06.11.2003

Media coffee

Krisenkommunikation thematisiert

Diskussion vor 80 Medien- und PR-Schaffenden.

Anlässlich des media coffee von news aktuell schweiz diskutierten am 4. November im Technopark Zürich Monika Walser, Executive Director Corporate Communications sunrise; Daniela Decurtins, stv. Chefredaktorin Tages-Anzeiger; Martin Breitenstein, Redaktionsleiter NZZ Online; und Ulrich Bollmann, VR-Präsident Burson-Marsteller und Präsident des BPRA (Bund der PR-Agenturen) vor 80 interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern aus der PR- und Medienbranche.

Der Moderator Winfried Kösters, stv. Chefredaktor der Nachrichtenagentur sda, nahm gleich zu Beginn die E-Mail-Panne von sunrise als Beispiel einer konkreten Krisensituation und fragte Monika Walser, wieso sunrise erst 36 Stunden nach Beginn der Panne an die Öffentlichkeit trat.

Monika Walser erklärte, dass die Auswirkungen des E-Mail-Ausfalles massiv unterschätzt und die Kommunikationsabteilung deshalb gar nicht informiert wurde. Sunrise habe aber die Lehren daraus gezogen und die internen Kommunikationsabläufe verbessert. Sie empfiehlt ihren Berufskolleginnen und -kollegen bei ähnlichen Fällen in den betroffenen Abteilungen immer ganz genaue Abklärungen zu treffen und dadurch die Kontrolle über die Situation zu behalten.

Dass das Verhältnis zwischen Pressestellen und Medien oft problematisch ist, machten verschiedene Statements klar. Die Medien wünschten sich in gewissen Fällen eine transparentere, ehrlichere Kommunikation, während Pressestellen den Grundsatz vertreten, dass zunächst die Mitarbeiter und erst dann die Öffentlichkeit informiert werden soll. Für Daniela Decurtins haben gewisse Trends in den Medien -- Emotionalisierung, Personalisierung und auch Wettbewerbsdruck -- dazu geführt, dass in den Augen vieler der Journalismus rücksichtsloser geworden sei und die Selbstregulierung offensichtlich nicht genüge. Dies habe sich in einer zunehmenden Verrechtlichung der Medien niedergeschlagen. Diese dürfte nicht weitergehen, weil sonst die Medien in ihrer Aufklärungsfunktion eingeschränkt würden. Die Medien müssten deshalb ein Interesse daran haben, die Qualität des Journalismus von innen heraus zu stärken -- durch interne Weiterbildung und vor allem dem Durchsetzen von Standards in der täglichen Arbeit.

Martin Breitenstein ging auf ein weiteres Problemfeld in der Beziehung zwischen Pressestellen und Medien ein: Sperrfristen. Oft sei gar nicht klar wieso eine Sperrfrist gesetzt wurde oder der Grund sei nicht das Problem der Medien sondern des Unternehmens. So müsse zum Beispiel ein Unternehmen selber organisieren, dass die Belegschaft über bevorstehende Entlassungen vor der Öffentlichkeit informiert werde. Die Einhaltung der Sperrfrist könne in diesem Fall von den Medien nicht erwartet werden.

Auf die Frage, welches die kommunikativen "Todsünden" in einer Krise seien, zählte Ulrich Bollmann die für ihn schlimmsten Fehler auf. Ganz besonders ging er dabei auf die "Rückversicherungsstrategie" ein. Das sei die Strategie, in einer Krise bis zum berühmten aber nie eintretenden Moment warten zu wollen, an welchem alles abgeklärt sei und erst dann an die Öffentlichkeit zu treten. Dadurch werde die Informationsführung vollständig an Dritte abgegeben.

Zur Diskussion über jüngste Krisen bei Schweizer Grossunternehmen meinte Ulrich Bollmann: "Sobald die Öffentlichkeit den Eindruck gewinnt, ein CEO vertrete eher die eigenen Interessen als diejenigen seiner Unternehmung, steht er auf dem Abstellgleis."


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