05.06.2002

Nationalrat

Keine Anrufinstanz für die Lauterkeit der Werbung im Abstimmungskampf

Kommissionsvorlage abgelehnt.

Für die Lauterkeit der Werbung im Abstimmungskampf wird es keine Anrufinstanz geben. Mit 86 zu 65 Stimmen hat der Nationalrat am Mittwoch Nichteintreten auf die Vorlage seiner Staatspolitischen Kommission (SPK) beschlossen. Der Entscheid hatte sich bereits am Vortag abgezeichnet. Die Vertreter der bürgerlichen Fraktionen SVP, FDP und CVP wandten sich mit einer Kommissionsminderheit gegen ein "Wahrheitsgremium" und die "Bevormundung" der Stimmbürger. Das Volk könne sich seine Meinung ohne "staatliche Abstimmungskontrolleure" bilden.

Rettungsversuch von links

SP und Linke versuchten am Mittwoch, das Blatt noch zu wenden. Wenn Lügen verbreitet würden, sei die freie Meinungsbildung ernsthaft bedroht, sagte Regine Aeppli (SP/ZH). Cécile Bühlmann (Grüne/LU) ortete den Widerstand gegen die Anrufinstanz bei jenen, die ein schwaches Parlament und starke Lobbys wollten. Auch SPK-Sprecher Andreas Gross (SP/ZH) legte sich noch einmal ins Zeug. Von der Anrufinstanz versprach er sich insbesondere mehr Chancengleichheit im Abstimmungskampf: Mit der öffentlichen Richtigstellung irreführender und tatsachenwidriger Aussagen werde jenen geholfen, "die gute Argumente und wenig Geld haben".

Auch Bundesrat dagegen

Keine Unterstützung erhielten die Befürworter vom Bundesrat. Die Landesregierung lehne die Anrufinstanz ab, sagte Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz. Die Fairnessregeln seien nicht delegierbar: "In der Demokratie ist es die Aufgabe aller am Abstimmungskampf Beteiligten, Unwahrheiten ihrer Antagonisten zu thematisieren und zu kritisieren." Ohne Sanktionsmöglichkeiten sei die Anrufinstanz ein "Papiertiger", sagte Huber Hotz. Es bestehe aber die Gefahr, dass unwahre Behauptungen durch ihre Intervention noch mehr Publizität erhielten. Die Anrufinstanz wäre überfordert und käme mit ihren Stellungnahmen für einen Grossteil der Stimmenden ohnehin zu spät.

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