20.07.2015

Fast wie bei den Taliban

So berühmt war Urs Gehriger noch nie. Obwohl der Weltwoche-Auslandschef als brillanter Reporter gilt, kennen ihn selbst in der Branche nur wenige persönlich. Einmal geriet er sogar in einen Hinterhalt der Taliban, die höchste Weihe für einen Auslandreporter - vorausgesetzt, man überlebt es.
von Matthias Ackeret

So berühmt war Urs Gehriger noch nie. Obwohl der Weltwoche-Auslandschef als brillanter Reporter gilt, kennen ihn selbst in der Branche nur wenige persönlich. Einmal geriet er sogar in einen Hinterhalt der Taliban, die höchste Weihe für einen Auslandreporter - vorausgesetzt, man überlebt es.

Doch gegen die Plagiatsvorwürfe von "NZZ am Sonntag" und "Tages Anzeiger" war dies – salopp gesprochen – wohl Peanuts. Warum Gehriger abgekupfert hat, weiss man nicht. War es Stress, Bequemlichkeit, Fahrlässigkeit oder Naivität?

Dafür dreht sich die Moralkeule der Branche immer schneller. Plagiatsvorwürfe gegen andere renommierte Schweizer Blätter werden in den sozialen Medien serviert. Doch haften bleiben dürfte das Ganze nur an Urs Gehriger. In diesem Fall dem Original. Sogar wenn er sich selbst kopiert – wie auch schon geschehen – wird dies zum Skandal hochgeschrieben.

Dabei befindet sich der "Weltwoche"-Mann in bester Gesellschaft: Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg hat es gemacht, die deutsche Ex-Bildungsministerin Schavan, Bertold Brecht und sogar der ganz grosse Shakespeare. Die Folgen für den weiteren Karriereverlauf waren unterschiedlich.

Es spricht für Chefredaktor Roger Köppel, dass er sich hinter Urs Gehriger stellt. Es gibt ganz andere Beispiele: der berühmte Literaturkritiker Raddatz stürzte über einen Goethetext, der sich nachträglich als Satire entpuppte.

Vielleicht weiss Köppel auch einfach, dass eine Original-Gehriger immer noch besser ist als seine abgeschriebenen Texte. Indirekt hat der "angeschossene" Auslandchef sogar zur weiteren Berühmtheit seines Verlegers beigetragen: In der ganzen Berichterstattung über die beiden Plagiate war nur ein Bild zu sehen: nämlich dasjenige von Roger Köppel. 



Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Zum Seitenanfang20240419