08.08.2024

Kindermarketing

Die Werbebranche fürchtet eine weitgehende Regulierung

Der Bund will Kinderwerbung für ungesunde Lebensmittel einschränken. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll im Herbst in die Vernehmlassung gehen. Der Präsident der LSA Andreas Hugi fürchtet ein umfassendes Werbeverbot. Es gibt aber auch gelassenere Reaktionen.
Kindermarketing: Die Werbebranche fürchtet eine weitgehende Regulierung
Kinder sollen vor ungesunden Lebensmitteln besser geschützt werden, findet der Bund. (Bild: Keystone/Walter Bieri)

Ein Rahmen für die Kinderwerbung im Lebensmittelbereich sei laut Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BLV) «unerlässlich», berichtete die NZZ Anfang Woche. Das BLV prüft aktuell im Rahmen der Revision des Lebensmittelgesetzes eine Regulierung der Kinderwerbung für zu süsse, zu fettige, zu salzige und zu energiereiche Produkte, wie die Behörde gegenüber persoenlich.com bestätigt.

Vorgesehen sei, dass der Bundesrat die Werbung für Lebensmittel, die gewisse Kriterien nicht erfüllen, einschränken kann, zitiert die NZZ aus einem Entwurf, der in Branchenkreisen kursiere.

In der Werbebranche zeigt man sich besorgt. «Wir befürchten, dass die geplante Regulierung sehr weit gehen wird und sich die Bundesverwaltung die Kompetenz abholen will, am Parlament vorbei die sehr weit gehenden WHO-Richtlinien in der Schweiz umsetzen und anwenden zu können», schreibt auf Anfrage Andreas Hugi, Präsident der Leading Swiss Agencies (LSA).

Der CEO von Furrerhugi betont auch, dass die Agenturen bei Fragen des Kinder- und Jungendschutzes stark sensibilisiert seien. Die Auftraggeber hielten zudem heute schon den Swiss Pledge ein, eine freiwillige Initiative, mit dem Ziel, das Werbeverhalten gegenüber Kindern verantwortungsvoller zu gestalten.

Hugi: «Bevormundung des Kunden»

Für das BLV geht diese Selbstregulierung jedoch nicht weit genug. Jahrelang habe man erfolglos für eine freiwillige Reduzierung der Kinderwerbung mit der Branche verhandelt, schreibt das BLV auf Anfrage.

Andreas Hugi zeigt sich kritisch: «Was hier aber geplant wird, ist die Bevormundung des Kunden.» Ausserdem würde eine Gesetzänderung eine Phase der Unsicherheit bringen: «Welche Produkte sind betroffen, welche nicht? Auf welchen analogen und digitalen Kanälen darf ein Produkt beworben werden? Und vor allem: Wer entscheidet im Einzelfall darüber, ob eine Kampagne umgesetzt werden darf oder nicht?»

Für ihn ist klar: «Die geplante Gesetzesrevision ist ein weiterer Versuch eines umfassenden Werbeverbots, denn heute lassen sich Kinder- und Erwachsenen-Kanäle kaum mehr trennen. Die Konsequenz wäre, dass Werbung für zucker- und salzhaltige Genussprodukte generell verboten würde.»

Hirsbrunner: «Ansporn für Kreativität»

Andere Branchenexponenten sehen die mögliche Regulierung gelassener. Die Auswirkungen einer Gesetzverschärfung für die Werbebranche seien schwer abzuschätzen, findet Roman Hirsbrunner, CEO von Jung von Matt Schweiz, welche unter anderem die Chips-Marke Zweifel zu seinen Kunden zählt. «Aus Industrien, die bereits mit Werbeeinschränkungen konfrontiert sind, wissen wir aber auch: Marken aus diesen Branchen nutzen weiterhin die professionelle Kommunikationsberatung von Agenturen.»

Ausserdem können Einschränkungen ein «Ansporn sein, kreativere Wege der Kommunikation zu finden, die diese Einschränkungen berücksichtigen.»


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KOMMENTARE

Roland Ehrler
09.08.2024 09:30 Uhr
Werbeeinschränkungen für Lebensmittel sind völlig daneben! Der Schutz von Kindern wird immer gerne ins Feld geführt, damit die Politik einen Grund hat aktiv zu werden. Allerdings sind die Kinder - mit zunehmenden Alter - selbst und deren Eltern dafür verantwortlich wie sie sich ernähren, bewegen, entwicklen und leben - nicht der Staat und nicht die Werbewirtschaft. Deshalb sind Werbeeinschränkugen gerade für Lebensmittel strikte abzulehnen. Am Ende werden sonst mündige Bürger von Kommunikationsmitteln und -Kanälen ausgeschlossen, was dann völlig daneben ist! "Kreative Wege" wie Roman Hirsbrunner nennt, bringen dann wenig, wenn wichtige Kanäle wie TV- oder Aussenwerbung eingeschränkt werden. Dies gilt es für unsere Branche unbedingt zu verhindern.
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