10.05.2023

Avenir Suisse

Regionalpresse finanziert sich differenzierter

Kleine und mittelgrosse Verlage finanzieren sich laut einer Umfrage nebst dem Werbe- und Nutzermarkt mehr auch durch öffentliche Gelder oder Stiftungen. Viele kämpfen dennoch mit einem Umsatzrückgang. Der Stellenabbau hält sich in Grenzen.
Avenir Suisse: Regionalpresse finanziert sich differenzierter
Avenir Suisse hat Antworten von 63 kleinen und mittelgrossen Medienverlagen erhalten. (Bild: Keystone/Gaëtan Bally)

Die Denkfabrik Avenir Suisse hat im vergangenen Herbst die Studie «Eine Medienpolitik für das digitale Zeitalter» publiziert und darin drei unterschiedliche Finanzierungsmodelle im Mediensektor identifiziert: öffentliche Finanzierung, Werbe- und Nutzerfinanzierung und philanthropische Finanzierung.

Im Nachgang zu dieser Studie beleuchtet Avenir Suisse nun die Finanzierung spezifisch auf Lokal- und Regionaljournalismus. Dazu haben die Autoren vom 7. Juli bis am 5. August 2022 bei 189 Verlagen eine anonyme Umfrage durchgeführt. 63 Unternehmen, hauptsächlich aus der deutschsprachigen Schweiz, haben geantwortet. Die Umfrage decke vor allem den Lokal- und Regionaljournalismus von traditionellen Verlagen ab, schreibt Avenir Suisse. Dies, weil sie sich an Verlage mit Wemf-zertifizierten Titeln richtete. Nicht enthalten sind neue Onlinemedien wie die Republik, Bajour, Tsüri, Portal24, Nau oder Zentralplus.

Laut den Ergebnissen zeigt sich das oben erwähnte triale Mediensystem auch im Schweizer Lokal- und Regionaljournalismus. Für fast alle kleinen und mittelgrossen Medienverlage spielt die klassische Printwerbung eine Rolle. Hier dürfte laut Avenir Suisse vor allem der lokale und regionale Rubrikenmarkt noch immer bedeutend sein – also das Geschäft mit Kleinanzeigen für Autos, Wohnungen und Stellenangebote.

Ebenfalls finanzierte sich ein Grossteil der Umfrageteilnehmer über den Print-Nutzermarkt – die Preise für gedruckte Zeitungen und Zeitschriften haben sich dabei über die vergangenen Jahre vervielfacht. Knapp die Hälfte der Medienverlage gab zudem in der Umfrage an, öffentliche Mittel zu erhalten. Interessanterweise finanzierte sich ein Viertel auch mit Geldern aus dem «philanthropischen» Bereich, also über Zuwendungen durch Spenden oder Stiftungen. Und rund 40 Prozent spielten über Onlinekanäle Geld ein.

Die Mehrheit der Medienverlage gab in der Umfrage an, dass sich ihre finanzielle Lage im Zeitraum von 2017 bis 2021 verschlechtert habe und sie Umsatzeinbussen verzeichnen mussten. Nur jede fünfte Organisation konnte ihren Umsatz steigern. In der Umfrage waren jedoch Printmedien, die besonders von der Verschiebung der Werbeeinahmen in den digitalen Raum betroffen sind, – wie oben erwähnt - überrepräsentiert. Daher seien allgemeine Rückschlüsse auf die Medienlandschaft, in der auch neue Onlinemedien eine Rolle spielen, mit Vorsicht zu ziehen, wie Avenir Suisse schreibt.

Bei der Beschäftigung ist das Bild weniger dramatisch als beim Umsatz. Der Grossteil der an der Umfrage teilnehmenden Medienverlage reduzierte zwischen 2017 und 2022 keine Stellenprozente im redaktionellen Bereich. In der Umfrage gaben mehr Organisationen an, Journalisten und redaktionell tätige Mitarbeiter zusätzlich eingestellt, als Stellen abgebaut zu haben. Laut dem Bundesamt für Statistik hat sich die Zahl der Medienschaffenden schweizweit im vergangenen Jahrzehnt leicht rückläufig entwickelt. Eine mögliche Erklärung für diese Diskrepanz sieht Avenir Suisse darin, dass vor allem grössere Medienhäuser Stellen abgebaut haben.

Kleine und mittelgrosse Medienverlage konnten in der Schweiz also ihre Finanzierungsquellen differenzieren und die Abhängigkeit vom Print-Werbemarkt reduzieren. Trotzdem mussten viele einen Umsatzrückgang hinnehmen. Gleichzeitig hält sich der Abbau an Stellen derzeit in vielen Redaktionen in Grenzen – mehr als acht von zehn Umfrageteilnehmer gaben an, im redaktionellen Teil ihrer Organisation über die untersuchten fünf Jahre keine Stellenprozente abgebaut zu haben. (wid)



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