04.04.2018

Somedia

Ärger über Lebrument-Porträt im Tagi

Der Text vom Wochenende über den Somedia-Verleger sei «eine ausserordentliche Geschmacklosigkeit», sagt CEO Andrea Masüger. Der Tagi kontert: Angesichts des heiklen Themas seien die Gesprächspartner nur im Schutz der Anonymität zu Auskünften bereit gewesen.
von Edith Hollenstein

«Der Alte vom Berg», «kreisende Geier» oder aus dem «Palais Lebrument» sei ein «MausoLöum» geworden: Der Tagi bediente sich am Ostersamstag markigen Ausdrücken um Somedia-Verleger Hanspeter Lebrument nachzuzeichnen (persoenlich.com berichtete). Das «bittere Porträt» sorgt bei den Somedia-Chefs in Chur für Ärger. Der Beitrag sei «vom Zeitpunkt und von der Aufmachung her eine ausserordentliche Geschmacklosigkeit», sagt CEO Andrea Masüger am Dienstag auf Anfrage von persoenlich.com.

Masüger wirft dem Tagi-Autor Philipp Loser vor, sich auf anonyme Quellen zu berufen und ausschliesslich mit Gerüchten zu arbeiten. «So ist der Zusammenhang zwischen angeblichen geschäftlichen Problemen und dem neuen Medienhaus absolut abenteuerlich, ist es doch genau das Medienhaus-Projekt, das Somedia neue Geschäftsfelder erschlossen hat», so Masüger und nennt dabei als Beispiel den Druckvorstufen-Auftrag aus Basel. 

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Der Tagi-Text sei insgesamt kreditschädigend und für den Somedia-Verleger beleidigend. Masüger hätte anderes erwartet: «Dies ist umso enttäuschender, als der Artikel in einer Zeitung von Tamedia erschienen ist, deren Verleger mit Hanspeter Lebrument freundschaftlich verbunden ist und der auch sein Nachfolger als Verlegerpräsident wurde».

Keine Wertungen von anonymen Quellen

Loser lässt das nicht auf sich sitzen. «Ich habe für meinen Text mit mehreren Quellen aus dem Umfeld von Hanspeter Lebrument gesprochen. Angesichts des heiklen Themas waren meine Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner nur im Schutz der Anonymität zu Auskünften bereit», sagt er auf Anfrage.

Es handle sich um eine eigene Story-Idee, ohne Einfluss von oben, etwa durch Tamedia-Verleger Pietro Supino. «Die Redaktion bespricht und bestimmt Themen, nicht der Verleger. Im Fall von Hanspeter Lebrument war Aktualität gegeben: etwa wegen der Streichung der Bundeshausredaktion oder der geplatzten Fusion zwischen Südostschweiz und Bündner Tagblatt», so Loser. Das Thema sei jetzt aktuell, daher habe er nicht warten können, bis Lebrument aus den Ferien zurückgekehrt ist und eine Stellungnahme abgeben kann. 

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Zu anonymen Quellen hat gerade vor Monatsfrist Res Strehle Stellung bezogen. Der frühere Tagi-Chefredaktor hat im Auftrag von Tamedia eine interne Qualitätsanalyse durchgeführt und dabei als einen der grössten Mängel festgestellt, dass die anonyme Quelle zu häufig benutzt wird. «Damit kann man auch Akteure diffamieren. Das ist folglich ein gefährliches Instrument, das dazu verleiten kann, eine These ohne Transparenz der Quelle zu stützen», sagte Strehle im Interview mit persoenlich.com.

Für den Tamedia-Qualitätsexperten ist klar, dass bei Wertungen keine anonyme Quellen verwendet werden sollten. Strehle dazu: «Werten sollen nur identifizierbare und damit für den Leser einzuordnende Quellen. Und natürlich die Journalisten selber in ihren Meinungs- oder Autorenbeiträgen». 

Ob Somedia weitere Schritte einleiten wird, ist nicht klar. Das liege an Hanspeter Lebrument, er sei jedoch noch in den Ferien. 



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Kommentare

  • Sebastian Renold, 04.04.2018 09:38 Uhr
    Wenn die "freundschaftliche Verbundenheit" zweier Verleger in den Augen eines Chefredaktor ein journalistisches Kriterium darstellt, dann spricht das Bände (aber nicht für die journalistische Unabhängigkeit seines Mediums).
  • Victor Brunner, 04.04.2018 08:55 Uhr
    Andrea Masüger: "deren Verleger mit Hanspeter Lebrument freundschaftlich verbunden ist". Da outet sich das journalistische Verständnis des Herrn Masüger, über "Freunde" darf nur gut berichtet werden und Verleger sollen bitte schön die Arbeit der Journalisten kontrollieren!
  • Erich Heini, 03.04.2018 17:44 Uhr
    Loser ist ein Giftzahn. Aber Lebrument ist auch nicht dafür bekannt, Opponenten mit Samthandschuhen anzufassen. Eher schwach und der Sache gar nicht dienlich ist es, wenn abhängige Sekundanten meinen, verbal eingreifen zu müssen. Und noch weicher ist es bestimmt, wenn suggeriert bzw. gewünscht wird, ein Journalist (der diese Berufsbezeichnung verdient) müsse schon deswegen den Schongang einlegen, weil sein Verleger mit dem Objekt seiner Beurteilung nicht nur befreundet ist, sondern auch noch Nachfolger als Präsident der Verleger wurde.
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