30.10.2012

"Weltwoche"

Von Presserat wegen Roma-Titelbild gerügt

Foto in anderem Kontext publiziert.

Der Presserat hat eine Beschwerde gegen die "Weltwoche" wegen des umstrittenen Titelbilds zum Thema Roma gutgeheissen. Die Wochenzeitung suggeriere der Leserschaft, dass das abgebildete Kind Teil der Roma-Kriminalität sei. Nicht beurteilt hat der Presserat hingegen den Artikel. Anlass für die Beschwerde war ein Titelblatt der "Weltwoche" vom vergangenen April, worauf ein kleiner Roma-Knabe abgebildet war, der mit einer Pistole aufden Betrachter zielte. Das Bild mit der Legende "Die Roma kommen: Raubzüge durch die Schweiz" illustrierte einen Bericht über Roma-Kriminalität.

An den Presserat gelangten der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sowie ein Berner Student und 41 Mitunterzeichner. In seiner Stellungnahme vom Dienstag kommt der Presserat zum Schluss, dass die "Weltwoche" nicht den Kontext sichtbar gemacht habe, in dem das Bild entstanden sei. Das Foto stammt aus dem Jahr 2008 und wurde auf einer Kehrichtdeponie am Rande der kosovarischen Stadt Gjakova aufgenommen. Weder auf dem Titelblatt noch auf den Folgeseiten habe sich ein Hinweis darauf gefunden, schreibt der Presserat. Die Zeitung hätte deshalb das Bild als Symbolbild bezeichnen müssen.

Verwendung in ganz anderem Kontext

Die Wochenzeitung habe aber nicht nur die Deklaration unterlassen, sondern das Bild in einem "ganz anderen Kontext" verwendet. Der Presserat beanstandete insbesondere die Verknüpfung von Bild und Text. In Kombination mit den Legenden suggeriere das Bild der Leserschaft in wahrheitswidriger Weise, dass der abgebildete Knabe Teil der Roma-Kriminalität sei. Gerade die Ambivalenz zwischen der dokumentarischen und der symbolischen Funktion des Bildes sei problematisch. Die "Weltwoche" hatte argumentiert, dass das Bild die "Verbindung von Kind, Kriminalität und Verwahrlosung" symbolisch auf den Punkt bringe. Im Urteil des Presserates ist für den Betrachter diese Interpretation - ohne Kenntnis der Hintergründe - nicht "klar ersichtlich".

"Eindeutig zu weit" geht die "Weltwoche" laut dem Presserat mit der Aufmachung der Titelseite. Die Zeitung hätte darauf achten müssen, die berechtigte Kritik an den Kriminaltouristen nicht auf "alle Roma" auszudehnen. Die generalisierende Formulierung "Die Roma kommen" stelle damit alle Roma potentiell als Kriminelle hin. Das Bild löste Empörung und heftige Reaktionen in der Schweiz, Deutschland und Österreich aus. Nachdem mehrere Anzeigen wegen Verdachts auf Rassendiskriminierung eingereicht worden waren, eröffnete die Zürcher Staatsanwaltschaft im Juni ein Strafverfahren gegen die "Weltwoche", das sie aber einen Monat später wieder einstellte, weil die Roma nicht als Volk herabgesetzt würden. Auch die Wiener Staatsanwaltschaft stellte im Juli ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen die "Weltwoche" ein. (sda)


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