17.09.2002

"Mit TV erreiche ich alle auf einmal"

Fernsehspots vs. Printanzeigen -- in der aktuellen Ausgabe des Publisuisse-Magazins Impact begründeten zwei Entscheidungsträger ihre Wahl: Thomas Huber (Bild links), Managing Director des Süsswarenherstellers Storck (Schweiz), setzt voll auf Fernsehwerbung, Hotelplan-Marketingleiter Thomas Christen (Bild rechts) hingegen eher auf Print. Das Gespräch:
"Mit TV erreiche ich alle auf einmal"

Thomas Huber: Im internationalen Vergleich hat die TV-Werbung in der Schweiz einen tiefen Anteil. Wir setzen trotzdem voll aufs Fernsehen, weil es für unsere Produkte stimmt. Wir verkaufen Süsswaren, Schokolade, Bonbons. Diese Marken sind mit Emotionen aufgeladen, und wir kreieren mit der Werbung rundherum eine emotionale Welt. Merci ist da zum Dankesagen, das Caramel-Bonbon Werthers Original steht für Tradition. Diese Werte können wir nur mit Bild und Ton vermitteln.

Thomas Christen: Ferien sind auch ein emotionales Produkt. Nur ist unser Werbeweg anders. Wir bieten eine riesige Produktepalette an. Die Markenführung, also die Kommunikation der Marke Hotelplan, geschieht dabei nur beiläufig. Wir wollen vor allem unmittelbar Absatz generieren und sehr schnell agieren können. Es hat zum Beispiel bei einem Angebot noch 40 freie Plätze, die wir innerhalb von zwei Wochen verkaufen wollen. Das geht nicht mit einem TV-Spot. Der kann viel zu wenig schnell hergestellt werden, und er ist im Verhältnis zu teuer. Bei der Printwerbung sind die Initialkosten, also die Produktion, bedeutend geringer. Die Markenführung wird jedoch -- unabhängig von der Medienwahl -- in Zukunft sicher zunehmen ?

Huber: ?wie Kuoni mit "Ferien, in denen Sie alles vergessen"?

Christen: Das hat natürlich auch mit dem Geld zu tun, das man in Verkaufsförderung oder in Werbung steckt. Läuft es einer Branche weniger gut, muss sie kurzfristig Absatz generieren.

Huber: Das tun wir auch, mit begleitenden Aktionen direkt am Verkaufspunkt. Die TV-Werbung hat einen anderen Zweck. Damit bauen wir ein Image auf und fördern eine Marke. Das Sujet mit Grossvater und Enkel für Werthers Original haben wir zehn Jahre lang geschaltet, um bei den Konsumenten das Traditionelle und die Qualität zu verankern. Daneben versuchen wir stets, die Käufer am Verkaufspunkt mit taktischen Massnahmen abzuholen. Print kann ich mir noch als abrundende Massnahme vorstellen, zuerst muss aber die Basis mit Fernsehwerbung gelegt werden.

Christen: Das würde bei uns auch funktionieren für so genannte Rennstrecken, etwa mit einer Plakatkampagne für Badeferien in Mallorca. Nehmen wir aber Golfreisen, dann gehe ich in Special-Interest-Magazine, weil ich dort die Zielgruppe erreiche. Ich möchte mit der Werbung für ein Produkt genau einen Kunden ansprechen und erreichen, dass er bucht.

Huber: Mit dem tiefen TV-Konsum in der Schweiz von weniger als drei Stunden pro Tag ist es nicht einfach, die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt zu erreichen.

Christen: In andern Ländern dient das Fernsehen auch als Ersatz von Print und Radio. Die Hausfrau steht am Morgen auf und schaltet den TV ein.

Huber: Es sind gewisse traditionelle Verhaltensweisen, die sich eingebürgert haben, aber die festgefügten Strukturen werden jetzt langsam aufgebrochen.

Christen: Für uns sind natürlich die Kosten auch sehr wichtig. Wenn ich ein einzelnes Sujet wie "Mallorca" im TV bewerben will, ist der Anteil der Produktionskosten zu hoch.

Huber: TV-Werbung ist in der Schweiz sicher teurer als zum Beispiel in Deutschland. Wir machen gleichzeitig Werbung für drei Länder, die Deutschschweiz, die Romandie und das Tessin. Dieser Kostenfaktor gilt aber auch für die Printwerbung.

Christen: Für uns ist auch das Umfeld wichtig: Wo ist die Werbung platziert. In Umfragen wird Werbung im TV oft als störender empfunden als im Print.

Huber: Ich halte sehr wenig von all diesen Umfragen, die wissen wollen, wie störend die Konsumenten Werbung empfinden. Denn jeder, der befragt wird, schlüpft in die Rolle des Art Directors oder eines Tiefenpsychologen. Wenn eine Kampagne gut gemacht ist und den Konsumenten genau dann abholt, wenn er aufnahmebereit ist, dann stimmt die Werbung.

Christen: Dass der Konsument den Zeitpunkt wählen kann, ist für mich ein Argument für Print. Ist die Werbung nicht gut, habe ich in einer Zeitung die Möglichkeit weiterzublättern. Beim Fernsehen habe ich nur die Variante Wegschauen.

Huber: Für die Platzierung haben wir unsere Mediaspezialisten. Mit ihnen entscheiden wir, wo in einem Werbeblock und in welchen Gefässen wir sein wollen. So wird nicht nur einfach Geld ausgegeben, sondern ganz gezielt eingesetzt. Denn unsere Absicht ist nicht nur die Erreichung maximaler GRPs, sondern auch die Qualität des Umfelds zählt. Die ganze Diskussion um die Nutzungsgewohnheiten, das Blättern und Zappen, hat ja auch mit der Qualität der Kampagne zu tun. Das ist bei jedem Medium gleich. Und dem kann man nur mit guter Werbung entgegenwirken.

Christen: Die muss unterhaltend und humorvoll sein. Es genügt nicht mehr, nur mit dem Preis zu argumentieren. Auch wir müssen bereits im Inserat einen Mehrwert schaffen und mit Emotionen operieren: Das Flugerlebnis mit Belair, die lederbezogenen Sitze, die Menüwahl bekommen eine Relevanz für das eigentliche Produkt. Klar, das darzustellen geht im Fernsehen besser.

Huber: Unsere Werbung unterscheidet sich ja nicht grundsätzlich. Auch wir werben nicht mit dem Firmennamen Storck, sondern mit einer Monomarke, zum Beispiel Merci.

Christen: Hotelplan hat auch verschiedene Marken: zum Beispiel Interhome, Escolette, Utoring, Esco, M-travel. Bei Marken, die ganz klar auf ein Segment ausgerichtet sind, zum Beispiel Escolette auf die Jungen, versuchen wir stärker Markenführung zu machen. Und da ist auch die Medienwahl anders.

Huber: Unsere Marken sollen zum "Relevant Set" des Konsumenten gehören. Braucht er also zum Beispiel eine Geschenkschokolade, soll ihm spontan Merci in den Sinn kommen. Dies ist die Aufgabe unserer TV-Werbung.

Christen: Wer ins Reisebüro geht, hat ganz genaue Vorstellungen, wohin die Reise gehen soll. Entscheidend ist dann, was ihm der Fachmann empfiehlt, weniger der Anbieter.

Huber: Bei Storck heisst es: Die Marken sind unsere Helden. Dass Werthers und Merci von Storck kommen, damit wollen wir die Kunden gar nicht verwirren. Eine klare Monomarkenstrategie hat einen grossen Vorteil. Läuft ein Produkt nicht, können wir das Problem eindeutig bei dieser Marke lokalisieren und Korrekturen einleiten.

Christen Kommen denn Ihre TV-Spots für die Schweiz alle aus Deutschland, oder stellen Sie auch eigene her?

Huber: Es gibt keine eigenen Schweizer Spots, rein aus finanziellen Gründen.

Christen: Hotelplan ist auch ein internationaler Konzern. Die Marke hat aber in jedem Land eine ganz andere Bedeutung. Deshalb lassen sich TV-Spots auch nicht international einsetzen. In Holland sprechen wir eine sehr preisbewusste Zielgruppe an, in Italien gelten wir hingegen als exklusiv und teuer. Jedes Land hat somit seine eigene lokale Marketingstrategie. Hotelplan ist immerhin die Nummer acht im europäischen Reisemarkt, Kuoni die Nummer sechs. Das ist erstaunlich für unser kleines Land.

Huber: Darum erst recht: Es müsste doch euer Ziel sein, dass mir Hotelplan in den Sinn kommt, wenn ich an Veloreisen denke.

Christen: Durch den hohen Bekanntheitsgrad von Hotelplan funktioniert das auch, etwa übers Internet. Da ist die Marke entscheidend. Wir setzen in diesem Jahr rund 40 Millionen Franken über diesen Kanal um. 96 Prozent der Leute, die über www.hotelplan.ch buchen, waren noch nie in einem Reisebüro.


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