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David gegen Goliath? Die Gefahr einer Trotzreaktion

Marcus Knill

Jeder Werber weiss: Man muss klotzen nicht kleckern. Auch bei den Gegnern der Durchsetzungsinitiative war man sich bewusst: Das Steuer kann nur noch mit einer Grossoffensive rumgerissen werden. Der Medienspiegel bestätigt dies. Jetzt wird aus allen Rohren gegen die SVP geschossen.

Die aussergewöhnliche Kampagne führte zu einem enormen Medienwirbel. Erstaunlich, dass die SVP, die sonst mit grossen Kellen Kampagnen anrichtet, derzeit viel zurückhaltender auftritt. Dies, obschon die SVP noch nie mit so einer geschlossenen prominenten Gegnerschaft konfrontiert gewesen ist.

Der geballten Ladung von elf Altbundesräten, SP, CVP, FDP, Grüne, Grünliberale, SR und NR Komitee, NGO Komitee, Wirtschaftsverbänden, dem Aktionskomitee «Dringender Aufruf», Rechtsprofessoren, dem Anwaltsverband, der Staatsanwältekonferenz, dem Komitee der Kulturschaffenden, einem Bundesrichter, fünf Kantonsregierungen sowie diversen Prominenten steht die SVP völlig allein gegenüber. David gegen Goliath?

Politologen und Kaffeesatzleser rätseln darüber, wie sich diese Grossoffensive gegen die Durchsetzungsinitiative wohl konkret auswirken wird. Es gibt Experten, die sind überzeugt, dass sich der gewaltige Effort der Gegner auszahlen wird. Das Ziel sei für sie bereits erreicht, wenn es zu einem Nein kommt. Anderseits gibt es aber auch Prognostiker, die den Aufstand der Elite als übertrieben betrachten. Man schiesse mit Kanonen auf Spatzen.

Nach meinem Dafürhalten ist es immer riskant, bei Werbekampagnen zu übertreiben. Es besteht bei der heutigen Grossaktion die Gefahr einer Trotzreaktion - bei den Stimmberechtigten. Viele fragen sich, weshalb diese Hektik, diese Nervosität? Hat die Elite Angst vor dem Volk? Vielleicht wird sogar der Graben zwischen Elite und Volk mit der laufenden Grossoffensive zusätzlich vertieft. Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn das Abstimmungsresultat gar nicht so vernichtend ausfällt für die SVP.

Es gibt laufend neue unangenehme  Fakten, welche die Bevölkerung verunsichern (Zahlen über die Nationalitäten der kriminellen werden erst nach der Abstimmung preisgegeben, das Chaos in den Nachbarländern usw.) Selbst bei einem Ja von 45 Prozent müssten sich die Gegner eigentlich eingestehen, dass auch aus ihren Reihen fast die Hälfte der Bürger Ja gestimmt haben. Bei der Werbung ist die Dosierung bei Kampagnen stets ein heikler Entscheid. Das Klotzen kann unverhofft zum Klotz werden. Der zusätzliche Aufwand zum Bumerang mutieren.

Etwas dürfen wir bei dieser Aktion nicht ausblenden: Bei der Frage nach der harten Umsetzung der kriminellen Ausländer werden vor allem die Emotionen eine grosse Rolle spielen. Ängste können nicht mit diffenzierten, staatsrechtlichen Exkursen aus der Welt geschafft werden. Wir dürfen jedenfalls mit einem spannenden Abstimmungskrimi rechnen. Das Resultat gibt dann genügend Diskussionsstoff, um über Aufwand und Ertrag oder über die richtige Dosierung von Kampagnen zu debattieren.

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Kommentare

  • Nico Herger, 08.02.2016 11:35 Uhr
    Ein "Ja von 45%" kann es gar nicht geben, sondern allenfalls 45% Ja-Stimmen. @Bucher: Was soll diese unsinnige Relativierung? Machen Sie diese bei linken Vorlagen auch? @Müller: Solche Kommentare bewirken gerade das Gegenteil. Mir soll's recht sein.
  • Christian Müller, 08.02.2016 08:32 Uhr
    Es ist ganz einfach: Wer Kinder oder gar Grosskinder hat, der muss sich doch gegen die Durchsetzungsinitiative zur Wehr setzen. Denn wer möchte sich einmal vorwerfen lassen, "den Anfängen" nicht gewehrt zu haben. Wer auch nur ein einziges Mal ein Buch über den Zweiten Weltkrieg in die Hand genommen hat, weiss, wie alles angefangen hat.
  • Jakob Bucher, 04.02.2016 09:58 Uhr
    Ein "JA von 45%" wäre nicht die Hälfte der Bürger. Das wäre ca. eine Million Stimmen, es wäre ein Sechstel der Schweizer oder ein Achtel aller Einwohner.
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