06.03.2022

Ukraine-Krieg

Mehrere Medien stellen Arbeit in Russland ein

Grosse Nachrichtensender reagieren damit auf eine Gesetzesänderung, die das russische Parlament am Freitag verabschiedet hatte. Auch das Schweizer Radio und Fernsehen zieht sich zurück.
Ukraine-Krieg: Mehrere Medien stellen Arbeit in Russland ein
Nicht mehr im Visier der Kameras grosser Nachrichtensender aus dem Westen: der russische Präsident Wladimir Putin. (Bild: Keystone/AP Photo/Pavel Golovkin)

Das Deutschschweizer Radio und Fernsehen SRF und auch die italienischsprachige RSI ziehen sich deswegen aus Russland zurück. Alle Korrespondentinnen und Korrespondenten sind bereits ausser Landes, wie es am Samstag hiess. «Aufgrund der einengenden Bedingungen für Korrespondentinnen und Korrespondenten und der ihnen drohenden Konsequenzen hat SRF aktuell keine Mitarbeitenden mehr vor Ort in Russland.» Die Situation werde laufend neu beurteilt.

Das Westschweizer Radio und Fernsehen RTS war schon vorher nicht mehr permanent in der russischen Hauptstadt vertreten.

ARD und ZDF setzen Berichterstattung aus

Wenige Stunden vorher war bekannt geworden, dass die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF die Berichterstattung aus ihren Moskauer Studios ausgesetzt haben. Auch sie reagieren damit auf eine Gesetzesänderung, die das russische Parlament am Freitag verabschiedet hatte. Mit dieser kann die Verbreitung angeblicher Falschinformationen über die russischen Streitkräfte mit hohen Geldstrafen und bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden.

Von den öffentlich-rechtlichen Sendern hiess es am Samstag in einem abgestimmten Statement: «ARD und ZDF prüfen die Folgen des am Freitag verabschiedeten Gesetzes und setzen die Berichterstattung aus ihren Moskauer Studios erst einmal aus. Die beiden öffentlich-rechtlichen Sender werden von ihren anderen Standorten aus weiterhin das Publikum umfassend über das Geschehen in Russland und der Ukraine informieren.» Nähere Details wurden zunächst nicht bekannt.

Auch Deutschlandradio kündigte an, die Berichterstattung aus dem Korrespondentenstudio in Moskau vorerst auszusetzen. «Unser Russland-Korrespondent wird zunächst aus unserem Studio in Warschau weiter über den Krieg in der Ukraine berichten», teilte der Sender am Sonntag mit.

Zuvor war bekannt geworden, dass mehrere internationale Sender und Agenturen ihre Arbeit in dem Land ganz oder teilweise einstellen. «CNN wird den Sendebetrieb in Russland einstellen, während wir die Situation und unsere nächsten Schritte weiter bewerten», bestätigte ein Sprecher des US-Senders am Freitagabend (Ortszeit) auf Nachfrage.

Die US-Nachrichtenagentur Bloomberg hatte zuvor erklärt, ihre Berichterstattung auf russischem Gebiet zu stoppen. Auch die britische BBC stoppt zunächst jegliche Form der Berichterstattung auf dem Gebiet der Russischen Föderation.

Auch italienische und spanische Medien ziehen sich zurück

Italiens öffentlich-rechtlicher Rundfunk Rai zog ebenso Konsequenzen aus der Gesetzesänderung und stellte die journalistischen Dienste seiner Korrespondenten in Russland vorerst ein, wie die Rai am Samstag mitteilte.

Auch die staatliche spanische Nachrichtenagentur EFE sowie die renommierte Zeitung «El País» und der TV-Sender RTVE aus Spanien berichten bis auf Weiteres nicht mehr aus Russland, wie sie mitteilten.

Russlands Präsident Wladimir Putin unterzeichnete am Freitagabend mehrere Gesetze zur weiteren Einschränkung der freien Meinungsäusserung in Russland, mit denen unabhängige Medienberichterstattung weiter beschnitten wird. Bis zu 15 Jahre Haft drohen demnach für die Verbreitung von angeblichen «Falschinformationen» über die russischen Streitkräfte. Strafen drohen auch jenen, die öffentlich die Armee «verunglimpfen». Das russische Parlament hatte zuvor einer entsprechenden Gesetzesänderung zugestimmt.

«Bloomberg News wird die Arbeit seiner Journalisten in Russland vorübergehend einstellen», teilte das Unternehmen mit Sitz in New York am Freitagabend (Ortszeit) mit. Die Änderung des Gesetzes scheine darauf abzuzielen, jeden unabhängigen Journalisten zu einem Kriminellen zu machen, erklärte Bloomberg-Chefredakteur John Micklethwait. Das mache es unmöglich, «irgendeinen Anschein von normalem Journalismus im Lande fortzusetzen». Auch der US-Radiosender Free Europe stellt seine Arbeit in Russland ein.

Die BBC gab ihre Entscheidung am Freitag via Twitter bekannt. «Diese Gesetzgebung scheint den Prozess des unabhängigen Journalismus zu kriminalisieren», wird BBC-Generaldirektor Tim Davie in dem Tweet zitiert. «Das lässt uns keine andere Option, als die Arbeit aller Journalisten von BBC News und ihrer Mitarbeiter in der Russischen Föderation zu stoppen, während wir die vollen Auswirkungen dieser unerwünschten Entwicklung untersuchen.» Das BBC-Nachrichtenprogramm in russischer Sprache werde ausserhalb Russlands weiter betrieben. Ebenso werde die Berichterstattung aus der Ukraine fortgesetzt.

Ein BBC-Sprecher bestätigte am Sonntag, dass nicht nur die Arbeit von BBR-Reportern, die sich auf russischem Boden befinden, beeinträchtigt ist: Auch das Fernsehprogramm BBC World News, das die Sendeanstalt in vielen Ländern ausserhalb Grossbritanniens ausstrahlt, sei in Russland seit Samstag nicht mehr empfangbar. Bereits seit Tagen ist die Nachrichten-Webseite der BBC wie auch die des deutschen Auslandssenders Deutsche Welle in Russland nicht mehr erreichbar. «Wir bedauern, dass unseren russischen Zuschauern der Zugang zu vertrauenswürdigen und unparteiischen Nachrichten verwehrt wird, in einer Zeit, in der sie dies am meisten benötigen würden», teilte ein Sprecher mit.

Bereits seit vergangener Woche ist es Medien in Russland verboten, in der Berichterstattung über den Krieg gegen die Ukraine Begriffe wie «Angriff», «Invasion» und «Kriegserklärung» zu verwenden. Moskau bezeichnet den Krieg als militärische «Spezialoperation». (sda/dpa/cbe)



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