenschaftliche Untersuchungen zur Medienqualität, wie auch das Jahrbuch Qualität im Journalismus oder der Tamedia-Qualitätsbericht, können dazu führen, dass Redaktionsleiterinnen und Journalisten die eigene Arbeit überdenken und vielleicht sogar verbessern.

«Das goldene Q macht sich gut auf dem Bürotisch, doch es führt nicht zu Mehreinnahmen»

Darüber hinaus, was bringen solche Qualitätsuntersuchungen den betroffenen Titeln? Abgesehen von kurzzeitig etwas anerkennendem Respekt von den Berufskollegen und der eigenen Leserschaft (sofern diese überhaupt davon erfährt) – wenig, vor allem nichts Existentielles.

Das gilt auch für das MQR 2018. Zwar war die Beachtung der am Montag in Zürich präsentierten Ausgabe hoch. Rund 30 Gäste – darunter die Vertreter der Medientitel auf den vordersten Plätzen – waren angereist, um sich im Hotel Schweizerhof vom Stifterverein Medienqualität die Ergebnisse erklären zu lassen (persoenlich.com berichtete). 

Doch während Tobias Trevisan, Präsident des Stiftervereins Medienqualität, die Zertifikate, respektive die «Medien-Oscars» (Selbstdeklaration), überreichte, fragte ich mich: Was bringt dieses goldene Q einem Medientitel? Können die «NZZ am Sonntag» (Siegerin in der Kategorie «Sonntagszeitungen/Magazine») oder der «Sonntagsblick» (unter den «Aufsteigern») jetzt ihre Werbeplätze teurer oder besser verkaufen? Mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht. Das goldene Q macht sich sicher gut auf dem Bürotisch des Redaktionsleiters, doch es führt nicht zu Mehreinnahmen.

«Mediaplanung ist quantitativ getrieben, das ist schade»

Der Stifterverein hatte sich nämlich 2016 zum Ziel gesetzt, die Werber ins Boot zu holen. Er wollte Mediaagenturen davon überzeugen, die MQR-Daten in ihre Planungstools zu integrieren. Doch das ist nicht gelungen. Anders als es die Initianten rund um Tobias Trevisan und Andreas Durisch ursprünglich erwartet hatten: Fast alle Werber haben für solche Qualitätsrankings nur ein müdes Lächeln übrig. «Hardnews vs. Softnews», «Quellentransparenz» oder «Einordnungsleistung» – journalistische Qualitätskritierien interessieren sie nicht. Für sie ist nur eines zentral: die Reichweite. Mediaplanung ist rein quantitativ getrieben.

Will etwa ein Auftraggeber 24- bis 35-jährige Schweizer mit den Interessen Gaming und Musik erreichen, orientiert sich sein Mediaplan ausschliesslich an der Anzahl entsprechender Kontakte, die bestimmte Medien gewährleisten. Damit sich das ändert und Auftraggeber auch das Umfeld, in dem sie werben, einbeziehen, müssten die Mediaagenturen Daten von Qualitätsuntersuchungen in ihre Planungstools integrieren. Das ist ihnen aber zu aufwändig, denn sie arbeiten meist mit Systemen und Daten, die ihr Netzwerk standardisiert und international anwendet. Das ist schade, denn die Verwendung qualitativer Daten wäre eigentlich eine Chance zur Differenzierung.

 



Edith Hollenstein ist Redaktionsleiterin bei persoenlich.com.


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