05.10.2015

Henning Mankell

Ein knurriger Kommissar machte ihn zum Star

Der Erfinder von Kommissar Wallander ist mit 67 Jahren in Göteborg gestorben.

Kommissar Kurt Wallander machte ihn berühmt. Einen Roman nach dem anderen schrieb der schwedische Autor Henning Mankell über den mürrischen Ermittler aus Ystad. Kaum gedruckt, rissen ihm Leser auf der ganzen Welt die Geschichten gierig aus den Händen. Mehr als 20 Millionen Bücher verkaufte Mankell im deutschsprachigen Raum – davon allein 15 Millionen Wallander-Krimis.

Weltweit setzte der Handel über 40 Millionen Mankell-Bücher ab, davon der Grossteil Wallander-Krimis, wie Christina Knecht vom Hanser-Verlag gegenüber der Nachrichtenagentur SDA sagte. Ein Bestseller nach dem anderen – von "Mörder ohne Gesicht" bis "Mittsommermord" – wurde verfilmt. Doch Mankell war mehr als ein rastloser Krimi-Schreiber.

Immer war der Schwede mit mehreren Projekten gleichzeitig beschäftigt – schrieb einen neuen Thriller, drehte eine Serie für das schwedische Fernsehen, produzierte ein neues Theaterstück.

Das erste, was er je geschrieben habe, sei ein einseitiger Aufsatz über Robinson Crusoe gewesen, verriet Mankell auf seiner Internetseite. "Das war der Moment, in dem ich Schriftsteller geworden bin."

Afrika hat ihn verändert

Neben Skandinavien nannte der gebürtige Stockholmer Afrika seine Heimat. Seit Mitte der 80er Jahre verbrachte Mankell viel Zeit in Mosambiks Hauptstadt Maputo, arbeitete dort an einem Theater, engagierte sich gegen Armut und Analphabetismus.

"Meine Zeit zwischen Afrika und Europa aufzuteilen, hat mir Perspektiven und Distanz geschenkt, und ich glaube, es hat mich zu einem besseren Europäer gemacht", erklärte Mankell online. "Beide Orte sind mein Zuhause."

Der Schwede schrieb auch über den Kontinent: "Der Chronist der Winde" über das Leben von Strassenkindern in Maputo war 1995 der erste in einer Reihe von Afrika-Romanen. 2012 erschien "Erinnerung an einen schmutzigen Engel", in der Mankell das Leben einer schwedischen Bordell-Besitzerin in Mosambik vor einem Jahrhundert beschrieb.

Mankell und Wallander mochten sich nicht

Keine Bücher des Schweden sind jedoch so beliebt wie die Krimis um den knurrigen Kommissar Wallander. Dabei war der Ermittler seinem literarischen Vater gar nicht so sympathisch, wie Mankell auf seiner Internetseite schrieb: "Ich bin mir nicht sicher, ob wir Freunde wären, wenn wir uns im richtigen Leben treffen würden. Wir teilen die Liebe zur Musik und eine calvinistische Arbeitseinstellung, aber ansonsten sind wir ziemlich verschieden und ich mag ihn nicht besonders."

Trotzdem liess der Schriftsteller seinen Romanhelden 2013 noch einmal zurückkehren, als er sich längst von ihm verabschiedet hatte. In "Mord im Herbst" hatte Wallander seinen allerletzten Auftritt.

Nicht nur in Mankells Büchern spielten Gesellschaftskritik und Politik oft eine Rolle. Politisch engagierte sich der Sohn eines Richters und überzeugte Sozialist auch für die Sache der Palästinenser.

Einsatz für die Palästinenser

2010 machte Mankell die Reise der "Gaza-Hilfsflotte" Richtung Palästina mit, die von israelischen Soldaten mit einem blutigen Einsatz gestoppt wurde. Neun türkische Mitreisende starben. Nach seiner mehrtägigen Internierung warf der Autor Israel "Seeräuberei und Kidnapping in internationalen Gewässern" vor.

Ende 2013 wurde bei Mankell ein bösartiger Tumor festgestellt. Als der Schwede seine Krebserkrankung im Januar 2014 in der Zeitung "Göteborgs Posten" öffentlich machte, ereilten ihn Genesungswünsche aus aller Welt. "Ein Kampf aus der Perspektive des Lebens", überschrieb er seinen Text.

Mit einer Kolumne gegen den Tumor

Jeden Schritt des Kampfes beschrieb der beliebte Schriftsteller den Lesern von da an in einer Kolumne für die Zeitung. "Im Nachhinein kann ich nun an das Ganze wie an einen langen Alptraum denken, der keine Rücksicht darauf nahm, ob ich schlief oder wach war", berichtete Mankell dort über die Anfangszeit seiner Krankheit.

Doch selbst dieser tückische Tumor inspirierte den Literaten noch zu einem Buch: Im gerade auf Deutsch erschienenen "Treibsand" sinniert Mankell über sein Leben mit der Krankheit, seine Angst vor dem Tod und sucht eine Antwort auf die Frage, "was es heisst, Mensch zu sein". Hier kommen die Leser dem Literatur-Weltstar noch einmal sehr nahe.

An seiner Seite stand zuletzt vor allem ein Mensch: Dankbar, schrieb Mankell in seiner Kolumne, sei er vor allem für die Unterstützung seiner Frau Eva – einer Tochter des berühmten Filmregisseurs Ingmar Bergman, mit der er seit 1998 verheiratet war.

Henning Mankell starb am frühen Montagmorgen in Göteborg. Er wurde 67 Jahre alt. (sda/dpa)


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