Am Donnerstag öffnet die Baselworld ihre Tore. Die Weltmesse für Uhren und Schmuck hat keinen einfachen Stand: Boykott der Swatch Group, horrende Hotel- und Restaurantpreise, Ausstellerschwund, Fehler des früheren Managements: Die Messe sorgte in den vergangenen Monaten für viele unschöne Schlagzeilen. Swatch-Chef Nick Hayek liess sich sogar zur Aussage hinreissen, dass es die Baselworld gar nicht mehr brauche.
Wie konnte es so weit kommen? Und was muss die Baselworld ändern, um ihrem früheren Ruf als Highlight der Branche wieder gerecht zu werden?
Die Baselworld hat es verpasst, sich den Bedürfnissen im digitalen Zeitalter anzupassen. Die meisten Branchen denken und handeln heute iterativ, fliessend, mit ständigem Feedback vom Markt. Dieses fliesst bereits in die Entwicklung ein, nicht erst wenn das Produkt fertig ist. Das verändert den Sinn und Zweck von Messen radikal. Der Markt hat das verstanden, die meisten Messeanbieter leider nicht.
Die Baselworld muss ihr Selbstverständnis als Plattform, ihre Rolle, die sie in Zukunft spielen will, grundsätzlich neu definieren. Einfach nur Quadratmeter teuer vermieten und dort Anbieter und Käufer zusammenführen wie vor 100 Jahren, das reicht in der digitalen Welt nicht mehr.
Eine hervorragende Erfahrung vor Ort bleibt natürlich wichtig. Aber die Messe selbst wird nur mehr der einmalige und perfekt ausgestaltete Höhepunkt eines Jahres sein. Das Hochamt der Branche. Die Community aus Händlern, Anbietern, Multiplikatoren und Meinungsbildnern muss aber das gesamte Jahr über gepflegt und verbunden werden.
Baselworld.com müsste die erste Quelle für Uhrenneuheiten und die Autorität in der Branche sein. Sie muss über das ganze Jahr hinweg in Blogs und Magazinen – online und offline – relevanten Content publizieren. Es muss kleinere Ableger und selbstständige Töchter in den wichtigsten Märkten der Welt geben, ähnlich wie das die Art Basel macht. Es benötigt Hintergrundzugänge für interessierte Personen. Die Baselworld muss eine Verbindung zu den Endkunden in den verschiedenen Uhren- und Schmucksegmenten aufbauen.
Ein neues Konzept ist auf 2020 angesagt. Nachdem die Zukunft so lange vernachlässigt wurde, muss nun sehr entschlossen und schnell agiert werden. Ob das ein politisch dominierter Messeanbieter überhaupt leisten kann, ist eine andere Frage.
Der Luxusmarkenexperte Klaus-Dieter Koch ist Gründer und Managing Partner der Managementberatung BrandTrust.
Unsere Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.
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Zwischen Niedergang und Neubeginn