21.01.2003

Presserat

Porträt eines Kleindealers teilweise kritisiert

Beschwerde gegen den Zürich Express teilweise gutgeheissen.

Der Schweizer Presserat hat eine Beschwerde gegen den Zürich Express teilweise gutgeheissen. Ein drogenabhängiger Kleindealer hatte ein Porträt gerügt, das der Gratisanzeiger über ihn verfasst hatte. Der Zürich Express hatte am 29. Mai 2002 im Rahmen seiner Serie "Stadtmenschen" einen drogensüchtigen Kleindealer porträtiert. Der Artikel nannte seinen Gassennamen, aber auch seinen bürgerlichen Namen. Illustriert wurde der Artikel mit einem unretuschierten Foto.

Der Porträtierte gelangte daraufhin an den Presserat und rügte unter anderem, seine Privatsphäre sei verletzt worden. Der Beschwerdeführer sei sich allerdings nicht mehr sicher gewesen, ob er verlangt habe, dass sein Foto nur in Konturen erscheine, schreibt der Presserat in einer Mitteilung vom Dienstag. Er habe aber zu Protokoll gegeben, ausdrücklich verlangt zu haben, dass nur sein Gassenname genannt werde. Der Beschwerdeführer führte ins Feld, dass der Artikel im Zürich Express für ihn schwere Folge haben könnte. Möglicherweise drohe ihm nun ein Strafverfahren. Inhaltlich hatte er am Text nichts auszusetzen.

Der Zürich Express machte demgegenüber geltend, diese Ausführungen des Beschwerdeführers seien nicht korrekt. Nach Ansicht des Gratisanzeigers wurde der Porträtierte von der Journalistin explizit zu diesen Punkten befragt. Der Beschwerdeführer habe vielmehr die Redaktion kontaktiert, um seine Lebensgeschichte öffentlich zu machen.

Der Presserat wies diesen Beschwerdepunkt ab. Es sei nicht seine Aufgabe, bestrittene Faktenbehauptungen in einem Beweisverfahren auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. In einem Punkt gab der Presserat dem Beschwerdeführer allerdings recht: Der Text hätte dem Porträtierten vor der Publikation zur Autorisierung unterbreitet werden müssen. Die Pflicht zur Autorisierung von Zitaten bestehe immer, wenn für einen Medienbericht ein längeres Recherchegespräch stattgefunden habe.


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