11.12.2014

NZZ

Aufstand gegen die Schliessung der Druckerei

660 Unterschriften innert zweier Wochen, nun sollen auch Politiker unterschreiben.
NZZ: Aufstand gegen die Schliessung der Druckerei

Bei der NZZ rumort es. Nach der überraschenden Entlassung von Chefredaktor Markus Spillmann, rückt jetzt die Druckerei in Schlieren wieder in den Fokus. Ab dem 30. Juni 2015 sollen die "Neue Zürcher Zeitung" und die "NZZ am Sonntag" bei Tamedia gedruckt werden. Dagegen regt sich Widerstand: Die NZZ-Personalkommission (PeKo) und die Betriebskommission in Schlieren (BKS) sind zusammen mit den Gewerkschaften seit rund zwei Wochen daran, Unterschriften gegen die Schliessung der Druckerei zu sammeln. 

Waren es vor Wochenfrist noch 330 (persoenlich.com berichtete), sind jetzt bereits 660 Unterschriften zusammengekommen, wie es in einer mit "Zwischenbericht Konsultationsverfahren NZZ Print" betitelten Mitteilung heisst.

"Die Petition haben neben Mitarbeitern aus Schlieren auch sehr viele Redaktoren der NZZ und der NZZ am Sonntag unterschrieben, sowie Auslandkorrespondenten und Ehemalige", erklärt PeKo-Präsidentin Brigitte Hürlimann auf Anfrage von persoenlich.com. Daneben sei auch die Leserschaft besorgt und viele Inserenten hätten sehr negativ reagiert, da sie eine Einbusse an Druckqualität und Flexibilität befürchten würden. Daher soll die Aktion breiter gefahren werden: "Ab Donnerstag werden wir zudem in Bern bei Bundespolitikern Unterschriften sammeln", so Hürlimann. Zudem wurde unter "Rettet die NZZ" eine entsprechende Facebook-Seite aufgeschaltet.

Druckerei laufe auf Hochtouren
Daneben haben die beiden Kommissionen Informationen zur betriebswirtschaftlichen Situation der Druckerei eingeholt. Dabei zeige sich: Die Druckerei rentiere. "Die Auftragslage ist heute so gut wie noch nie, die Maschinen laufen auf Hochtouren, die Mitarbeiter schieben seit Monaten Überstunden und es ist gelungen, einen höchst interessanten Grossauftrag zu akquirieren, der bei einer Schliessung gefährdet wäre (weil er im Sankt Gallischen nicht in vollem Umfang gedruckt werden kann)", heisst es in der Mitteilung. Zudem stelle man fest, dass Drittkunden durch die angekündigte Schliessung verunsichert reagieren, Sicherheiten fordern und von Konkurrenz-Druckereien intensiv umworben werden.

Ausgezeichnete Lage
Die Druckerei Schlieren sei essentiell, denn "sie gewährleistet eine einmalige, hochstehende Qualität, die von anderen Druckereien nicht geboten werden kann". Sie sei auch in der Lage, eine hochwertige, dicke und schwere "NZZ am Sonntag" mit diversen Beilagen zu drucken. Betont wird zudem die "hervorragende" geografische Lage. Schlieren sei zentral, mit Bahn- und Autobahnanschluss in unmittelbarer Nähe und Ausbaupotenzial (Landreserven). "Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil die Tamedia-Druckerei langfristig ihren Standort in der Stadt Zürich nicht halten kann", heisst es im Schreiben.

Kein so grosser Investitionsbedarf
Auch, so hätten die Abklärungen gezeigt, bestehe in Schlieren kein zwingender, kurzfristig anstehender Investitionsbedarf in zweistelliger Millionenhöhe. Deshalb und aus weiteren Gründen sei die Schliessung der Druckerei nicht notwendig, ja "sogar für die Zukunft der (Print)-Zeitung gefährlich". "Wir befürchten auch einen erheblichen Reputationsschaden, gehört doch zur traditionsreichen Institution Neue Zürcher Zeitung seit jeher eine eigene Druckerei, nicht zuletzt, um die Unabhängigkeit der Zeitung zu wahren".

Die Betriebskommission Schlieren, die NZZ-Personalkommission und die Gewerkschaft kommen zum Schluss, dass die Schliessung von NZZ Print falsch wäre. Sie bringen die Idee auf, den "derart einschneidenden Entscheid" den Eigentümern des Unternehmens, also den Aktionären, zu unterbreiten, "und zwar an einer ausserordentlichen Generalversammlung“.

Die Unterschriften werden sie am 19. Dezember um 10 Uhr im Beisein von Mitarbeitern aus der Druckerei, aus den Redaktionen und anderer Abteilungen sowie zusammen mit Gewerkschaftsvertretern im NZZ-Hauptgebäude an der Falkenstrasse 11 übergeben. Ursprünglich hätte die Petition dem Verwaltungsratspräsidenten Etienne Jornod überreicht werden sollen, "doch da dieser im Ausland weil, wird sie unser CEO Veit Dengler entgegen nehmen", so Hürlimann.

Konstruktive Gespräche
Nach diesem Zwischenfazit und der Unterschriftensammlung will man nun fakten- und zahlenbasierte Alternativen zur Druckerei-Schliessung vorschlagen. Die beiden Kommissionen betonen, dass die Treffen mit den GL-Vertretern konstruktiv verlaufen sind. Die Bemühungen finden im Rahmen des Konsultationsverfahrens statt, das vom Obligationenrecht bei einer beabsichtigten Massenentlassung vorgeschrieben wird und noch bis am 9. Januar dauert. 

Die Unternehmensleitung sieht die Angelegenheit anders: CEO Veit Dengler begründete die Schliessung - und damit den Abbau von 125 Arbeitsplätzen - mit einem Betrag im zweistelligen Millionenbereich, der investiert werden müsse (persoenlich.com berichtete). Man habe "sehr viele Alternativen geprüft", sei aber zum Schluss gekommen, dass die Schliessung unumgänglich sei. (eh)

 



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