31.07.2019

Presserat

Angeschuldigte müssen sofort angehört werden

Es reicht nicht aus, den Standpunkt einer angeschuldigten Person in einem zweiten Artikel nachzuschieben. Der Presserat heisst eine Beschwerde gegen das Neuenburger Regionalradio teilweise gut.
Presserat: Angeschuldigte müssen sofort angehört werden
Eine Journalistin des Neuenburger Radiosenders RTN bei der Arbeit. (Bild: Keystone)

Wird eine Person schwer angeschuldigt, muss sie ihren Standpunkt im ersten online veröffentlichten Artikel darlegen können. Eine Information am Morgen zu veröffentlichen und die Sichtweise der Person am Nachmittag nachzuschieben, reicht nicht aus und verstösst gegen den Journalistenkodex, schreibt der Presserat in einem Urteil vom Mittwoch.

RTN, das Neuenburger Regionalradio und in der Folge die anderen Radiosender der BNJ-Gruppe (RFJ und RJB) veröffentlichten am frühen Morgen einen Artikel, der über ein Mediationsgesuch eines Dutzends Mitarbeiter der Neuenburger Staatskanzlei bezüglich ihres Arbeitsklimas berichtete. Der Artikel spricht von «autoritärem Management, das bis zur Belästigung geht» und dass «sich die Vorwürfe gegen die Kanzlerin und den Vizekanzler» richteten. Beide werden namentlich genannt. Ein Mitglied der Neuenburger Regierung bestätigte das Mediationsgesuch.

Etwa zehn Stunden später äusserten sich Kanzlerin und Vizekanzler in den gleichen Medien. Der Vizekanzler reichte Beschwerde beim Schweizer Presserat ein: Er hätte angehört werden müssen und er hätte nicht namentlich genannt werden dürfen. Seiner Ansicht nach waren die von BNJ bereitgestellten Informationen «nicht sehr seriös».

Der Presserat weist diesen letzten Punkt zurück, da die Informationen ausreichend differenziert waren und von einem Regierungsmitglied bestätigt wurden. Der Rat ist zudem der Ansicht, dass der Vizekanzler namentlich genannt werden durfte, da er eine herausragende Stellung innehat und die Informationen mit dieser in Zusammenhang stehen.

Hingegen kommt der Presserat zum Schluss, der Beschwerdeführer hätte sofort angehört werden müssen. Er heisst die Beschwerde deshalb teilweise gut. (pd/wid)


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KOMMENTARE

Robert Weingart
01.08.2019 10:33 Uhr
Das sollten sich diejenigen beim Blick merken!
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