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17.03.2018

Arena

Empörung auf Vorrat

Die Sendung zum Verbrechen in Rupperswil löste vor der Ausstrahlung einen Shitstorm aus.

So wie mir erging es diese Woche sehr vielen Menschen in diesem Land: die ausführlichen Prozessberichte in allen Medien über das abscheuliche Jahrhundertverbrechen von Rupperswil waren schwer auszuhalten. Belastend. Erdrückend. Das Urteil (Lebenslänglich, ordentliche Verwahrung) am Freitagmorgen brachte erste Erleichterung. Abends machte die «Arena» die schwere Straftat zum Thema.

Schon zwei Tage vor der Sendung hagelte es deswegen Kritik auf Twitter. Hauptsächlich von Leuten, die immer und überall etwas suchen und finden, was sie aufregt und empört. Trifft auch auf Politiker zu. Ein entbehrlicher Aargauer GLP-Nationalrat hatte zuhanden von Jonas Projer fünfzig Mal nacheinander das Wort «Quote» in die Tasten gehauen. Und der sonst besonnene CVP-Präsident Gerhard Pfister entrüstete sich: «Das Einzige, was an dieser Arena stimmen wird, ist die Quote.» Der Zuger Nationalrat sprach von einer «Zumutung für die Angehörigen».

Sollte und «durfte» in der «Arena», zwölf Stunden nach der Urteilsverkündung, über das schreckliche Delikt diskutiert werden? Ja. Selbstverständlich. Es wurde eine ruhige, sachliche und informative Sendung über den Umgang gefährlichen Straftätern, das Schicksal der Opfer oder die in der Praxis leider kaum anwendbare lebenslange Verwahrung. Wenn die Quote auch noch stimmte, ist das gut so.

Ansonsten empfehle ich, die aufschlussreiche Sendung in der Wiederholung anzuschauen. SVP-Nationalrätin Natalie Rickli über den aktuellen Richterspruch: «Es ist ein gutes Urteil, fair und gerecht.» Mit vielen Fachleuten einig ist FDP-Ständerat und Rechtsanwalt Andrea Caroni: «Es ist ausgeschlossen, dass der Täter je wieder auf freien Fuss kommt.» Viel Erhellendes in die Sendung brachte Professor Marc Graf, Direktor der Forensischen Klinik in Basel. Eine Koryphäe, die sich mit kaltblütigen Tätern beschäftigt und auskennt. In einigen Belangen war diese «Arena» auch beruhigend. Aus Fehlern in besonders schweren Fällen (Beispiel: Mordfall Zollikerberg) wurden auf allen Ebenen Lehren gezogen.

Themen in der «Arena», das sind nicht nur Europapolitik, Gleichstellung oder Finanzordnung. Da soll ebenso eine Katastrophe und ihre Folgen wie im Fall Rupperswil diskutiert werden können. Vergleich: Auch politische Talkshows von ARD und ZDF befassen sich nicht «nur» mit Groko oder Trumps Handelskrieg. Kürzlich ging es in verschiedenen dieser Sendungen um das Geiseldrama von Gladbeck (1988), einem der dramatischsten Verbrechen der deutschen Nachkriegszeit. Und darum, ob es richtig ist, dass einer der beiden Täter nach 30 Jahren kürzlich freigekommen ist. Sollte sich eine Sendung in drei Jahrzehnten wieder mit dem Fall Rupperswil befassen, wird der Mörder Thomas N. mit hoher Wahrscheinlichkeit immer noch weggesperrt sein.


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