18.09.2025

SRG

Swiss Pop, Classic und Jazz stehen zum Verkauf

Die SRG bringt ihre drei Musikspartensender auf den Markt. Der Verkauf ist Teil des Transformationsprojekts «Enavant». Doch das Sparpotenzial bleibt bescheiden: Die SRG rechnet lediglich mit Einsparungen im tiefen einstelligen Millionenbereich. Der erste Interessent steht schon bereit.
SRG: Swiss Pop, Classic und Jazz stehen zum Verkauf
Die SRG sucht Käufer für ihre drei Radiosender Swiss Pop, Classic und Jazz. (Bild: KI-generiert, Gemini)

Wer einen Musiksender kaufen will, erhält schon bald die Chance dazu. Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) bringt die Swiss Satellite Radios auf den Markt – besser bekannt als Radio Swiss Pop, Swiss Classic und Swiss Jazz. Die SRG bestätigt auf Anfrage entsprechende Informationen von persoenlich.com. Bis Ende September eröffnet das öffentliche Medienhaus ein Bieterverfahren für die drei Musikspartensender.

«Der SRG-Verwaltungsrat hat entschieden, den Verkauf der Swiss Satellite Radios per Anfang 2027 anzustreben», so SRG-Mediensprecherin Gianna Blum. Der Verkauf ist Teil des Transformationsprozesses «Enavant», mit dem die SRG den Service public unter neuen finanziellen Rahmenbedingungen zukunftsfähig machen will. Mit «Enavant SRG SSR» will Generaldirektorin Susanne Wille bis 2029 rund 270 Millionen Franken einsparen.

Einsparungen bei Betrieb und Distribution

Die Idee zum Verkauf der Sender ist nicht neu: Bereits am Abstimmungssonntag zur «No Billag»-Initiative im März 2018 brachte die damalige SRG-Führung Kooperationen oder einen möglichen Verkauf der Musiksender als Teil eines Reformpakets ins Spiel (persoenlich.com berichtete). Der jetzige Verkaufsprozess stehe jedoch in keinem Zusammenhang mit der kommenden Halbierungsinitiative, wie Blum auf Anfrage betont. Die Initiative «200 Franken sind genug» soll im ersten Halbjahr 2026 zur Volksabstimmung kommen.

Der geplante Verkauf von Swiss Pop, Classic und Jazz trägt laut Blum zur Erreichung der finanziellen Ziele von «Enavant» bei. «Insbesondere entspricht der Verkauf der grundsätzlichen Stossrichtung einer Reduktion von linearen Kanälen.» Der Verkauf führe zu Einsparungen sowohl beim Betrieb als auch bei der Distribution. Allerdings hält sich das Sparpotenzial arg in Grenzen. «Aktuell geht die SRG von jährlichen Einsparungen im tiefen einstelligen Millionenbereich aus», so Blum. Beim Verkauf stehe nicht der Verkaufserlös im Fokus, «der einmalig ist, sondern die Weiterführung des Angebots durch private Veranstalter».

Für den Verkaufsprozess werden die Schweizer Radioveranstalter direkt angeschrieben. «Als Service-public-Unternehmen steht für die SRG die Zufriedenheit der Hörerinnen und Hörer im Vordergrund», betont Blum. Angebote potenzieller Käufer würden anhand verschiedener Kriterien verglichen, welche «idealerweise eine Kontinuität des Angebots für die kommenden Jahre möglichst gewährleisten». Auf die Frage, welche Auflagen beim Verkauf gelten, hat die SRG keine Antwort. Der Prozess laufe erst an.

Sollte sich keine Käuferschaft für einen oder mehrere der Radiosender finden, würde die Sachlage erneut dem Verwaltungsrat zur Beurteilung vorgelegt werden.

Bespoke Media zeigt Interesse

Auf potenzielle Käufer muss die SRG nicht lange warten. Bereits in den Startlöchern steht die Bespoke Media Group, die seit 2016 den Schweizer Musiksender James FM betreibt. «Wir werden uns erneut bewerben», sagt Geschäftsführer André Sidler am Mittwoch auf Anfrage. Im Fokus seines Unternehmens steht allerdings nur Radio Swiss Pop. «Wir stehen im laufenden Kontakt, in welchem wir regelmässig unser Interesse unterstreichen.»

Beim letzten Verkaufsversuch vor einigen Jahren bewarb sich die Bespoke Media Group, erhielt aber nicht den Zuschlag. Laut eigenen Angaben war sie damals die einzige Interessentin nebst der Westschweizer Firma BNJ Suisse. Sidler bezeichnet den ersten Verkaufsprozess als «auf Augenhöhe und transparent». Er ist sich sicher: «Wir sind sowohl technisch als auch inhaltlich in der Lage, eine Übernahme des Programms effizient und ohne qualitative Einbussen für die Hörerinnen und Hörer umzusetzen.»

2020 verkaufte die SRG Radio Swiss Pop an BNJ mit strikten Auflagen: Der Sender sollte unmoderiert bleiben, weiterhin mindestens 50 Prozent Schweizer Musik beinhalten und pro Stunde maximal vier Werbeminuten ausstrahlen. Die Mindestlaufzeit des Vertrags betrug vier Jahre.

Der Verkauf scheiterte jedoch 2021 aufgrund der Einbrüche im Werbemarkt während der Coronakrise. BNJ verzichtete nach einer Neubeurteilung auf die Übernahme des Musiksenders. Nach dem geplatzten Deal hiess es, dass Swiss Pop nun bei der SRG verbleibe und vorerst kein weiterer Verkauf geplant sei. Zu den damaligen Verkaufsgesprächen, die «vertraulich» waren, will die SRG keine Details preisgeben – und damit auch nicht, wie viele Interessenten es tatsächlich gab.

Swiss Pop hat grosse Reichweite

Radio Swiss Pop als der reichweitenstärkste der drei SRG-Musikspartensender erreichte im ersten Halbjahr 2025 gemäss der Forschungsstelle Mediapulse täglich rund 471'000 Hörerinnen und Hörer in der Deutschschweiz (alle Zahlen von Montag bis Sonntag, ab 15 Jahren). Dazu kamen 219'000 in der Romandie und 41'000 in der italienischsprachigen Schweiz. Mediapulse publiziert die Sendernutzung nur in der jeweiligen Sprachregion und nicht gesamtschweizerisch. Zum Vergleich: SRF 1 erreichte im ersten Semester dieses Jahres in der Deutschschweiz rund 851'000 Hörerinnen und Hörer, bei SRF 3 waren es deren 658'000. Das stärkste Privatradio, Radio Pilatus, erreichte 241'000 Personen.

Das Musikprogramm der Swiss Satellite Radios wird derzeit von sechs Teilzeit-Mitarbeitenden zusammengestellt – konkrete Stellenprozente nennt die SRG nicht. «Wir gehen hier nicht weiter ins Detail, um keine weiteren Rückschlüsse auf konkrete Personen zu ermöglichen», so Sprecherin Blum. Ausserdem laufe der Verkaufsprozess erst an. Daher könnten aktuell auch keine Aussagen über die konkreten Auswirkungen auf diese Stellen gemacht werden.

Sidler hingegen weiss jetzt schon: Erhält er den Zuschlag für Radio Swiss Pop, benötigt er für den Betrieb des Senders 20 Stellenprozente – «so wie bei James FM heute».


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KOMMENTARE

Silvana Oprandi
26.09.2025 08:52 Uhr
Interessant wäre zu wissen, ob der Sendeplatz auf dem eigenen DAB+ Netz der SRG mitverkauft wird, oder ob die Spartenradios nur noch als Internetradios weiter betrieben werden. Vielleicht geht es ja hauptsächlich darum die Bitrate der Hauptprogramme aufzupeppen und darum müssen ein paar Programme unterdrückt werden. So oder so, die SRG fällt wieder einmal durch nicht durchdachte Entscheidungen auf.
Max Röthlisberger
20.09.2025 11:18 Uhr
Macht einfach weiter so......ein weiterer Schritt in die absolute Bedeutungslosigkeit!
Roland Grüter
20.09.2025 07:47 Uhr
Einmal mehr ein absolut doofer Entscheid des VR SRG. Da werden sehr gute "Programme" an Werbe-Medien verscherbelt. Der Hörer hat das Nachsehen. Unglaublich!
Michi Steiner
19.09.2025 13:46 Uhr
Genau – Ein Programm wie "Radio Swiss Classic" machen die Privaten ja noch so gern, da kann und darf die SRG ja auf gar keinen Fall mitmischen. Keine Werbung, kein Blabla und Musik für ein Publikum, das so auch mal eine Einspielung des Orchestra della Svizzera Italiana oder des Musikkollegiums Winterthur entdeckt, statt nur von grossen internationalen Orchestern. Man kann mitunter nur schwer zu einem anderen Schluss kommen, als dass sich die SRG-Führung von Leuten beraten lässt, die eigentlich daran arbeiten, jegliche Sympathie und Unterstützung für den öffentlichen Rundfunk zu untergraben. So spart sich immerhin das Pro-Komitte der SRG-Abstimmung noch einige Kampagnen-Batzen.
Werner Feurer
18.09.2025 10:47 Uhr
Swiss Pop ist ein kleines Juwel im Radio-Universum: weltweit gehört, kaum Geplauder und dafür jede Menge lässige Musik – genau das gefällt den Leuten. Nebenbei macht der Sender auch noch gratis Werbung für die Schweiz. Klar, private Anbieter könnten so etwas vielleicht noch effizienter betreiben – aber ob’s dann noch so charmant wäre?
Giorgio Tebaldi
18.09.2025 10:42 Uhr
Die SRG hat seit der "No Billag"-Initiative verschiedene Formate im Kulturbereich abgebaut - sehr zum Unmut der Schweizer Kreativwirtschaft. Dieser Unmut dürfte sich mit dem Verkauf der drei Musikspartensender, die einen vergleichsweise hohen Anteil Schweizer Musik senden, noch verstärken. Sehr bedauerlich.
Eveline Meier
18.09.2025 09:54 Uhr
@Schnieper: Im ganzen Text steht nichts davon, dass Swiss Jazz eingestellt werden soll. Im Gegenteil. SRG scheint bemüht darum, dass der Betrieb möglichst identisch weitergeht.
Robert und Claudia Schnieper
18.09.2025 09:17 Uhr
Was soll diese Schnapsidee angesichts der minimalen Einsparungen Swiss Jazz läuft bei uns den ganzen Tag. Die Einstellung wäre ein triftiger Grund für uns, auch für s Fernsehen auf einen günstigeren Anbieter , bei uns im Wallis Netplus, umzusteigen. Bitte stoppen!
Paul Dettling
18.09.2025 08:07 Uhr
Ich verstehe die SRG immer weniger: 3 europaweit (vor allem Classic und Jazz) beliebte Spartensender, werbe- und moderationsfrei, hoher CH-Musik-Anteil und mit x-100'000 Hörern werden verkauft. Die Kosten sind minimal, die Quoten hoch (waren nie auf UKW). Achtet mal, in wievielen Geschäften, Coiffeurs, Gastro usw. Swiss Pop läuft.
Andi Neukomm
18.09.2025 07:45 Uhr
Warum wird eigentlich Radio Virus mit seinen 20'000 Hörer:innen nicht eingestellt? Wäre das Sparpotential nicht erheblich größer?
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