17.07.2018

Schütz Dirk/März 2018

Schütz Dirk/März 2018

Seit vierzig Jahren gibt es das Wirtschaftsmagazin Bilanz, seit zehn Jahren ist Dirk Schütz dessen Chefredaktor. Aus der «Annabelle der Prokuristen» ist mittlerweile der Gradmesser für diejenigen Wirtschaftsbosse geworden, deren Aktien steigen oder gerade sinken. Letztere sind mittlerweile weitaus häufiger.
Schütz Dirk/März 2018: Schütz Dirk/März 2018

Herr Schütz, die Bilanz feiert ihr 40-Jahr-Jubiläum. Spüren Sie jetzt eher Festlaune oder eher Midlife-Crisis?
Eindeutig Festlaune. Vierzig Jahre sind für ein Magazin eine beachtliche Leistung, von einer Midlife-Crisis spüren wir nichts. Wir sind ja im letzten Jahr vom zweiwöchentlichen Erscheinungsrhythmus auf das Monatsformat zurückgegangen, das hat uns einen Energieschub verliehen. Wir können uns dadurch noch besser auf unsere Stärken konzentrieren. 

Der zweiwöchentliche Rhythmus hat sich also nicht bewährt?
Der Zweiwochenrhythmus war ein Produkt aus den Schönwetterzeiten, als die Anzeigenmärkte noch florierten. Man vergisst gerne, dass in den Neunzigerjahren einzelne Bilanz-Ausgaben fast fünfhundert Seiten hatten, auch bei der Einführung des Zweiwochenrhythmus 2005 lief die Anzeigenkonjunktur noch gut. Doch dies ist lange vorbei. Der Monatsrhythmus entspricht auch der DNA der Bilanz, dies zeigt sich auch beim «Mann des Monats», den wir bereits bei der ersten Ausgabe 1977 auf dem Titel präsentierten. Zudem erlaubt uns die monatliche Erscheinungsweise, vertiefter zu recherchieren.

Worauf haben Sie geachtet, als Sie zum klassischen Monatsmagazin zurückkehrten?
Uhrenchef Georges Kern hat uns einmal erklärt, dass er sich jeweils ins Archiv zurückziehe, um herauszufinden, was eigentlich seinen Markenkern ausmache. Dieses Prinzip hat er sowohl bei IWC als auch jetzt bei Breitling angewendet. Wir haben dasselbe gemacht und dabei festgestellt, dass der «Mann des Monats» einen zentralen Teil unserer DNA darstellt. Zentral ist auch, dass wir Wirtschaft aus erster Hand bieten: Wir haben direkten Zugang zu den Akteuren und leben nicht von Internetrecherche. Gerade in diesen schnelllebigen Zeiten bieten wir Einordung und Überblick: Wir wollen das Signal bringen und nicht das Rauschen.  Und wir emotionalisieren und personalisieren. Dazu haben wir eine klare Haltung: Ob Sika, Frankenschock oder CS-Absturz – die Leser wollen heute klare Positionen. Und schliesslich wollen wir auch unterhalten: Unser Karikaturist Peter Gut etwa ist bereits seit 25 Jahren dabei und setzt mit seinem Bonjour gleich die Tonalität des Heftes.

Wie hat sich die Zeitschrift in den letzten vierzig Jahren verändert?
Rein optisch gibt es markante Unterschiede: Bei den ersten Bilanz-Ausgaben gab es kleine Schwarz-Weiss-Fotos, die von riesigen Textflächen umgeben waren. Dies ist mit den heutigen, durchgestylten Magazinen nicht mehr vergleichbar. Auch inhaltlich hat sich sehr viel getan: In den Siebzigerjahren war der Respekt vor den handelnden Personen deutlich grösser als heute. Zudem hatten wir sehr viele Politiker im Blatt. Es war Tradition, dass jeweils der Bundespräsident in der Januarausgabe «Mann des Monats» war. Dies wäre heute undenkbar. Das Primat der Politik war in den Gründungsjahren deutlich spürbar. Die Wirtschaft war formalisierter und hierarchischer organisiert als heute.

Auch anonymer.
Zweifelsohne. Emotionalisierung und Personifizierung war unser Erfolgskonzept. Plötzlich bekam die Wirtschaft ein Gesicht. Die Bilanz ging mit weitaus weniger Respekt an die Entscheidungsträger heran als beispielsweise die NZZ.


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