18.02.2018

Künstliche Intelligenz

«Die Zukunft gehört der Spracherkennung»

Unternehmen müssen fit werden für Sprachassistenten wie Alexa. Das rät Renée Mellow, bei Mediacom zuständig für Innovation durch Künstliche Intelligenz. Ein Gespräch über internetfähige Autos und weitere Werbeflächen der Zukunft.
Künstliche Intelligenz: «Die Zukunft gehört der Spracherkennung»
Als «Head of Emerging Digital Activation» verantwortet Renée Mellow bei Mediacom ein 125-Millionen-Digital-Budget. (Bild: zVg.)

Frau Mellow, Sie arbeiten bei Mediacom als Head of Emerging Digital Activation. Was genau machen Sie?
Das zu erklären, ist nicht ganz einfach. Meine Aufgabe ist es, die Kunden über digitale Möglichkeiten aufzuklären und Hilfestellung sowie Best Practices für die Aktivierung und das Testen dieser Bereiche bereitzustellen. Wir arbeiten mit Kunden, die über Daten verfügen und diese mittels künstlicher Intelligenz (KI) nutzen wollen. Um ein Bespiel zu machen: Wir unterstützten einen Kunden bei einem Facebook-Case mit Augmented Reality (AR). Wir arbeiten also in einem Gebiet, in dem es keine Benchmarks gibt und noch keine Regeln. Es ist also teilweise völlig neues Terrain, das wir betreten.

Können Sie noch ein weiteres besonders erfolgreiches Beispiel machen?
Da gibt es einen Kunden, der Chatbots für den Kundenservice nutzen wollte. Im Laufe des Projekts, wurde klar, dass eine Investition in KI diesem Werbetreibenden grosse Vorteile bringen würde, so dass schliesslich die KI-Entwicklung und Schulung zentral von uns aus gesteuert wurde. Wir haben jetzt einen fabelhaften Chatbot, der von einer starken KI gespeist wird, die in Zukunft auf anderen Plattformen genutzt werden kann.

Warum lohnt es sich für Unternehmen, an Funktionen für Alexa zu tüfteln?
In den USA ist Amazon sehr mächtig, viel mächtiger noch als in Europa. Laut Amazon geben Leute, die bei sich zuhause eine Alexa im Wohnzimmer stehen haben, mehr Geld auf Amazon aus als solche, die keine haben. Alexa ist also eine potentielle Verkaufsplattform. Und weil ja Firmen Verkaufsplattformen brauchen, lohnt es sich für sie, sich damit auseinanderzusetzen.

Was bedeutet das?
Die Zukunft gehört der Sprache und der Spracherkennung. Momentan sind die Funktionalitäten stark, aber nicht perfekt. Man kann also Alexa befehlen, ein bestimmtes Restaurant zu suchen, das Wetter abfragen oder sie bitten, ein bestimmtes Lied zu spielen. Doch Alexa, Google Home und andere Spracherkennungssysteme werden sehr rasch besser werden. Daher müssen sich die Firmen mit der Frage beschäftigen: Wie reden wir mit unseren Konsumenten? Wie tönt unsere Marke? Das ist ganz neues Terrain, und darauf müssen sich die Unternehmen vorbereiten.

Wie stehen wir denn als Gesellschaft in dieser ganzen Entwicklung mit Künstlicher Intelligenz?
In unserem Alltag interagieren wir bereits recht oft und kommen regelmässig mit KI in Kontakt – bei Netflix etwa, wo Sendungsvorschläge auf unserem früheren Verhalten basieren. Weitere Beispiele sind der E-Mail-Spamfilter, der Google-Assistent oder personalisierte Stichwortvorschläge bei Suchmaschinen.

In dieser Richtung wird es weitergehen.
Ja. Dort, wo Maschinen begonnen haben aus Daten zu lernen, werden sie weiter dazulernen und zwar sehr schnell. Wir können uns das vielleicht schlecht vorstellen, denn diese Entwicklung verläuft exponentiell.

Wo kommen Sie in Ihrer Arbeit mit KI in Kontakt?
Wir bei Mediacom wissen, dass KI ein unglaubliches Werkzeug sein kann, um die Arbeit, die wir für Kunden erledigen, zu automatisieren – unter bestimmten Umständen. Gewiss können menschliche Softskills niemals durch «die Roboter» ersetzt werden, aber es gibt viele Aufgaben in Media, die eine schnelle Datenanalyse erfordern. Wir sehen grosses Potenzial in der Analyse und bei «biddable Media».

Sie beschäftigen sich darüber hinaus mit «connected Cars». Warum sind internetfähige Autos eine wichtige Entwicklung für die Werber?
Das Auto wird zum Wohnzimmer. Wenn das Auto mit dem Internet verbunden ist, wird der Bildschirm vorne beim Armaturenbrett mehr und mehr zu einer Art TV-Bildschirm, respektive zu einem neuen Medienkanal. Ich kann mir gut vorstellen, dass dort, wo heute das Steuerrad und Knöpfe sind, bald einmal vier Bildschirme eingebaut sind: für Netflix, Spotify, usw. – sehr stark personalisiert. Wenn also jemand in die Berge fährt zum Skifahren, kann man ihm unterwegs gerade die entsprechend passende Werbung anzeigen. So viele potentielle Werbeflächen und Werbung im Auto – das ist doch vollkommen neu!

Was bedeutet das für Media- und Werbeagenturen?
Agenturen haben gute Voraussetzungen, um automatisierte Aufgaben als neues Geschäftsfeld besetzen zu können. Hier geht es um Datenanalyse, Automatisierung und Optimierung. Noch haben wir die Maschinen nicht, die das alles bewältigen können, vor allem die Silo-übergreifende Datennutzung ist noch nicht sehr weit fortgeschritten: Noch gibt es Google da und Facebook auf der anderen Seite. Künftig müsste es doch möglich sein, diese Daten ganzheitlich zusammenzuführen und die Datenpunkte gemeinsam betrachten und managen zu können. Das würde den Kunden einen absoluten Mehrwert bieten.

Könnten Marketingabteilungen das nicht selber tun?
Ich denke, dass es wichtig ist, die richtigen Experten zu finden, egal ob unternehmensintern oder extern. Marketingverantwortliche müssen in ihren Unternehmen dafür sorgen, dass die Daten zuerst zugänglich gemacht werden. Dann muss man sie qualitativ hochstehend aufbereiten und auf die Rechtmässigkeit überprüfen. Für das Management all dieser Aufgaben haben vor allem US-Unternehmen angefangen, «Chief Data Officers» anzustellen.

 


Renée Mellow startete ihre Karriere in Toronto, wo sie erste sogenannte Influencer und Social-Media-Kampagnen für Ikea und Samsung lancierte. Bei Mindshare Kanada lancierte Mellow erste automatisierte Social-Media-Kampagnen für American Express und Dove. Seit 2014 ist sie bei Mediacom.

 

 


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KOMMENTARE

Robert Tobler
19.02.2018 10:49 Uhr
Werbung unterwegs auf dem Bildschirm des Autos – nein danke!
Peter Zwissig
19.02.2018 09:31 Uhr
«Künftig müsste es doch möglich sein, diese Daten ganzheitlich zusammenzuführen und die Datenpunkte gemeinsam betrachten und managen zu können. Das würde den Kunden einen absoluten Mehrwert bieten.» Kann man dazu ein Beispiel haben, das sich NICHT um den Kauf eines normalen Produkts handelt?
Dieter Widmer
19.02.2018 05:22 Uhr
Mir kommt ein unangenehmer Schauer den Rücken hoch, wenn ich diesen Bericht lese. Sollen wir eigentlich zu Idioten der Werbung degradiert werden? Spracherkennung sei die Zukunft, heisst es. Nur spricht Renée Mellow in einer Sprache, dass niemand versteht, was sie meint. Vermutlich hat sie die Antworten gleich selber geschrieben. Sie bietet Best Practices an und sagt zugleich, es gebe noch gar keine Benchmarks. Ich bin froh, dass alles ganz anders kommen wird, als uns Renée Mellow weismachen will.
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