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Zum Sommerstart in den Winterschlaf

von Edith Hollenstein

«Deville» macht Sommerpause. Dass sich das SRF-Satire-Format mit dem ersten Sommerwochenende des Jahres in den Winterschlaf verabschiedet, klingt wie ein fauler Witz. Ist aber keiner, sondern Tatsache und schlicht und einfach schade.

Fast ausnahmslos jede «Deville»-Sendung war dicht und geistreich, die Einspieler kurz und pointiert – der Humor zu Teilen bitterböse («offene Hose bei der CVP. Und bei den Grünen», «Parteiprogramm der Jungen SP gehört in die Ludothek»). Ein Höhepunkt in den zehn Folgen: Die Nummer zu Bundespräsident Ueli Maurers Besuch bei Donald Trump. Da bot Maurers Auftritt bei CNN bekanntlich Realsatire vom Feinsten und damit an sich ein Steilpass für die Haussatiriker des Schweizer Fernsehens. Doch nicht für Deville und sein Team. Er erklärt in der entsprechenden Sendung: «Dazu machen wir keine Nummer, satirisch gibt es da nichts rauszuholen». Was in den folgenden fünf Minuten zu Ueli Maurer dann aber über den Bildschirm flimmert, entlockt bei jedem Zuschauer mindestens einen lauten Lacher und zeigt beispielhaft, wie überraschend und am Puls der Zeit dieses Format ist.

«Deville», von dem ich anfangs vermutete, es sei oberflächlicher und effekthaschender als «Late Update», die Konkurrenz-Show von Michael Elsener, teilt aus und das manchmal hart gegenüber Parteien, Firmen – sogar Liechtenstein und die Pfadfinder kommen vor. Auch finden immer wieder akuelle politische Themen statt: STAF, AHV, Milizpolitsystem, Atomkraft, 5G oder Waffengesetz. Das verleiht der Sendung die Substanz, die es braucht für eine Late-Night-Show beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Sehr gut gelungen sind auch zahlreiche Einspieler, etwa ein «Ein Herz für die Schweiz», derjenige zu den Kleinparteien (als Serie über mehrere Sendungen hinweg) – oder aus der aktuellsten Sendung vom Sonntag über Parteiprogramme, die analog zum Computer ständig neue Updates benötigen:

Man kann die Stimme von Dominic Deville anstrengend finden, mich stört sie nicht. Dass er immer wieder wie beiläufig seine Mutter oder sein früheres Leben als Kindergärtner erwähnt («mich als Pädagoge freut das natürlich»), kontrastiert stark mit seiner heutigen Rolle als Late-Night-Host – das gibt ihm zusätzlich Charakter.

Dominic Deville und sein hellwacher, fröhlicher Sidekick Patrick Karpiczenko haben Profil, wirken souverän und irgendwie ansteckend positiv. Und sie entkräften Stimmen, die behaupten, gute Satire sei in der Schweiz ein Ding der Unmöglichkeit.



Edith Hollenstein ist Redaktionsleiterin bei persoenlich.com.


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