30.05.2018

Ukraine / Russland

Angeblich erschossener Journalist lebt

Der tot geglaubte Arkadi Babtschenko ist am Mittwoch unverletzt bei einer Medienkonferenz erschienen.
Ukraine / Russland: Angeblich erschossener Journalist lebt
Quicklebendig: Der regierungskritische Journalist Arkadi Babtschenko. (Bild: Keystone)

Der angeblich in der Ukraine ermordete russische Journalist Arkadi Babtschenko ist am Leben. Der Reporter zeigte am Mittwoch während einer Pressekonferenz der Sicherheitsbehörden in Kiew überraschend der Öffentlichkeit. Die ukrainischen Sicherheitsdienste erklärten, man habe von einem russischen Plan zur Ermordung Babtschenkos erfahren und ihn vereitelt. Für die Tat sei ein ukrainischer Bürger angeheuert worden, der festgenommen worden sei.

Babtschenko entschuldigte sich für die Täuschung. Russland hatte die Verantwortung für den vermeintlichen Mord zurückgewiesen. In einer ersten Reaktion am Mittwoch erklärte das Aussenministerium in Moskau, man freue sich, dass Babtschenko doch am Leben sei.

Falsche Nachricht von Polizei verbreitet

Die Nachricht von der Ermordung Babtschenkos war am Dienstag von der ukrainischen Polizei verbreitet worden. Demnach wurde ihm auf der Eingangstreppe zu seinem Haus mehrmals in den Rücken geschossen. Er sei auf dem Weg ins Spital gestorben (persoenlich.com berichtete).

«Ich möchte mich für das entschuldigen, was Sie alle durchmachen mussten», sagte Babtschenko nun an die Journalisten gerichtet. Es habe keinen anderen Weg gegeben, sagte der 41-Jährige, der um Fassung rang. Babtschenko entschuldigte sich zudem bei seiner Frau, die «durch die Hölle gegangen» sei.

Laut den ukrainischen Behörden war der Mordanschlag von den russischen Sicherheitsdiensten in Auftrag gegeben worden. In dem Zusammenhang sei ein Ukrainer festgenommen worden, der für die Tat 40’000 Dollar erhalten habe. Der ukrainische Ministerpräsident Wladimir Groisman hatte noch am Dienstagabend Russland für die Tat verantwortlich gemacht. Die Regierung in Moskau wies dies zurück. 

Vorwürfe dieser Art seien der «Gipfel des Zynismus», sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Nach dem Wiederauftauchen von Babtschenko warf das Aussenministerium der Ukraine vor, den Journalisten zu Propaganda-Zwecken zu benutzen.

Kritik von Reporter ohne Grenzen

Die Organisation Reporter ohne Grenzen zeigte trotz der Freude über Babtschenkos Gesundheit kein Verständnis für das Vorgehen der ukrainischen Behörden. Es sei «bedauerlich», dass die Kiewer Polizei «mit der Wahrheit gespielt hat», erklärte ein Sprecher.

International war die Todesnachricht mit Empörung aufgenommen worden. Der deutsche Aussenminister Heiko Maas und sein britischer Amtskollege Boris Johnson forderten Aufklärung und machten sich für die Pressefreiheit stark.

Babtschenko ist einer der bekanntesten russischen Kriegskorrespondenten. In Moskau arbeitete er für die oppositionelle Zeitung «Nowaja Gaseta» und den liberalen Radiosender Moskauer Echo.

Er hat Russland im Februar 2017 verlassen, weil er nach eigenen Angaben um sein Leben fürchtete, nachdem er die russische Ukraine- und Syrien-Politik kritisiert hatte. Er lebte zunächst in Tschechien, später in Israel und schliesslich in Kiew.

Nicht unumstritten

Der scharfzüngige Kreml-Kritiker war innerhalb der russischen Opposition nicht unumstritten. Manche Oppositionelle hielten Babschenko vor, mit seiner aggressiven Rhetorik übers Ziel hinauszuschiessen. Zuletzt betätigte sich Babtschenko von Kiew aus für den krimtatarischen ukrainischen Sender ATR und betrieb einen sehr aktiven Internet-Blog.

Vor zwei Jahren war der weissrussische Journalist Pawel Scheremet, ein Kritiker der Regierung seines Heimatlandes und Freund des erschossenen russischen Oppositionsführers Boris Nemzow, bei einem Bombenanschlag in Kiew getötet worden. 

Das Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine ist seit 2014 zerrüttet. Wegen der russischen Annexion der Halbinsel Krim sowie Moskaus Unterstützung für Separatisten im Kriegsgebiet Donbass sieht sich die Ukraine im direkten Konflikt mit Russland. (sda/reu/dpa/afp/cbe)


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