14.03.2024

Slapp-Klagen

Nur wenige Fälle in der Schweiz

Eine ZHAW-Studie hat die Gefahren von missbräuchlichen Klagen für die Medienbranche untersucht. Dabei wurde klar: Nur die wenigsten Redaktionen sind direkt davon betroffen. Dennoch bevorzugt die Mehrheit der Befragten brancheninterne Lösungen.
Slapp-Klagen: Nur wenige Fälle in der Schweiz
Trotz ihrer Seltenheit birgt das als Slapp bezeichnete Phänomen erhebliche Gefahren für den Journalismus. (Bild: generiert mit stablediffusionweb.com)

Mit missbräuchlichen Klagen sollen Journalistinnen und Journalisten eingeschüchtert oder mundtot gemacht werden. Erhoben werden sogenannte Slapps («Strategic Lawsuits against Public Participation») in der Regel durch finanzstarke und einflussreiche Personen oder Organisationen.

Eine Studie der ZHAW liefert erstmals Erkenntnisse zu Häufigkeit, Dynamik, Betroffenen, Klägerinnen und Klägern sowie zu möglichen Effekten auf den Journalismus in der Schweiz. Ein Forschungsteam um Medien- und Kommunikationswissenschaftler Vinzenz Wyss hat dazu Leitfadeninterviews mit 19 Rechtsexperten, Chefredaktorinnen sowie Branchenvertretern geführt. Zusätzlich nahmen 142 Medienschaffende in Leitungspositionen an einer Onlineumfrage teil, wie es in einer Mitteilung vom Donnerstag hiess. Die Studie wurde vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) im Rahmen des Nationalen Aktionsplans in Auftrag gegeben.

Die Befunde zeigen, dass nur wenige Redaktionen in der Schweizer Medienbranche Erfahrungen mit Slapp-Klagen haben, heisst es. Allerdings seien viele Befragte besorgt, dass Slapps die journalistische Arbeit durch finanzielle und zeitliche Belastung erheblich erschweren können. Sie sehen ausserdem die Gefahr eines «chilling effects», eine Art Selbstzensur, und eines möglichen Verlust der journalistischen Watchdog-Funktion.

«Mitten ins Herz» des Journalismus

Laut der Studie ist bei Rechtsexpertinnen und Rechtsexperten das Bewusstsein zu wenig angekommen, dass Slapps «mitten ins Herz» des Journalismus zielen. «Anders als in anderen Bereichen haben Slapp-Klagen oder deren Androhung zur Folge, dass der Journalismus in der Ausübung seiner Kernfunktion beeinträchtigt wird; nämlich in der Erwartung, aufgrund investigativer Recherchen auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen», wird Studienautor Vinzenz Wyss zitiert.

Die Mehrheit der befragten Rechtsexpertinnen und -experten sei allerdings auch der Ansicht, dass bestehende Gesetze – insbesondere die Zivilprozessordnung (ZPO) – ausreichen würden, um gegen Slapps vorzugehen. Einige der Befragten und insbesondere Medienvertreterinnen und -vertreter würden dennoch rechtliche Massnahmen vorschlagen, darunter eine Reduzierung der finanziellen Belastungen für Medien sowie die frühzeitige Durchsetzung des Rechtsschutzes gemäss Artikel 59 ZPO.

Aus rechtswissenschaftlicher Perspektive werden laut Mitteilung starke Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit der vorgeschlagenen rechtlichen Massnahmen geäussert. Einige Befragte sehen die Lösung daher vor allem in brancheninternen Massnahmen, darunter der Zugriff auf gemeinsam genutzte Rechtsressourcen, einen Fonds, den verstärkten Wissens- und Erfahrungsaustausch sowie die Sensibilisierung von Medienpolitik und Öffentlichkeit.

Im letzten Herbst wurde bekannt, dass in der Schweiz eine neue Allianz aus Nichtregierungsorganisationen und Medienschaffenden gegen sogenannte Slapp-Klagen vorgeht (persoenlich.com berichtete). (pd/cbe)


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren