von Christian Beck
Da blieb wohl manchem das Gipfeli im Hals stecken: Die Frontseite der Samstags-NZZ sah anders aus, als es sich die Leser seit Generationen gewohnt sind – nämlich seit 236 Jahren. Ein seitenfüllendes Inserat von Porsche zierte das Blatt. Nach der Werbebotschaft des Luxusauto-Herstellers folgte das eigentliche Titelblatt auf Seite 3.
«Uns ist bewusst, dass Werbung auf der Front auffällig ist. Deshalb werden wir diese Werbeform in der ‹Neuen Zürcher Zeitung› nur sehr selektiv einsetzen», sagte NZZ-Sprecherin Myriam Käser auf Anfrage von persoenlich.com. Qualitätsjournalismus finanziere sich über Abonnemente beziehungsweise Einzelverkäufe und über Werbeeinnahmen. Ohne solche Werbeeinnahmen würden die Abopreise kurzfristig steigen.
Neue Werbeformen sind gefragt
«Die Werbelandschaft hat sich in den letzten Jahren verändert: Es fliesst immer weniger Geld in Print-Werbung. Vor diesem Hintergrund sind auch neue Werbeformen gefragt», so Käser weiter. Einen Gesinnungswechsel der NZZ stritt Käser jedoch ab: «Bezahlte und unabhängig recherchierte Inhalte sind klar getrennt. Bei der Cover-Werbung bleibt die journalistische Unabhängigkeit vollständig geschützt, Umfang und Inhalt der Berichterstattung bleiben unverändert.»
Was sich Porsche das prominente Inserat kosten liess, wird nicht bekannt gegeben. Der gleiche Autohersteller kaufte am Samstag auch die ersten zwei Seiten des Westschweizer Blatts «Le Temps».
Twitter-Gemeinde reagierte umgehend
Das Inserat auf der NZZ-Frontseite sorgte derweil für Diskussionen auf Twitter:
Wenn die @NZZ zum ersten Mal in 236 Jahren ihre Frontseite verkauft, weisst du: es steht schlecht um die Finanzierung von #Journalismus! pic.twitter.com/5o6LHB8BBU
— Martin Oswald (@oswaldmartin) 8. Oktober 2016
Mit Werbung auf der Frontseite macht die @NZZ zwar kurzfristig Geld, aber langfristig ihre Marke kaputt. Deshalb: pic.twitter.com/7Nldo0vPcC
— Peter Brönnimann (@PBroennimann) 8. Oktober 2016
Jetzt hat also auch die #NZZ ihre Seele verkauft. https://t.co/syn0J7EugB
— Christof Moser (@christof_moser) 7. Oktober 2016
.@persoenlichcom Dazu noch der Beweis der „journalistischen Unabhängigkeit“ @nzz https://t.co/k2oShPfrGK #Werbung #Glaubwürdigkeit #ade pic.twitter.com/JJ5QX0jSvq
— Roland Binz (@RolandBinz) 7. Oktober 2016
Kommentare
-
Kaspar Notter, 09.10.2016 08:37 Uhr
Die älteren Leser des "Völkischen Beobachters" wissen, wen R. Todd mit der "Elite der neuen Weltordnung" zwischen den Zeilen meint! -
Norbert Sauter, 08.10.2016 12:28 Uhr
@Seeholzer: Ich war Abonnent, bis der Drogist Somm zum Chefredaktor machen wollte. Die NZZ hat es von mir schriftlich: Ich abonniere die Zeitung wieder, wenn der Drogist abtritt und ein ähnlicher Putschversuch damit ausgeschlossen ist. -
Mark Seeholzer, 08.10.2016 09:15 Uhr
Ich bin langjähriger Abonnent der NZZ – Print- und Digitalausgabe. Und störe mich überhaupt nicht an diesem Panamera-Inserate-Hammer. Qualitäts-Journalismus hat nun mal seinen Preis, und lässt sich heute nur über Anzeigen finanzieren, neben Einzelverkauf/Abos. Der Lauf des digitalen Zeitalters, wo sich Print-Titel zwingend doppelt nach der Decke strecken müssen. Deshalb an alle, die hier pikiert aufschreien: Seid ihr Abonnenten, unterstützt ihr die NZZ?! Wenn nicht, kann und soll es euch ja wohl egal sein… -
Norbert Sauter, 08.10.2016 07:23 Uhr
Hat der Drogist das abgesegnet? -
Kaspar Notter, 08.10.2016 07:21 Uhr
Prostitution? Durch eine alte Dame? -
Fritz Zumthor, 07.10.2016 17:20 Uhr
Prostitution!