24.09.2017

Neue Zürcher Zeitung

Uwe Justus Wenzel geht nach 22 Jahren

Er hatte sich mehrfach gegen eine Ver-Politisierung und Ver-Boulevardisierung des Feuilletons ausgesprochen. Nun hat er die Kündigung erhalten.
Neue Zürcher Zeitung: Uwe Justus Wenzel geht nach 22 Jahren
Er ist Mitglied in der Jury «Sachbuch des Monats» sowie Lehrbeauftragter an der ETH Zürich im Bereich Philosophie und Geschichte des Wissens: Uwe Justus Wenzel (Bild: zVg.)
von Edith Hollenstein

Der 58-jährige Uwe Justus Wenzel ist seit 1989 Autor der NZZ. 1995 startete er als Feuilleton-Redaktor, zuständig für Geisteswissenschaften. Nun, nach 22 Jahren, hat ihm seine Arbeitgeberin gekündigt, wie er auf Anfrage von persoenlich.com bestätigt. Ihm sei als Grund eine Reorganisation der Publizistik angegeben worden.

Ende 2016 berichtete der Kleinreport, dass Wenzel eine dreimonatige «Probezeit» aufgebrummt bekommen habe. Bekannt ist, dass der Redaktor sich mehrfach gegen eine Ver-Politisierung und Ver-Boulevardisierung des Feuilletons ausgesprochen hatte.

Wenzel ist in der Nähe von Kassel geboren. Er hat Philosophie, Soziologie, Politik-, Religions- und Rechtswissenschaften in Göttingen und Berlin studiert und ist an der Freien Universität Berlin mit einer Arbeit über Kant promoviert worden.

Im NZZ-Feuilleton rumort es seit einiger Zeit. Im Juli wurde allen festangestellten Feuilleton-Korrespondenten gekündigt. «Das ist kein Abbau. Im Gegenteil, wir bauen eher aus», sagte Chefredaktor Eric Gujer damals.



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Kommentare

  • Joachim Brune, 04.02.2018 10:57 Uhr
    Die NZZ wird mir nach diesem Richtungswechsel unter dem unerträglichen bellizistischen Chefredakteur von Ausgabe zu Ausgabe nach 40 Jahren Verehrung für die "alte Tante" mit gutem liberalen Profil immer unerträglicher.
  • Jens Schlieter, 21.12.2017 09:33 Uhr
    Ich wünsche mir sehr, dass Uwe Justus Wenzel andernorts seine ausgezeichneten Feuilletonbeiträge publizieren kann, und deren zu erwartende Beachtung der NZZ vor Augen führen, welchen Fehler sie mit ihrer "Neuausrichtung" gemacht haben.
  • Wilhelm Vossenkuhl, 05.12.2017 15:40 Uhr
    Es ist nicht zu fassen, dass der einzige geisteswissenschaftliche Kopf, den das deutschsprachige Feuilleton hatte, nun entlassen wurde. Und es ist unverzeihlich.
  • Peter Mossbrugger, 23.11.2017 08:14 Uhr
    Qualifizierte Journalisten müssen gehen; aber die Verwaltungsräte und der Drogist bleiben.
  • Thomas Meier, 22.11.2017 18:21 Uhr
    Sprachlich und gedanklich waren die Artikel von Uwe Justus Wenzel vom Besten was ich in Zeitungen oder sonst gelesen habe. Auch Themen die mich überhaupt nicht interessierten, waren aus diesem Grund immer ein Vergnügen zu lesen. UWZ war der absolute Höhepunkt der NZZ. Ich weiss trotzdem leider keine Alternative zur NZZ.
  • Anton Hügli, 04.11.2017 11:01 Uhr
    Dieter Thomä hat in der NZZ vom 3.11.2017 in seinem Gegenartikel zu René Scheus Kritik an den fortschrittlichen Barbaren den Geisteszustand dieses Feuilletonchefs auf den Punkt gebracht, indem er ihn mit Musils genialen Reitpferd vergleicht, nur hat er eine Eigenschaft dieses Pferdes anzufügen vergessen: es trägt nicht nur Scheu-Klappen, es schlägt auch Schaum. Den Haupteffekt intellektueller Schaumschlägerei hat er wiederum richtig beschrieben, wenn auch nicht benannt: es ist der Begriffsbrei. Denken, sagt man, heisst unterscheiden können, und die nicht schlechteste Definition von Philosophie lautet: Kunst des Unterscheiden-Könnens. Nachdem sich die Redaktion der NZZ auch des letzten Mitarbeiters entledigt hat, der philosophisches Denken noch eingebracht hat und auf höchstem Niveau auch einzubringen wusste, ist davon ausgehen, dass im Feuilleton dieser „Qualitätszeitung“ in Zukunft wohl nur noch lauter geniale Reitpferde wiehern werden.
  • Cornelia Schnüriger-Rüegg, 22.10.2017 19:53 Uhr
    Nachdem die Qualität der wissenschaftlichen Artikel abgenommen hatte, folgte leider auch eine massive Einschränkung der politischen Vielfalt. Seit einiger Zeit hat nun auch das Feuilleton zunehmend gelitten. Den Abgang von ujw bedaure ich zutiefst. Die personellen Veränderungen bei der NZZ lassen mich an die Geschichte der Weltwoche denken.
  • Ulrich Egger, 20.10.2017 18:07 Uhr
    Mit Befremden nehme ich zur Kenntnis, dass Herrn Wenzel offenbar gekündigt wurde. Da ich in früheren Jahren selber Personalverantwortlicher war, weiss ich aus Erfahrung, dass Kündigungen seitens eines Arbeitgebers immer problematisch sind. Und als Aussenstehender, der keine Ahnung über Hintergründe im vorliegenden Fall hat, möchte ich mich dazu auch nicht äussern. Als langjähriger NZZ-Leser bedauere ich aber, in Zukunft auf die Beiträge von ujw verzichten zu müssen. Auch wenn zuweilen etwas geistige Akrobatik gefordert war, um seinen Gedankengängen zu folgen, haben mich seine sprachliche Brillanz, seine feinsinnige Ironie und seine oft überraschenden Schlussfolgerungen oft zu fesseln vermögen.
  • Daniel Kosch, 19.10.2017 20:16 Uhr
    Die Kündigung von U.J.W. wird durch neue Artikel zum Umbau in der NZZ zum Symbol oder Brennpunkt für eine Besorgnis erregende Gesamtentwicklung. Hoffentlich gelingt es echt liberalen Kräften, dem Rauubau an der liberalen Substanz der NZZ Einhalt zu gebieten.
  • Alois Rust, 18.10.2017 15:14 Uhr
    Die Entwicklung in Richtung Zeit-Geist-Surfen ist im Feuilleton der NZZ unverkennbar. Die Artikel von Uwe Justus Wenzel sind schon lange rar geworden, nun werden sie ganz fehlen, ein immenser Verlust. Er verstand es meisterhaft, komplexe philosophische und theologische Themen dem lesenden Publikum zu vermitteln. Seine Beiträge machten das Feuilleton der NZZ zur Pflichtlektüre. Es wird nun Zeit, sich nach Alternativen umzusehen. Dass man mit der wöchentlichen Lektüre des Economist über das politische Zeitgeschehen besser informiert ist als mit der täglichen Lektüre der NZZ, ist ja seit geraumer Zeit bekannt, das Feulleton kann man nun wohl auch mit der Lektüre der NYR of Books ersetzen, bleibt noch die Suche nach einem Ersatz für Lokales...
  • Robert Bernhart, 15.10.2017 22:32 Uhr
    Wegen mangelnder Weitsicht, fehlender Klugheit, ungeduldiger Arroganz wird durch die NZZ im Feuilleton jetzt wohl ein mageres Wohlfeilsüppchen angerichtet werden. Wohl bekomms!
  • Prof. Dr. Ralf Simon, 11.10.2017 23:47 Uhr
    Eine Qualitätszeitung, die sich ihrer besten Köpfe entledigt? Ein Feuilleton, das ohne seinen brillanten Sachbuchredakteur auskommen soll? Am Ende gar ein Kulturbegriff, dem anspruchsvolle Sachbuchrezensionen zur Nebensache werden? Nicht wenige Leser haben einmal die NZZ des Feuilletons wegen zu den führenden deutschsprachigen Zeitungen gezählt. Herr Wenzel war einer der Garanten für diese Ansicht. – Warum sollten wir die NZZ noch lesen wollen? Seichte Mittelmässigkeit kann man anderswo billiger bekommen, nicht aber eine Debattenkultur, deren Massstab allein die intellektuelle Qualität des besseren Arguments ist.
  • Francesco Walter, 11.10.2017 17:28 Uhr
    Die NZZ habe ich vorallem wegen dem Feuilleton abonniert. Uwe Justus Wenzels Beiträge habe ich immer geschätzt. Ob ich das Abonnent nochmals erneuern werde, ist jetzt sehr fraglich. Es ist Zeit Abschied zu nehmen und auf die SZ umzusteigen.
  • Thomas Läubli, 11.10.2017 01:53 Uhr
    Nach Barbara Villiger Heilig und Samuel Herzog hat es nun also auch Uwe Justus Wenzel erwischt. René Scheu hat das Feuilleton zum Politpropaganda-Organ umfunktioniert. Meine Kritik wird von der NZZ absichtlich nicht publiziert. Ausgerechnet hier, wo die Korrektheit jetzt rechtskonservativ ist, herrscht nun auf Kosten der Kulturberichterstattung ein Dauerfeuer gegen eine angeblich linke Korrektheit.
  • Regine Munz, 10.10.2017 16:51 Uhr
    Auch wenn ich oft die politischen Inhalte der NZZ nicht geteilt habe (und mir etwa das Merkel-Bashing der NZZ immer sauer aufgestossen ist), konnte ich die stilistisch und wissenschaftlich fundierten Beiträge des Feuilletons schätzen und davon profitieren. Die aus gutem Grunde im protestantischen Zürich beheimatete theologische Qualität der Artikel von ujw (etwa die Leitartikel zu den christlichen Feiertagen) und die kritisch reflektierte, hoch kompetente und stilistisch brillante Berichterstattung über zentrale theologische Fragen und wissenschaftliche Forschung waren wohl einmalig war in einer deutschsprachigen Tageszeitung. Da sich die geisteswissenschaftlichen Beiträge immer mehr in Richtung Boulevardisierung und Politisierung entwickeln, und eher Meinung liefern, als zu informieren, kann ich die NZZ unter meinen Fachkollegen und Kolleginnen weder zur Lektüre noch zur Mitarbeit weiterempfehlen. Ich muss leider davon ausgehen, dass die neue Redaktionsleitung und die Führungsetage der NZZ der Stimme von wissenschaftlicher Seite her nicht mehr so viel Wert beimisst, und Sie Ihr Blatt eher in einer anderen Richtung positionieren möchte.
  • Wolfram Groddeck, 10.10.2017 12:21 Uhr
    Die klugen, philosophisch fundierten Artikel von Uwe Justus Wenzel waren ein Grund, immer wieder die NZZ zur Hand zu nehmen. Seine Kündigung ist eine Orfeige für alle intellektuellen und geisteswissenschaftlich interessierten Leser und Leserinnen.
  • Peter Opitz, 04.10.2017 18:51 Uhr
    Erst kürzlich hatte ich erstmals die gelegenheit, herrn wenzel für seine arbeit persönlich zu gratulieren; ich geniesse bzw. genoss seine beiträge seit jahren; sie gehörten zum besten, was journalistisch auf dem platz zürich zu lesen war! Bislang habe ich das nzz-abo automatisch erneuert; nun werde ich genau prüfen, ob sich die preisdifferenz zur boulvardpresse noch zu bezahlen lohnt; auch das gehört zum markt.
  • Ingolf U. Dalferth, 02.10.2017 17:16 Uhr
    Uwe Justus Wenzels kluge und stilsichere Beiträge waren seit vielen Jahren ein wesentlicher Grund, das Feuilletons der NZZ zu lesen. Seine Entlassung ist ein herber Verlust für die intelligente und offensive Vertretung der Geisteswissenschaften in den Medien. Wie kann es sich die NZZ leisten, in dieser Weise auf einen ihrer besten Köpfe zu verzichten?
  • Barbara von Reibnitz, 02.10.2017 16:19 Uhr
    «Diese Entlassung ist eine sehr bedauerliche Entscheidung. Herr Wenzel hat über all diese Jahre seine akademische Kompetenz in den Aufbau und die Pflege des Ressorts Geisteswissenschaften eingebracht, mit grossem Erfolg, wie die anhaltende positive Resonanz des In- und Auslands gezeigt hat. Die LeserInnen der NZZ, für die 'anspruchsvoll' kein Negativvotum ist, werden seine klugen und sachlich austarierten Beiträge ebenso vermissen wie die (historisch und aktuell) wohlinformierte Weitsicht, mit der er Beiträge aus dem gesamten Spektrum der geisteswissenschaftlichen Disziplinen im Feuilleton der NZZ versammelt hat - und damit als Journalist beispielhaft intellektuelle Verantwortlichkeit bewiesen hat. Dies sei ihm zumindest an dieser Stelle verdankt.»
  • Emil Angehrn, 01.10.2017 17:25 Uhr
    Lange hielt ich das kompromisslose Festhalten an einem selbständigen und intelligenten Feuilleton für ein Markenzeichen der NZZ. Die brillanten Analysen von Uwe Justus Wenzel haben dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Seine Entlassung ist ein enormer Verlust.
  • Walter Morgenthaler, 30.09.2017 18:18 Uhr
    Wenn das so weiter geht, braucht man die NZZ bald nicht mehr zu lesen. Was bisher die Qualität und Besonderheit der Zeitung ausgemacht hat, wird offenbar Schritt für Schritt abgebaut. Uwe Justus Wenzel hat sich als intelligenter und feinsinniger liberaler Feuilleton-Redaktor für den Erhalt dieser Werte eingesetzt. Seine Entlassung ist ein Affront gegenüber denjenigen, die das zu schätzen wissen.
  • Kurt Steinmann, 28.09.2017 19:24 Uhr
    Uwe Justus Wenzel hat dem Feuilleton der NZZ ein unverwechselbares Gepräge gegeben: Tiefe, umfassende Bildung, gepaart mit stilistischer Brillanz und Mut, die Dinge beim Namen zu nennen. Ich bedaure seinen Abgang ausserordentlich. Quo vadis, Feuilleton der NZZ?
  • Monica Stucky-Schürer, 27.09.2017 16:36 Uhr
    Falls der Beschwerdebrief zustande kommt, möchte ich diesen gerne unterschreiben. Auch ich störe mich zunehmend an der veränderten Form der der NZZ insgesamt. Die Art wie sich Philipp Meier auf Kosten von Samuel Herzog durchgesetzt hat, ist umgekehrt proportional zu seiner Kompetenz. Anstelle von Feinsinnigkeit und Humor dominieren Besserwisserei und Schnodrigkeit.
  • Peter Eberhard, 25.09.2017 09:35 Uhr
    Sehr schade! Jetzt hoffentlich nicht auch noch Joachim Güntner, eine weitere Säule des NZZ-Feuilletons.
  • Robert Weingart, 25.09.2017 07:37 Uhr
    Für meine Begriffe denken die Chefredaktoren mittlerweile weniger publizistisch uncd journalistisch als vielmehr unternehmerisch bzw. sie lenken den Journalismus rein wirtschaftlich. Dabei können Journalisten, die standhaft noch für Qualität stehen, auf der Strecke bleiben.
  • Andrea Francke, 24.09.2017 18:18 Uhr
    Was für ein Verlust für das NZZ-Feuilleton!
  • Ruth Meyer Schweizer, 24.09.2017 13:56 Uhr
    Das hört sich sehr bedenklich an, war doch insbesondere das Feuilleton - und darin nicht zuletzt Uwe Wenzel - ein Grund, regelmässig zur NZZ zu greifen!
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