09.10.2003

"Norbert Neininger, werden die Schaffhauser Nachrichten zum Tagi-Kopfblatt?"

Die Meier + Cie AG, Herausgeberin der Schaffhauser Nachrichten, und die Tamedia haben anfangs Woche einen Vertrag über die Zusammenlegung ihrer Bogendruckereien abgeschlossen. Ein erster Schritt in Richtung Übernahme durch die Zürcher?, wollte "persoenlich.com" von Norbert Neininger (Bild), CEO Meier + Cie und gleichzeitig Chefredaktor der Schaffhauser Nachrichten, wissen. Das Interview:

Tamedia und die Herausgeberin der Schaffhauser Nachrichten legen ihren Bogendruckerei in einer gemeinsamen Firma in Feuerthalen zusammen. Ist dies ein erster Schritt zur Übernahme der Schaffhauser Nachrichten durch den Tages-Anzeiger?

Nein, diese Kooperation hat nichts mit dem Zeitungsgeschäft an sich zu tun. Beide Mutterfirmen bleiben vollständig unabhängig, und es ist auch nicht so, dass die Tamedia eine Option auf eine Beteiligung an den Schaffhauser Nachrichten hätte, wie kolportiert wurde.

Tamedia-CEO Martin Kall interessiert sich zur Zeit angeblich für diverse Kleinverlage. Werden die Schaffhauser Nachrichten zum ersten Kopfblatt des Tages-Anzeigers?

Nochmals nein. Wie gesagt, geht es bei dem Deal ausschliesslich um das Druckgeschäft. Ich bin im übrigen überzeugt, dass wir mit der neuen Bogendruckerei sehr schnell in die Gewinnzone kommen.

Für wie realistisch halten Sie eine Kooperation des Tages-Anzeigers mit lokalen Titeln?

Es ist sicherlich so, dass zur Zeit viele und intensive Gespräche geführt werden. Ich gehe aber davon aus, dass die Tamedia, wenn überhaupt, dann vor allem im eigenen Kanton Partnerschaften respektive Kooperationen anstrebt. Wobei man wissen muss, dass die Verlage des Nordostschweiz-Kombis -- sprich die Zürichsee Zeitung, der Zürcher Oberländer, der Zürcher Unterländer, der Landbote, die Thurgauer Zeitung und unsere Schaffhauser Nachrichten -- ebenfalls über Kooperationen und über Zusammenarbeit in den verschiedensten Bereichen diskutieren.

Überall bauen die Zeitungen ab oder fusionieren. Wie lange können Sie sich in einem so kleinen und beschränkten Markt wie Schaffhausen halten?

Gerade in einem homogenen Markt mit hoher Identität kann eine Zeitung -- auch eine kleine Zeitung -- gut existieren, wenn sie für die Leute dieser Region unentbehrlich geworden ist und eine genügend grosse Abdeckung erreicht. Im übrigen steht hinter der Fusion oder dem Aufkauf einer Zeitung meist eine unrentable Druckerei. Aufgabe eines Medienunternehmens muss es daher sein, seine Druckerei gewinnbringend aufzustellen. Die Ertragskraft der Zeitungen darf langfristig nicht zur Quersubventionierung herangezogen werden.

Ihr hauseigener TV-Sender ist defizitär und auch Radio Munot bekundet Mühe. Sind crossmediale Strategien heute überhaupt noch tragbar?

Radio Munot fährt seit Jahren jeweils einen leichten Gewinn ein. Beim Fernsehen beläuft sich das jährliche Defizit auf 200'000 bis 300'000 Franken, das ist richtig. Ich buche das aber unter "Zukunftsinvestionen" ab, da ich überzeugt bin, dass in Zukunft crossmediale Strategien wichtiger werden. Die Verknüpfung von Radio, TV und Print wird sich dann als Riesenvorteil herausstellen, wenn die Wirtschaft und die Werbeauftragggeber erkennen, welch grosse Wirkung ein konzertierter Einsatz der verschienen Mediengattungen in einer Region haben kann. Wer Werbung macht, will weder inserieren, noch Spots schalten, er will schlicht und einfach Wirkung erzielen.

Hanspeter Rohner hat in einem "persönlich"-Interview gesagt, überregionale Zeitungen hätten zur Zeit wirtschaftlich generell ein Problem. Wo können die Kleinen dagegenhalten?

Wer klein ist, hatte nicht so viele Stelleninserate und konnte darum auch nicht so viele verlieren (lacht). Wenn beispielsweise ein Tages-Anzeiger oder auch eine NZZ in den guten Zeiten allein mit den Stellenanzeigen über 100 Mio. Franken mehr verdienen kann, dann ist es nur natürlich, dass expandiert und ausgebaut wird -- in allen Bereichen Und dann muss natürlich, wenn die Konjunktur einbricht, gespart werden. Generell hat aber, wer in einem klar umgrenzten -- notabene kleinen -- Markt eine wichtige Stellung einnimmt, eine bessere Ausgangslage als ein Grosser, dessen Markt nicht so genau definiert ist, weil er sich mit anderen überlappt. Abgesehen davon waren wir immer sehr bescheiden und sparsam, und können davon nun auch ein wenig profitieren.

Die Schaffhauser Nachrichten sind als eine der wenigen Zeitungen nicht der Publicitas angeschlossen. Was sind die Gründe für Ihren Alleingang?

Wir sind zwar nicht verpachtet, arbeiten aber sehr gut mit der Publicitas zusammen. Eigenständige Partner können meines Erachtens besser kooperieren als solche, die abhängig voneinander sind.

Im Verband Schweizer Presse vertreten Sie die kleinen und mittleren Verlage. Wie gross schätzen Sie die Gefahr ein, dass die Interessen der Grossen und Kleinen aufgrund der wirtschaftlichen Lage jetzt definitiv auseinanderdriften?

Das ist tatsächlich ein Grundproblem, das wir haben. In Deutschland zum Beispiel gibt es aus diesem Grund einen Verband für die grossen und einen für die lokalen Verlage, ein Modell, gegen das wir uns jedoch klar ausgesprochen haben. Ich rechne nicht damit, dass es zu einer eigentlichen Machtprobe kommt. Wenn jeder bereit ist, seine Eigeninteressen ein wenig zurückzustellen, sollte ein Konsens möglich sein. Harte Diskussionen gab es aber bereits, vor allem beim Thema Presseförderung, und weitere wird es sicherlich auf anderen Gebieten geben. Die Grossen und die Kleinen ziehen zwar immer am selben Strick, jedoch nicht immer auf derselben Seite.


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