persoenlich
.com

Das Online-Magazin der Schweizer Kommunikationswirtschaft
persönlich Verlags AG
Birmensdorferstr. 198
8003 Zürich

Tel.: +41 (0) 43 960 79 00
Email: info@persoenlich.com

04.11.2017

SRF

«No Billag» und «Yes Billag» in der «Arena»

Eine Hilfe für die Meinungsbildung von Unentschiedenen war diese Diskussion (noch) nicht.
von René Hildbrand

Das Debattiergewitter findet seit Wochen ausserhalb des Fernsehstudios statt: Die «Arena» zur No-Billag-Initiative verlief harmlos – und ohne Gehässigkeiten. Die Abstimmung findet ja auch erst im März 2018 statt. Jonas Projer leitete die Sendung pragmatisch und unsentimental.

Ausgerechnet die beiden wichtigsten Teilnehmer waren die schwächsten Figuren in der Runde: Olivier Kessler, Co-Präsident von «No Billag», sowie Jean-Michel Cina, Präsident der SRG. Kessler, der sich in den letzten Monaten vor öffentlichen Auftritten drückte, hat erneut bewiesen, dass er nichts von Fernsehen und wenig von der Schweiz versteht. Er scheint überzeugt, dass die SRG auch ohne Gebühren problemlos weiter existieren kann und sprach gegen Schluss der Sendung bezüglich Finanzierung naiv von «freiwilliger Nächstenliebe». Ein Phantast.

Cina machte sich mit drei, vier kurzen und wenig überzeugenden Wortmeldungen bemerkbar. Der Walliser CVPler führte hilflos und ohne eine Prise Leidenschaft vor, dass er weder Visionen hat noch über einen Plan B verfügt. Mit so lahmen Auftritten gewinnt man keine Abstimmung.

323642515_2Moderator Jonas Projer (r.) mit Olivier Kessler, Co-Präsident «No Billag» (l.) und SVP-Nationalrat Gregor Rutz. (Bild: Keystone/Ennio Leanza)


SVP-Nationalrat und No-Billag-Befürworter Gregor Rutz (liess Gspänli Rickli zuhause) gesteht der SRG bei aller Kritik immerhin zu, dass sie «vieles auch gut macht». Für FDP-Nationalrat Kurt Fluri ist die SRG eine «Staatsidee». Er warnt davor, das «Ross von hinten aufzuzäumen». SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher befürchtet bei einer Annahme der Initiative «Interessenmedien» und glaubt, dass die anderen Landesteile auf Fernsehen verzichten müssten. Und André Moesch, Präsident Telesuisse, betonte ausdrücklich, dass regionale TV-Sender nur dank den Gebühren «vernünftig Fernsehen machen können».

Für den Gewerbeverband ging Dieter Spiess anstelle des untelegenen Direktors Hans-Ulrich Bigler in die «Arena». Der SVPler und Schuhhändler kündigte an: «Der Heimatschutz für die SRG ist vorbei!» Und drohte: «Wir werden Sturm laufen!». Spiess und Co. wollen weder aufnehmen noch zugestehen, dass 75 Prozent der KMU gebührenbefreit sein werden, acht Prozent weniger bezahlen und «nur» Grossunternehmen hohe Gebühren entrichten müssen. Warum stehen Bigler, Spiess & Co. nicht einfach dazu, dass sie die SRG hassen?

Schade, dass im «Arena»-Studiopublikum offenbar nur No-Billag-Gegner sassen. Kein Thema war, dass die SRG tatsächlich zu gross und zu mächtig geworden ist. Dass die Gebühren mit 365 Franken ab 2019 nach wie vor (zu) hoch sein werden. Dass 7 TV- und 18 Radiosender übertrieben und masslos sind wie 1200 Mitarbeitende für die Programme der Tessiner und Rätoromanen. Oder dass ein Werbeverbot ab 20 Uhr (wie bei ARD und ZDF) im Sinn der Zuschauer und durchaus angebracht wäre.

Kaum Zweifel: Die No-Billag-Initiative wird im Frühjahr an der Urne grossen Zuspruch erhalten. Allerdings dürfte sie mindestens am Ständemehr scheitern. Die Diskussionen über die SRG und ihre Gebühren werden aber noch sehr lange weitergehen. Eine heftige Debatte über die Finanzierung und die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Radio und Fernsehens gibt es derzeit auch in Deutschland. Für 21 TV-Sender und 66 Radioprogramme bezahlen die Deutschen (schauen täglich 3,23 Stunden fern) weniger als 60 Cents pro Tag. Die Ministerpräsidenten aus dem linken und rechten Lager fordern Gebührenstabilität und sagen deutlich: «Beim Sparen geht noch mehr!» Falls die Sender den Riemen nicht sehr rasch enger schnallen, wollen die Politiker an die Programme ran.

Die Intendanten kämpfen und toben seit Wochen. Öffentlich. Jean-Michel Cina werden sie nicht als Berater beiziehen.


persönlich Verlags AG · Birmensdorferstr. 198 · 8003 Zürich
Tel.: +41 (0) 43 960 79 00 · Email: info@persoenlich.com