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Zum Tod von Gerhard Blocher

Marcus Knill

Ich habe Gerhard Blocher im Militärdienst besser kennen gelernt, vor allem als wir einen Film über eine Felddivision drehten, in welcher Blocher wirkte. Dabei wurde er von SRF-Nachrichtensprecher Georg Auf der Maur interviewt. Schon damals – lange vor seiner landesweiten Prominenz - machte er ungefilterte Aussagen und nahm keine Rücksicht auf das Publikum. So ereiferte er sich vor Mikrofon und Kamera: «Unsere Offiziere wissen gar nicht, was Krieg ist. Die haben noch nie Blut gerochen und so weiter.»

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Als wir diese ungewöhnlichen Aussagen Journalisten vorspielten, meinte der damalige Fernsehmoderator Hannes Britschgi, der in der Abteilung Presse und Funkspruch (APF) Dienst leistete: «Unglaublich - Wenn man die Augen schliesst, glaubt man hundertprozentig Christoph Blocher zu hören» (Stimme, Tonfall et cetera).

Wahrscheinlich liebte es Gerhard Blocher, wenn seine Provokationen beachtet wurden. Dadurch wurde er für die Medien eine dankbare Person. Heute - nach seinem Tod - leben viele seiner überhöhten, manchmal grotesken Aussagen wieder auf und werden im Netz erneut online publiziert. Eines war klar: Gerhard Blocher war eine originelle, aber äusserst kontroverse Persönlichkeit.

Doch dies ist die öffentliche Wahrnehmung von Gerhard Blocher, es gab auch die andere. Ich erlebte in Hallau, wo er Pfarrer und auch Gemeindepräsident war, dass er von einem grossen Teil der Bevölkerung sehr geschätzt wurde. Zwar gab es Kritiker - aber auch viele Bewunderer. Als Seelsorger war er glaubwürdig und hilfsbereit, vor allem gegenüber Behinderten. Er hatte stets Zeit für Menschen, die in Not waren und reiste deswegen in der ganzen Schweiz herum, ohne dies an die grosse Glocke zu hängen. Er war Pfarrer aus Leidenschaft, ohne aber je moralisierend zu wirken. Dies war seine wahre Stärke. Im Fernsehen war dies nie ein Thema.

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