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20.08.2017

Analysen

SRF braucht Terrorismus-Experten

Grosse TV-Sender verfügen heute über hauseigene Terrorismus-Experten. SRF nicht.

Terrorismus ist zum grössten Problem Europas geworden. Der Kontinent kämpft mit einer beispiellosen Form von dschihadistischem Terror. Entsetzen, Trauer und Ratlosigkeit sind eminent nach Anschlägen wie eben in Barcelona. Und das TV-Publikum erwartet immer rascher Antworten.

In den Newssendungen werden jeweils eiligst die Korrespondenten in den betroffenen Ländern und Städten zugeschaltet. Diese TV-Journalisten kommen an den Katastrophen-Schauplätzen nachvollziehbar oft schon mit der aktuellen Berichterstattung über die Barbareien an ihre Grenzen.

Spätestens seit 9/11 beschäftigen viele TV-Sender weltweit eigene Terrorismus-Experten. Nach Anschlägen können diese sofort auf den Plan gerufen werden. Berühmt geworden als Fachkapazität ist der britisch-US-amerikanische Journalist Peter Bergen bei CNN. 1997 gelang ihm übrigens als erstem westlichen Reporter ein Interview mit Osama Bin Laden.

Auch die deutschen Kanäle haben sendereigene Terrorismus-Experten. Beim ZDF ist dies der stellvertretende Chefredaktor Elmar Thevessen. Organisierte Kriminalität, Wirtschaftskriminalität und Nachrichtendienst gehören zu seinen weiteren Fachgebieten.

Die ARD kann mit einer ganzen Reihe von – teils inzwischen freiberuflichen – Spezialisten aufwarten: Etwa mit Joachim Wagner, Holger Schmidt und Georg Mascolo. Letzterer war am Donnerstag direkt nach den Anschlägen in der katalanischen Metropole für die «Tagesthemen» im Einsatz. Die Analysen von Mascolo (2008 bis 20013 Chefredaktor des «Spiegel») gefallen mir in Bezug auf Inhalt und Sachlichkeit am besten. Mascolo leitet «hauptamtlich» den Rechercheverbund des NDR, WDR und der «Süddeutschen Zeitung». Bei RTL beschäftigt sich Michael Ortmann mit dem Terrorismus.

Und wen zieht das Schweizer Fernsehen zurate? Einen eigenen Terrorismus-Experten hat SRF nicht. Nach dem Attentat in Barcelona analysierte – aus Berlin zugeschaltet – der renommierte deutsche Wissenschaftler Guido Steinberg (arbeitet derzeit für die Stiftung Wissenschaft und Politik). Oftmals werden für «Tagesschau» und «10vor10» auch Strategie- und Militärexperten der ETH konsultiert.

Hauptsächlich bei den Printmedien viel gefragte Fachgrössen sind der Genfer Jean-Paul Roullier oder der frühere ETH-Forscher und Extremismusexperte Lorenzo G. Vidino, lehrt heute an der Georg Washington University.

TeleZüri lädt für Terrorismus- und Sicherheitsthemen meist dieselben beiden Profis ins Studio oder vor die Kamera: den Strategie-Sachverständigen Albert A. Stahel oder den ehemaligen Geheimdienstchef Peter Regli.

Der Terrorismus steht heute in vielen europäischen Ländern an der Spitze der wahrgenommenen Bedrohungen. Im Irak und in Syrien befindet sich die Terrormiliz zwar auf dem Rückzug, aber in Europa werden sich die Schreckenstaten laut Fachleuten fortsetzen und uns leider noch lange beschäftigen.

Als TV-Zuschauer wollen wir immer wieder Analysen, Einschätzungen und Meinungen von erstklassigen Experten hören. SRF sei empfohlen, einen eigenen Spezialisten aufzubauen.


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