18.11.2002

Radio 105

Offener Brief an den Gesamtbundesrat betreffs neues RTVG

Sieben Gedankenanstössen formuliert.

Am Mittwoch berät der Gesamtbundesrat zum neuen RTVG. Am Dienstag hat sich Giuseppe Scaglione, Gründer und Geschäftsführer von Radio 105, mit einem offenen Brief an das Gremium gewandt. "persoenlich.com" bringt diesen im Originalwortlaut:

"Sehr geehrte Damen und Herren

Das neue RTVG rückt näher und wird von Ihnen beraten werden. Radio 105, der Jugendsender und das erste sprachregionale private Kabelradio der Schweiz, möchte Sie bitten, die folgenden Gedanken in Ihre Diskussion einzubeziehen.

1. Das neue RTVG ist ein Meilenstein für die Zukunft: Nun werden gesetzlich neue Weichen gestellt, die für viele Jahre die Schweizer Medienlandschaft prägen werden.

2. Die Medienwirtschaft erwartet vom Bundesrat zukunftorientierte Zeichen: Die privaten Medienunternehmen erhoffen sich vom Bundesrat, dass er Rahmen-bedingungen für eine liberale Marktordnung schafft, die privaten Anbietern Perspek-tiven bieten, und die Grundlagen für einen wirklichen Medien-Pluralismus abgeben.

3. Der diffuse, öffentliche Leistungsauftrag soll durch rechtlich klare Ziel-Vorgaben für die SRG abgelöst werden. Es sollte zudem formuliert werden, dass die SRG nur solche Leistungen anbieten darf, die der Markt nicht erbringen kann.

Die privaten Medienunternehmen erwarten, dass faire Wettbewerbsbedingungen hergestellt werden. Die allgemein gehaltenen, beliebig interpretierbaren Formulierungen des Gesetzes sollen durch handhabbare Formulierungen abgelöst werden, welche die zu erfüllenden Aufgaben der SRG a) möglichst prägnant vorgeben (Aufgaben- und Leistungskatalog), und sie b) ebenso präzise eingrenzen.

4. Die der SRG verfügbaren Ressourcen sollen im Gesetz klar benennt werden: Eine klare Formulierung wäre, dass der SRG zur Erfüllung ihres Leistungsauftrags z.B. max. 2 UKW-Radioprogramme pro Sprachregion und, inkl. Sprachaustausch, max. 50 Prozent der verfügbaren UKW-Frequenzen zur Verfügung stehen. Es ist unverständlich, dass 1 Mio. Jugendliche in der Deutschschweiz kein privates sprachregionales UKW-Radio zugesprochen erhalten.

5. Die entwicklungspolitisch relevanten Rahmenbedingungen für Private sollen präzise definiert und generell verbessert werden: Es wäre zunächst explizit zu verankern, dass 50 Prozent der UKW-Frequenzen Privaten zur Verfügung stehen, und dass Radio-Werbung UND -Sponsoring den Privaten vorbehalten ist (die SRG kann ihre Marktmacht und Gebührenfinanzierung einsetzen, um den Wettbewerb zu verzerren, z.B. durch Dumping-Preise im Sponsoring-Bereich).

Es sollte im Gesetz zudem explizit formuliert werden, dass die SRG keine Konkurrenz-Programme zu den Privaten entwickeln und anbieten darf. Es gibt keine plausible Legitimierung für SRG-Angebote wie Virus, Musigwälle 531, DRS 3 oder SF Info u.a.m.

6. Die Kabelnetzbetriebe sollen eine Verbreitungspflicht für konzessionierte Programme erhalten: Es sollte in Zukunft nicht weiter vorkommen, dass Kabelnetzbetreiber Radioprogrammen, welche eine bundesrätliche Konzession erhalten haben, die Aufschaltung verwehren können. Mit dem Argument der belegten Kanäle kann und wird Aufschaltpolitik betrieben. Politische und wirtschaftliche Verflechtungen und Interessen können zu "willkürlichen" Ablehnungen bzw. Aufschaltungen führen, sodass die marktmächtige Cablecom zur faktischen Konzessionierungsbehörde geworden ist. Dies kann wohl nicht im Sinne des Gesetzgebers sein.

7. Die Medienunternehmen erwarten einen mutigen Schritt in die Zukunft: Wir stehen an einer neuen Schwelle des Medien- und Informationszeitalters. Die Schweiz hat immer noch eine extrem SRG-beherrschte Szene. Die hohe politische Bedeutung der SRG macht dies durchaus verständlich. Diese Starrheit bietet jedoch keine guten Rahmenbedingungen für private Initiativen und nachfragegerechte, flexible Weiterentwicklungen des Medien-Angebots. Wir geben unserer Hoffnung Ausdruck, dass Sie als oberstes Führungsgremium der Schweiz diese Dimension in Betracht ziehen und Wege für zukunftsorientierte Lösungen bahnen.


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