20.02.2014

Facebook

WhatsApp für 19 Milliarden Dollar geschluckt

Online-Netzwerk will mit der Übernahme Anschluss bei der Jugend bewahren.
Facebook: WhatsApp für 19 Milliarden Dollar geschluckt
Facebook demonstriert Stärke: Für insgesamt 19 Mrd. Dollar kauft das Online-Netzwerk WhatsApp, ein Start-Up mit gerade einmal 50 Mitarbeitern. Damit will der US-amerikanische Konzern den Anschluss bei der Jugend bewahren.
 
Über WhatsApp können Smartphone-Nutzer miteinander Textnachrichten oder Fotos austauschen. WhatsApp hat sich fest als Alternative zu den herkömmlichen, über das Telefonnetz versandten SMS etabliert. Zunächst war die App kostenlos, mittlerweile ist dafür eine Jahresgebühr von knapp einem Dollar fällig.
 
WhatsApp hat weltweit mehr als 450 Millionen Nutzer im Monat. Pro Tag verschicken sie rund 18 Milliarden Nachrichten. Allein in den letzten vier Monaten des Jahres 2013 wuchs die Nutzerzahl nach Angaben von WhatsApp um 100 Millionen.
 
In der Schweiz beliebter als in den USA
Wie viele Nutzer der Dienst in der Schweiz hat, ist nicht genau bekannt. Ralf Beyeler, Telekomexperte beim Vergleichsdienst Comparis, schätzt ihre Zahl auf über 2 Millionen.
 
Gemäss dem vergangenen Herbst publizierten Jugendbarometer der Grossbank Credit Suisse nutzen 66 Prozent der 16- bis 25-Jährigen in der Schweiz WhatsApp als Kommunikationsmittel. Zum Vergleich: In den USA sind es lediglich 4 Prozent. In Europa und Asien ist WhatsApp wesentlich bekannter als auf dem amerikanischen Kontinent.
 
42 Dollar pro Nutzer
Facebook zahlt nun quasi für jeden WhatsApp-Nutzer 42 Dollar - ein stolzer Preis. Vier Milliarden Dollar fliessen in bar, der Rest in Facebook-Aktien. Damit ist das Geschäft der wohl teuerste Kauf eines Tech-Start-Ups in der
Geschichte (siehe Liste unten). Microsoft hatte 2011 rund 8,5 Mrd. Dollar für den Videotelefonie- Dienst Skype bezahlt.
 
"WhatsApp ist auf dem Weg, eine Milliarde Leute miteinander zu verbinden", erklärte Facebook-Chef und -Gründer Mark Zuckerberg. Deshalb sei der Dienst so wertvoll. Facebook selbst kommt auf mehr als 1,2 Milliarden Nutzer. "WhatsApp wird uns dabei helfen, unsere Mission zu erfüllen, die ganze Welt zu vernetzen."
 
Mit dem Kauf dürfte Facebook vor allem seine Popularität bei jungen Nutzern steigern wollen. Auch wenn es zahlenmässig nicht belegt ist - WhatsApp fragt nicht nach dem Alter -, soll WhatsApp bei Jugendlichen besonders stark sein. Der hohe Kaufpreis gab unter Investoren dennoch zu reden. Die Facebook-Aktien gaben im nachbörslichen Handel um rund drei Prozent nach.
 
Wie sich der hohe Kaufpreis letztlich rechnen soll, liess Zuckerberg offen. Zunächst einmal gehe es darum, dass der Dienst weiter wachse auf "eins, zwei oder drei Milliarden Mitglieder", sagte Zuckerberg. "Es gibt es mehrere Wege, wie wir damit Geld verdienen können." Werbung zähle in seinen Augen nicht dazu.
 
WhatsApp verspricht: Keine Änderung
Für die Nutzer werde sich nach der Übernahme nichts ändern, schrieb WhatsApp in einem Blogeintrag. Der Dienst werde nach wie vor für eine kleine Gebühr nutzbar sein und keine Werbung werde die Kommunikation unterbrechen. WhatsApp finanzierte sich anfangs über den Kaufpreis für die App und zuletzt über eine jährliche Abo-Gebühr von einem Dollar.
 
"WhatsApp wird autonom bleiben und unabhängig agieren", hiess es. "Für Sie, unsere Nutzer, wird sich folgendes ändern: Nichts." Auch Zuckerberg versicherte, das WhatsApp-Team werde seine Unabhängigkeit behalten.
 
Fühler nach Snapchat ausgestreckt
Facebook hat bereits einen eigenen Messaging-Dienst mit ähnlichen Funktionen. Allerdings kaufte Mark Zuckerberg auch schon für knapp eine Milliarde Dollar die Foto-Plattform Instagram, obwohl Facebook-Nutzer bereits Bilder austauschen konnten.
 
Auch die derzeit populäre Foto-App Snapchat, bei der Bilder von alleine verschwinden, wollte Facebook dem Vernehmen nach vor kurzem kaufen, die Gründer lehnten jedoch ab. Der Deal um WhatsApp kommt nur wenige Tage nachdem der japanische Online- Händler Rakuten für 900 Mio. Dollar die Kommunikations-App Viber gekauft hatte. Viber hat 300 Millionen Nutzer. 

Die grössten Übernahmen in der IT-Branche 

- 25 Milliarden Dollar: Für diese Summe kaufte der Computerhersteller Hewlett-Packard im September 2001 den Konkurrenten Compaq - und stach damit IBM aus.  
-
​ 12,5 Milliarden Dollar: Soviel zahlte Google im August 2011 für die Handysparte von Motorola und kam damit dem Konkurrenten Apple zuvor. Erst kürzlich verkaufte Google den Handybauer wieder - für knapp drei Milliarden Dollar an den chinesischen IT-Konzern Lenovo. 
- 10,24 Milliarden Dollar: War Hewlett-Packard im August 2011 die britische Software-Firma Autonomy wert. 
- 8,5 Milliarden Dollar: Gab Microsoft im Mai 2011 für den Internettelefonie-Anbieter Skype aus. 
- 7,4 Milliarden Dollar: Das blätterte US-Softwarekonzern Oracle im April 2009 für Sun Microsystems hin, den Erfinder der offenen Programmiersprache Java. 
- 7,2 Milliarden Dollar: Soviel wert war Microsoft im September 2013 die Handysparte des einstigen Weltmarktführers Nokia. 
- 1,65 Milliarden Dollar: Bekamen die Besitzer der Videoplattform Youtube im Oktober 2006 von Google. 
- 1,1 Milliarden Dollar: War dem einstigen Internetpionier Yahoo der Blogging-Plattform Tumblr wert, um wieder bei jungen Internetnutzern "in" zu sein. 
1,0 Milliarde Dollar: Dies war die grösste Summe, die Facebook bislang ausgab - für den Fotodienst Instagram. (sda)

 


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