Während der Launch von Watson und blickamabend.ch in vielen Medien zelebriert wurde, fand LikeMag - zumindest bis vor Kurzem - medial kaum Beachtung. Ist es deshalb ein Flop? "Ganz im Gegenteil, es läuft geradezu sensationell!", freut sich Sandro Proietto, Sales Direktor bei der Firma Mediabox.
Quasi "im Stillen“ sei sein Portal gewachsen. Und wie: Gemäss Net-Metrix, wo sich Proietto erst kürzlich angemeldet hat, verzeichnete die Seite likemag.com im Monat April über 4,5 Millionen Visits (Details und weitere Kennzahlen gibt es hier). Eine beindruckende Zahl. Zum Vergleich: usgang.ch kam im April auf 672'017 Visits, students.ch auf 232'708 und joiz.ch auf 535'250.
Sogar der "Spiegel" hat kürzlich unter dem Titel "der Haha-Effekt" über den Hype um "billig gemachte Boulevardportale" - darunter LikeMag und Storyfilter - berichtet, welche eine ernsthafte Konkurrenz für etablierte Medien darstellen.
Diverse Fansites sorgen für Traffic
Das Erfolgsgeheimnis liegt in der Masse: Die Firma Mediabox, zu der LikeMag zu zwei Dritteln gehört, betreibt Facebook-Gruppen zu allen möglichen Themen. Darunter ist zum Beispiel die Fanseite "I love Switzerland" mit über 344’000 sehr aktiven Fans oder "Zürich, die schönste Stadt der Schweiz" mit rund 50’000 Likes. Laufend kommen neue Gruppen hinzu, aktuell etwa "Die Schweiz wird Weltmeister". Über all diese Seiten werden fleissig LikeMag-Links gestreut.
"Wir haben ein ähnliches Konzept wie Buzzfeed, das derzeit Vorbild für viele neue Projekte ist. Auch Buzzfeed holt sich rund 80 Prozent seines Traffics aus Social-Media-Plattformen." Über seine Gruppen hat Proietto nach eigenen Angaben Zugang zu rund 1,5 Millionen Schweizern: "Wir haben damit etwas schweizweit Einzigartiges in der Hand. Das hat niemand sonst."
Für jeden Kunden die passende Zielgruppe
Für Werbeauftraggeber ist das einzigartige Geschäftsmodell offenbar attraktiv: "Wir können uns inzwischen gut über Werbeeinnahmen finanzieren", freut sich Proietto.
Wenn ein Kunde eine Facebook-Werbekampagne bucht, überlegen sich Proietto und sein Team genau, wo und wie sie diese platzieren: "Die Werbung muss auf die Gruppen-Seiten passen, denn die Fans sind uns extrem viel Wert. Wir wollen sie nicht verärgern." Da jedoch die Fanseiten eine solch grosse thematische Bandbreite abdecken, könne für jeden Kunden die passende Zielgruppe gefunden werden.
"Wenn wir für Arosa einen Gutschein posten, freuen sich die Fans von 'I love Switzerland'. Und Arosa bezahlt uns dafür. Wir performen auf diese Weise 100 Mal besser als klassische Werbebanner. Wir haben Interaktionsraten von über 20 Prozent."
Selfie als Form von Native Advertising
Neben den Facebook-Gruppen kann der Werbekunde auch in der LikeMag-Printausgabe Werbung schalten, Produktemuster in den LikeMag-Bag legen oder diese beim Pizzablitz mitliefern lassen, der das Magazin ebenfalls verteilt.
Am meisten verdient Proietto an der Titelseite des Heftes, die von Unternehmen gebucht werden kann: "Unsere Titelseite ist immer ein Selfie. Dieses kann mit dem Produkt eines Kunden gemacht werden. Dann schreiben wir zum Beispiel 'Vanessa trägt eine Mütze von SBB RailAway, mehr Infos auf Seite 15'. Das ist eine Form von Native Advertising in unserem Print-Magazin.“
Auch das Native Advertising auf www.likemag.com erreiche ein massgeschneidertes und gleichzeitig grösstmögliches Publikum, sagt Proietto. So können Firmen den Vorspann und den dazugehörigen Text buchen, wie dieses Beispiel von Sunrise für die MTV Mobile Abos zeigt.
Der "Spiegel" stuft in seinem Artikel Portale wie das LikeMag als "Konkurrenz für etablierte Medien im Kampf um knappe Werbebudgets und die Aufmerksamkeit der Kunden" ein. Ein weiterer Vorteil, der den Verlagsmanagern "Durchschlafstörungen" bereite, sei die Tatsache, dass Beiträge im Internet zusammengeklaubt würden und deshalb Produktionskosten sehr gering gehalten werden können.
Der Wert des Traffics
Im persoenlich.com-Blog warnt Peter Wälty, Stv. Chefredaktor von "20 Minuten", vor der Abhängigkeit von Facebook. Ein hoher relativer Anteil an Social-Media-Traffic könne auch auf geringen Direkt-Traffic und damit geringere Markenbekanntheit hinweisen. "Die Folge ist nebst einer fatalen Abhängigkeit eine wenig loyale, zufällige Leserschaft mit einer entsprechend hohen Bounce-Rate, einer geringen Verweildauer, mit wenig Visits und somit kaum Page Views." Genau diese Situation zeige sich bei Neulancierungen wie LikeMag oder Storyfilter.
"Dass sich ein Startup, welches erst seit ein paar Monaten besteht, nicht in allen Messwerten mit etablierten Medien messen kann, liegt auf der Hand", entgegnet Proietto. LikeMag habe trotzdem den ganzen Markt überrascht - auch bei den direkten Zugriffen erlebe man ein erstaunliches Wachstum.
LikeMag werde technisch wie auch redaktionell aufstocken, die genannten Werte würden sich deshalb in den nächsten Monaten und Jahren sicher verändern. "Wir können dann in fünf Jahren wieder einen Vergleich ziehen", schmunzelt der Portalbetreiber.
Online-Portale und Verlage werden neugierig
Dem LikeMag haben die Facebook-Gruppen jedenfalls viel Traffic gebracht: "Diesen können wir für alle Online-Plattformen generieren, indem wir deren Links in unseren Facebook-Gruppen streuen. Wir werden dann pro Visit bezahlt. Und wir sind hier weit günstiger als Google und Co." Auch für Hansi Voigts Portal Watson hat Proietto bereits Links in seinen Facebook-Gruppen gestreut.
Mit seinem Geschäftsmodell hat das LikeMag nun sogar das Interesse von Verlagen geweckt: "Ein Schweizer und ein Deutscher Verlag haben Interesse am LikeMag gezeigt. Die Verhandlungen über eine allfällige Beteiligung sind derzeit am Laufen, deshalb darf ich noch keine Namen verraten."
"LikeTV" und "LikeRadio" in den Startlöchern
Proietto hat mit seinem Kuriositätenportal Grosses vor: "Demnächst geht das Webvideoformat 'LikeTV' an den Start und auch ein 'LikeRadio' befindet sich bereits in Planung." Letzteres steht noch in einer sehr frühen Konzeptionierungsphase, momentan werden verschiedene Ideen gegeneinander abgewogen.
"Bei 'LikeTV' wurde bereits der Kontakt zu einigen bekannten Namen hergestellt, die mindestens eine 6 auf der 'Glanz & Gloria'-Skala erreichen", so Proietto. Mittels Dashcam produzieren diese Promis dann eigene Formate. "Testfolgen mit Claudio Zuccolini und Bachelor Vujo stiessen auf positive Reaktionen, weitere Namen und Videos werden folgen."
Man darf also gespannt sein, wie sich die derzeit gehypten - und von etablierten Medien gefürchteten - Portale entwickeln und wie lange es deren Macher noch schaffen, durch ihre Cliffhanger-Überschriften Millionen Facebook-Leser anzulocken.
Text: Seraina Etter