24.02.2022

Post

Keine Verpflichtung mehr für Zeitungszustellung

Die tägliche Zustellung von gedruckten Tages- und Wochenzeitungen sei ein «Auslaufmodell». Zu diesem Schluss kommt die unabhängige Expertenkomission zur Grundversorgung der Post.
Post: Keine Verpflichtung mehr für Zeitungszustellung
Eine Zeitungszustellerin der Firma Presto Presse-Vertrieb, die eine Tochterfirma der Schweizerischen Post ist. (Bild: Keystone/Christian Beutler)

Wegen der Digitalisierung soll der Grundversorgungsauftrag der Post angepasst werden: Briefe sollen nur noch an drei Wochentagen und spätestens drei Tage nach Abgabe zugestellt werden müssen. Dafür soll bei den Paketen die Priority-Geschwindigkeit zum Standard werden. Ausserdem dürfte die Verpflichtung zur Tageszustellung abonnierter Zeitungen ab 2030 hinfällig werden. Und die Grundversorgung im Zahlungsverkehr, die bisher von Postfinance gewährleistet wurde, soll von der Post entkoppelt und ausgeschrieben werden. Das empfiehlt die unabhängige Expertenkommission zur Grundversorgung der Post unter Leitung der ehemaligen Aargauer FDP-Ständerätin Christine Egerszegi. Der Bericht wurde am Donnerstag in Bern veröffentlicht. Dreistelliges Millionen-Defizit befürchtet Gemäss dem geltenden Grundversorgungsauftrag muss die Post Briefe und Pakete an mindestens fünf Wochentagen und abonnierte Tageszeitungen an sechs Wochentagen in allen «ganzjährig bewohnten Siedlungen der Schweiz zustellen». A-Briefe müssen am Folgetag zugestellt werden, B-Briefe höchstens nach drei Tagen. Sollte der Grundversorgungsauftrag nicht angepasst werden, würde der Ertragsrückgang aus dem Briefgeschäft dazu führen, dass die Briefzustellung 2030 ein «defizitäres Ergebnis im dreistelligen Millionenbereich» aufweisen würde, schrieb die Kommission in ihrem Bericht. Denn bis dann werde die Bevölkerung noch viel mehr digitale Kanäle nutzen. Damit verbunden sei eine steigende Akzeptanz für langsamere Zustellungen an weniger Wochentagen. Deshalb soll die «gesetzlich vorgeschriebene Beförderungsgeschwindigkeit» der B-Post im Jahr 2030 zum Standard werden. Und Briefe sollen nur noch an mindestens drei Wochentagen zugestellt werden müssen. Das Angebot soll dafür durch digitale und «hybride» Dienstleistungen ergänzt werden. Ähnlich sieht es nach Ansicht der Kommission bei der Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften aus: Bis 2030 würden Inhalte vorwiegend online angeboten und genutzt. Deshalb stelle die tägliche Zustellung von gedruckten Tages- und Wochenzeitungen ein «Auslaufmodell dar». Somit rechtfertige sich ein Grundversorgungsauftrag nicht mehr. Schnellere Pakete Bei den Paketen hingegen sei eine gegenläufige Tendenz zu beobachten: Die Zunahme werde in diesem Bereich weiter anhalten und die Domizilzustellung auch 2030 noch wichtig sein. Die Kommission ist deshalb der Ansicht, dass die Grundversorgung eine Pflicht zur Annahme, Beförderung und Zustellung von Paketen bis 20 Kilogramm umfassen soll. Diese sollen weiterhin an mindestens fünf Wochentagen zugestellt werden, sogar eine Erhöhung der Kadenz auf sechs Tage wäre denkbar. Und vor allem soll die Beförderungsgeschwindigkeit gesetzlich auf den Folgetag festgelegt werden. Das entspricht einem heutigen Priority-Paket. Der Grundversorgungsauftrag für Brief- und Paketzustellungen soll bei der Post bleiben. Zahlungsverkehr neu ausschreiben Anders sieht es beim Zahlungsverkehr aus: Hier besagt der Grundversorgungsauftrag, dass die Post allen natürlichen und juristischen Personen mit Sitz in der Schweiz Zahlungsverkehrsdienstleistungen anbieten muss. Die Teilnahme am Wirtschaftsleben setze ein Konto voraus, deshalb soll dieses Recht auch in Zukunft im Grundversorgungsauftrag festgehalten werden. Die Eröffnung eines Kontos werde aber schon heute von den Banken standardmässig angeboten. Solange die Postfinance mehrheitlich in Staatseigentum stehe, sei es naheliegend, das Unternehmen zu verpflichten, ein Basiskonto anzubieten. Sollte Postfinance aber privatisiert werden, empfehle die Kommission, diese Pflicht in die Ausschreibung der Grundversorgung aufzunehmen. Das gleiche gelte für Barzahlungsdienste. Auch diese könnten einer anderen Bank übertragen werden. Grundsätzlich sieht die Kommission «keine zwingende Verknüpfung zwischen einer Grundversorgungspflicht mit barem Zahlungsverkehr und dem Geschäft mit Postdiensten». Sie empfiehlt deshalb, die beiden Dienstleistungen zu entkoppeln und den Zahlungsverkehrsauftrag öffentlich auszuschreiben. Letzte Revision dauerte zehn Jahre
Für die Umsetzung der Vorschläge wäre eine Revision des Postgesetzes notwendig. Das letzte Mal habe dieser Prozess zehn Jahre gedauert. Deshalb empfehle die Kommission dem Bundesrat, bald eine Grundsatzentscheid über «die Leitlinien der künftigen Grundversorgung» zu treffen.
Ausserdem müsse dabei in Betracht gezogen werden, dass die Post bei einer solche Reform ihre Strukturen und Abläufe in allen Bereichen anpassen müsste. Das Unternehmen und ihre Mitarbeitenden seien deshalb darauf angewiesen, dass die politischen Vorgaben rechtzeitig erfolgten. (sda/wid)



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