06.04.2015

Trauerfall

Mathias Gnädinger gestorben

Der 74-Jährige erlag überraschend einem Lungenversagen.
Trauerfall: Mathias Gnädinger gestorben

Gnädinger habe noch viel vorgehabt, sagten die Regisseure Paul Riniker und Markus Fischer am Sonntag in einer Sondersendung des SRF-Magazins "glanz & gloria Weekend". Fischer wollte mit ihm eine siebte Kommissär-Hunkeler-Folge mit dem Titel "Hunkelers Geheimnis" drehen.

Auch Paul Riniker, dessen Tragikomödie "Usfahrt Oerlike" mit Gnädinger als Willi und Jörg Schneider als lebensmüdem Hans noch immer erfolgreich in den Kinos läuft, plante ein weiteres Projekt mit Gnädinger: eine Fortsetzung mit dem Titel "Willi, Willi".

Nun hat sich aber eine Prophezeiung aus "Usfahrt Oerlike" unerwartet erfüllt: "I stirb wohrschiinli vor Dir", sagt darin Willi zu Hans, dessen Darsteller Schneider im wirklichen Leben an Krebs erkrankt ist. "Isch das wieder aine vo dine blöde Witz?", kontert Hans.

Abschiedsbrief

Mathias Gnädinger hat ein allfälliges Sterben trotz seiner Filmpläne wohl auch nicht als Witz verstanden: Bevor er vor ein paar Monaten zu Dreharbeiten für seinen letzten Film "Der grosse Sommer" - er kommt noch dieses Jahr ins Kino - abreiste, verfasste er einen Abschiedsbrief an seine Frau, die beiden erwachsenen Kinder und die vier Brüder. "Gnüsseds und hebets guet", stand darin sinngemäss, wie Gnädingers Bruder Angelo am Samstag auf einer Medienkonferenz sagte.

"Er war ein widerspenstiger, unangenehmer Schauspieler", formulierte es Schauspieler Gilles Tschudi im "SonntagsBlick". Dabei nahm Gnädinger sich selber nicht aus. Als Schüler sei er ein "fauler Siech" gewesen und später ein "Schafsäckel" und "Tubel", sagte er wiederholt in Interviews. Das Urteil eines Bauern, der ihn "knorrig, stark, dick und ungehobelt" nannte, empfand er als Kompliment.

Knapp 200 Rollen

Geboren wurde Gnädinger am 25. März 1941 in Ramsen SH. Nach der Schriftsetzerlehre meldete ihn sein Onkel "Seppel", der Bauer, Kunstmaler, Missionar und Dorftheater-Schauspieler Josef Gnädinger, auf der Schauspielschule an. Es folgten Engagements am Zürcher Neumarkt Theater sowie in Kassel, Essen, Mannheim, Bremen und Berlin.

Parallel zu den 130 Bühnenrollen spielte Gnädinger ab 1968 auch in etwa 60 Kino- und TV-Filmen, so in "Das Boot ist voll" (1981), "Reise der Hoffnung" (1990), "Leo Sonnyboy" (1991) "Sternenberg" (2004), "Marmorera" (2007) und "Länger leben" (2010).

Preise sind wie Hämorrhoiden

Dem ganz breiten Publikum ist er aber eher aus dem Fernsehen bekannt: ausser als Hunkeler vor allem als Bauer Ruedi in der Soap "Lüthi und Blanc".

1985 erhielt Gnädinger den Zürcher Filmpreis. Die grossen Schauspiel-Ehren - Hans-Reinhart-Ring und Prix Walo (1996) sowie den Schweizer Filmpreis (2003 für "Big Deal") - erhielt er relativ spät.

Deshalb zitierte er bei der Verleihung des Reinhart-Rings Billy Wilder: "Mit Preisen ist es wie mit Hämorrhoiden. Ab einem gewissen Alter bekommt sie jedes Arschloch". (sda)

Bild: Keystone



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