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20.02.2019

Fälscher und Fake News

Journalismus-Unterricht im «Medienclub»

Es war wie so oft im «Club»: Geredet wurde zum Thema viel, doch das Ergebnis war eher mässig.

Mit seinen wenigen Ausgaben pro Jahr hinkt der SRF-«Medienclub» der Aktualität oft hinterher. Ausgangslage diesmal: die Ende 2018 aufgedeckten Lügengeschichten von Claas Relotius im «Spiegel» und die damit verbundenen Frage nach dem Schaden für die Medien. In der Sendung wurde viel über Journalismus doziert und zu wenig über Vertrauensverlust und Glaubwürdigkeit geredet.

«Der Journalismus ist nicht per se unter Generalverdacht», findet «Tages-Anzeiger»-Chefredaktion Judith Wittwer. Sie meint: «Es gibt eine Polarisierung der Gesellschaft und der Politik. Medien sind mit dem Fake-News-Vorwurf konfrontiert, wir kämpfen mit einem Vertrauens- und Kontrollverlust, teils auch mit Bedeutungsverlust.» Nicht alles ist wahr, was gedruckt und gesendet wird. Schriftsteller Lukas Bärfuss in der Sendung: «Ich finde es gut, wenn die die Leute kritisch sind und nicht alles glauben.» Sibylle Lichtensteiger, Leiterin Stapferhaus Lenzburg: «Fake News heisst nicht, dass jemand bewusst, zum eigenen Vorteil oder wegen einer narzistischen Störung fälscht. Dahinter steckt eine politische Motivation, ob von links oder rechts.»

Schwarze Schafe gibt es auch hierzulande in den Medien. Reporter Peter Hossli: «In der Schweiz geistern ein paar Namen von Journalisten herum, die zweifelhaft arbeiten. Nur haben wir keine Fehler- und Kritikkultur, die solche Leute outet.» Wie Springer-Chef Matthias Döpfner beobachtet Hossli auch bei uns viel Aktivismus im Journalismus. «Das ist ein Problem in unserer Branche. Man spricht bewusst nur mit einer Seite oder verdeckt Dinge.» Und: «Bei der Flüchtlingskrise 2015 und bei der Wahl von Donald Trump haben die Medien keinen guten Job gemacht, den Bezug verloren. Wir haben auf Trump ‹eingebasht›. Man ging nicht zu seinen Anhängern und war dann überrascht, als er gewählt wurde.» Was war bei der Flüchtlingskrise? Hossli: «Es gab Ängste bei den Menschen, als eineinhalb Millionen Flüchtlinge nach Europa kamen. Journalisten haben dann aber sogar Flüchtlinge auf ihrer Route transportiert. Auch das hat dem Ruf, unabhängig zu arbeiten, geschadet.»

Für Lukas Bärfuss sind viele Reportagen einfach nur «Heldengeschichten». Zum Storytelling sagt der Schriftsteller: «Dieses kommt vom Marketing und hat auf den Journalismus übergegriffen.« Judith Wittwer: «Journalisten sind weder Geschichtenerzähler noch Literaten. Journalismus ist in erster Linie ein solides Handwerk. Dazu gehört, dass man rausgeht, beobachtet, zuhört und nachfragt, Zusammenhänge und Dramaturgie herstellt. Journalistische Haltung ist keine politische oder missionarische Haltung.» Peter Hossli: «Ein Journalist, der die Welt verändern will, ist im falschen Beruf.» Wie steht es mit dem Fakten-Checking? Tagi-Chefin Judith Wittwer: «Wir haben dazu keine Abteilung, setzen auf die interne Kultur von Gegenlesen und Nachhaken auf verschiedenen Stufen. Und dank der Digitalisierung können wir relativ schnell Faktenchecking machen.» Wie dies im Online-Journalismus gemacht wird, wurde nicht diskutiert.


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