Vor genau einem Monat hat der Journalistenverband impressum Anzeige gegen Tamedia erstattet (persoenlich.com berichtete). Im Interview mit persoenlich.com kündigte impressum-Geschäftsführer Urs Thalmann an, dass man nun jeden Monat im Rahmen der Kampagne "Jetzt schlägt's 13" eine ähnliche Aktion plane.
Im Februar trifft es nun Ringier: Weil die Arbeitszeiten der Redaktionsmitarbeitenden des Zürcher Medienunternehmens nicht erfasst werden, haben die Journalistenverbände impressum und syndicom beim Stadtzürcher Arbeitsinspektorat eine Anzeige eingereicht. Man wolle auf die Überlastung der Medienschaffenden hinweisen, heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung. Ringier müsse zusammen mit dem aufgerufenen Arbeitsinspektorat die Situation überprüfen.
Suche nach Lösungen bei der Arbeitszeiterfassung
Das Medienhaus Ringier reagierte überrascht auf den Zeitpunkt der Anzeige. "Wir haben gegenüber impressum stets Dialogbereitschaft bewiesen", sagte Ringier-Sprecher Edi Estermann gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Seit längerer Zeit sei zudem ein Termin mit dem zuständigen Arbeitsinspektorat vereinbart. Ringier und die Personalkommission seien bereits auf der Suche nach geeigneten Lösungen bei der Arbeitszeiterfassung. Die Arbeitgeber hätten gemäss Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) zudem bis zum 1. April Zeit, geeignete Massnahmen im Dialog mit den Mitarbeitenden zu ergreifen, sagte Estermann.
"Umso besser", meint impressum-Geschäftsführer Urs Thalmann gegenüber persoenlich.com. Man habe nichts vom Termin mit dem Arbeitsinspektorat gewusst und auch nicht, dass Ringier diesbezüglich bereits nach Lösungen suche.
Ringier bedauert "kontraproduktives Vorgehen"
Bei Ringier kritisieren die Journalistenverbände vor allem den fehlenden Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für die Deutschschweiz und das Tessin. Der vertragslose Zustand sei der Hauptgrund für das Problem. Dieser jähre sich nun bald zum zehnten Mal. Die aktuellen Fälle zeigten, wie dringend notwendig es sei, einen neuen GAV auszuhandeln. Trotz jahrelanger Bemühungen und etlicher konstruktiver Vorschläge seitens der Journalistinnen und Journalisten seien bisher weder Ringier noch der Verlegerverband bereit gewesen, eine sozialpartnerschaftliche Lösung zu suchen, heisst es weiter. Für den Gesundheitsschutz bleibe deshalb nur das Arbeitsgesetz, welches eine Arbeitszeiterfassung verlange.
Der Ringier-Sprecher bezeichnete den Versuch der Journalistenverbände, die ins Stocken geratenen Verhandlungen bezüglich GAV nun so zu reaktivieren, als kontraproduktiv. "Dass die konstruktive Haltung von Ringier nun einseitig aufgekündigt wird, bedauern wir", sagte er.
Das Problem überlanger, gesetzeswidriger und nicht erfasster Arbeitszeit existiere nicht nur bei Ringier, sondern in der ganzen Medienbranche, schreiben die Journalistenverbände.
Am Donnerstag wurden von 12-14 Uhr an der Dufourstrasse 23 Flyer verteilt. Die beiden Journalistenverbände impressum und syndicom informierten die Journalistinnen und Journalisten der Blick-Gruppe über die Anzeige beim Arbeitsinspektorat.
Weitere Materialien:
Offener Brief an Ringier schreiben_an_ringier.pdf
Schreiben an den Verband Schweizer Medien: schreiben_an_vsm.pdf
Interview mit "Herr Stress": flyer_herr_stress_im_interview.pdf
Weitere Infos gibt es auf impressum.ch. (pd/sda/set)
Bild: Urs Thalmann