04.12.2013

Blick

"Ich habe stets aufgepasst, dass alles ästhetisch bleibt"

Sabine Hoeltschi präsentierte 1000 "Seite-1-Girls". Nun wechselt sie zu Geschenkidee.ch.
Blick: "Ich habe stets aufgepasst, dass alles ästhetisch bleibt"

Sie war drei Jahre lang das "Mami" der halbnackten "Blick"-Ladies und präsentierte genau 1000 Girls in der täglichen Rubrik auf Seite 1. Nun verabschiedet sich Sabine Hoeltschi, 42, als Projekt-Managerin der Rubrik, bleibt ihrem Arbeitgeber Ringier aber weiterhin treu: Sie wechselt intern zu Geschenkidee.ch. Zum Abschluss posierte sie selbst noch auf der Titelseite. Im Interview mit persoenlich.com erzählt sie, was sie dazu bewegte. Auch über die Schwierigkeiten in der täglichen Arbeit mit den Frauen und von den Meinungsverschiedenheiten mit der Chefredaktion spricht die ehemalige Tänzerin aus Paris.

Frau Hoeltschi, weshalb hören Sie nach drei Jahren als Projekt-Managerin der "Seite-1-Girls" auf?  
Ich will mich neu orientieren. Diese Arbeit habe ich aber gerne gemacht und empfand sie immer als spannend.

Was war das Schönste an Ihrer Arbeit als "Blick Girl"-Managerin? 
Da kann ich nichts hervorheben. Ich habe einiges erlebt. Schön war Frauen aus der ganzen Schweiz zu treffen, mit einer solchen Vielfalt an verschiedenen Personen Kontakt zu haben. Vor allem das Ergebnis, also die Bilanz Vorher-Nachher, war immer spannend zu sehen.

Blick-Online bezeichnet Sie als das "Mami" aller "Blick"-Girls. Inwiefern waren Sie wirklich "Mami"? 
Die Frauen waren oft sehr jung. Deshalb habe ich sie geschützt und fragte stets nach, ob sie auch wirklich alles, was sie in den Interviews sagten, in der Zeitung publizieren wollen. Ich habe da teilweise Sachen gehört, bei denen ich mir nicht sicher war, ob diese Aussagen in die Zeitung gehören.

Haben Sie dementsprechend einigen Girls davon abgeraten sich zu präsentieren? 
Abgeraten nicht, ich habe einfach immer wieder nachgefragt. Bei 18-jährigen Girls, die mir etwas Persönliches erzählten, habe ich stets nachgeforscht, ob sie sich das Risiko einer Publikation bewusst sind. Sie waren teilweise naiv und konnten nicht ahnen, was es für Reaktionen geben könnte, wenn ihr ganzes Umfeld, alle Freunde und die Familie, sie im "Blick" sehen wird. Sie riefen auch immer wieder an und wollten wissen, wie die Fotos geworden sind. Ich habe stets aufgepasst, dass alles ästhetisch bleibt.

Wie haben Sie die Frauen ausgewählt?
Die Frauen haben sich bei mir beworben. Ich habe immer probiert, allen eine Chance zu geben, weil ich gesehen habe, dass ich ihnen eine Freude mache. Es konnten sich Frauen zwischen 18 und 40 Jahren bewerben. Ich habe immer überprüft, ob die Masse ungefähr stimmen. Daneben habe ich aber auch einige üppige Frauen genommen. Auch eine etwas festere Frau kann sexy sein. Ich hab immer versucht, ein Maximum herauszuholen und die Frauen glücklich zu machen. Es ist wirklich kein Voyeurismus. Die Frauen kommen ohne jegliche Erfahrung und voller Nervosität. Sie können nicht posieren und waren manchmal ziemlich steif. Wir mussten uns anpassen und auf die Körper der Modelle Rücksicht nehmen.

Hatten Sie eher zu viele Bewerberinnen? 
Ich habe jeweils sehr viele Bewerbungen erhalten. Das braucht es aber auch, um jeden Tag die Rubrik zu füllen. Es kamen alle zum Zuge, jede Einzelne.

Was sind das für ein Typ Frau, der im "Blick posieren will?
Ich habe wirklich alles gesehen. Es gibt da keinen bestimmten Typus. Es variierte allerdings von Zeit zu Zeit. In den Schulferien beispielsweise haben sich Frauen die Kinder hatten, weniger beworben.

Weshalb haben Sie sich entschieden, zum Abschluss auch noch selber als "Blick"-Girl zu posieren? 
Da gibt es mehrere Gründe. Erstens wollte ich es als Überraschung machen. Ich habe mehrere Gespräche mit den Girls gehabt, in denen sie mich fragten, ob ich selber ein Problem damit hätte, zu posieren. Da ich aus der Tanz-Szene komme – ich war Balletttänzerin – bin ich Bühnenauftritte gewohnt. Deshalb war das Posieren für mich nie ein Problem. Dies wollte ich den Girls zeigen und ihnen so auch meinen Dank aussprechen. Zweitens wollte ich auch festhalten, dass ein solches Shooting nichts mit Voyeurismus zu tun hat. Ich habe dieses Projekt konsequent geleitet und sagte mir stets: warum denn nicht? Natürlich war ich auch ein bisschen nervös. Aber da ich die Bilder mit meinem eigenen Team machen konnte und den Fotografen sehr gut kannte, war es eine lustige Erfahrung.

Die Rubrik "Blick-Girl" ist sehr umstritten, gilt als konservativ und sexistisch. Welches war Ihre Motivation, diese Rubrik zu verantworten? 
Ich wollte mich nach meiner Arbeit als Tänzerin umschulen. Ich habe meinen Master gemacht und dann diese Stelle gesehen. Ich habe genau gewusst, was das Produkt ist und habe mir gesagt, wenn ich es mache, dann auch richtig. Klar war es nicht immer einfach. Wir hatten einen männlichen Chefredaktor, mit welchem ich oft Diskussionen hatte. Ich habe den Job aber genau deswegen gemocht, weil er nicht einfach war. Das hat mir persönlich viel gebracht. Als menschlich orientierte Person war es stets eine tolle Erfahrung. Es hat mich immer gestört, wenn die Leute behaupte habe, dass es eine schmutzige und sexistische Rubrik sei. Das ist so eine oberflächliche Beurteilung! Sie wissen ja gar nicht was hinter den Kulissen abgeht. Es war ein Profi-Shooting mit lauter Profis. Wir haben uns auch immer bemüht, den Wünschen der Frauen gerecht zu werden.

Wer setzte sich öfter durch: Ihr Chefredaktor oder Sie? 
Wir mussten beide Kompromisse eingehen. Ein Mann möchte tendenziell mehr von den Frauen sehen und mir war wichtig, dass es immer ästhetisch wirkt. Ich stand immer auf der Seite der Frau.

Weshalb wollten Sie überhaupt weg vom Tanzen und eine neue Richtung einschlagen und welches waren die Schwierigkeiten dabei? 
Wenn eine Tänzerin ihre Karriere beendet, muss sie immer wieder von Null anfangen. Ich habe im Opernhaus Zürich aufgehört. Ich war dort während fünf Jahren Solotänzerin. Danach war ich im Ausland und habe selbstständig als Regie-Assistentin und Choreografin gearbeitet und habe mir gesagt, dass ich nun endlich meine Koffer deponieren und irgendwo sesshaft werden muss. Auch nach dem Master in Kultur-Management war es nicht einfach, einen neuen Weg einzuschlagen. Man wird von niemandem unterstützt und ist auf sich selbst angewiesen. So habe ich diese Stelle gesehen, mich beworben und wusste, dass ich viel lernen würde.

Wie sieht Ihre berufliche Zukunft aus? 
Ich bleibe bei Ringier tätig und arbeite neu bei Geschenkidee.ch, Dort bin ich für die Westschweiz zuständig. Momentan glaube ich, den perfekten Job gefunden zu haben - für eine Pariserin wie mich.

Interview: Marco Lüthi; Bild: zVg

 



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