19.02.2013

Mediapulse

Reaktionen auf das Datendebakel

Nein, die Daten des neuen Fernsehpanels von Mediapulse sind immer noch nicht öffentlich. Der Grund: "Gewichtige Ereignisse". Kunden von Mediapulse haben gegen die Veröffentlichung opponiert und der Verwaltungsrat, der sich aus der Kundschaft von Mediapulse zusammensetzt, hat dem Druck nachgegeben. Die Sitzung zur Präsentation der "neuen Zahlen" ist damit einmal mehr vertagt. persoenlich.com hat bei den Kunden nachgefragt, was sie von der erneuten Verzögerung halten. Hier lesen Sie unter anderem die Stellungnahmen von SRF, Goldbach und 3+.
Mediapulse: Reaktionen auf das Datendebakel

Mediapulse wollte am 19. Februar nach mehr als eineinhalbmonatiger Verzögerung anlässlich einer Medienkonferenz erste Daten des neuen Fernsehpanels präsentieren. "Wegen gewichtiger Ereignisse der letzten Stunden", wie sich Marco de Stoppani, VR-Präsident von Mediapulse, ausdrückte, kam es dazu aber nicht (persoenlich.com berichtete). Das Unternehmen verzichtete auf den koordinierten Druck einiger ihrer Kunden auf die Veröffentlichung von Daten aus dem neuen TV-Panel. Wie Stoppani ausführte, seien diese mit den neuen Zahlen "nicht zufrieden" und würden sie "als nicht schlüssig" befinden. Mediapulse sei dementsprechend aufgefordert worden, mit der Publikation der Daten zuzuwarten, bis eine externe Prüfung erfolgt sei.

Mit einem einstimmigen Entscheid sei der Verwaltungsrat von Mediapulse dieser Forderung nachgekommen, wobei anzumerken ist, dass in diesem Gremium mit Verwaltungsräten wie Rudolf Matter (SRF), Klaus Kappeler (Goldbach Media Gruppe) und André Moesch (Telesuisse) just jene potentiell unzufriedenen Kunden Einsitz haben. Stoppani sagte denn auch: "Ich bin der einzige in diesem Gremium, der nicht Interessenvertreter ist." Wer genau gegen die Veröffentlichung der Daten interveniert hatte, wollte er nicht sagen.

Dass die externen, unabhängigen Experten an den von Mediapulse erhobenen Daten etwas bemängeln könnten, befürchtet Stoppani nicht: "Bei der Endprüfung gab es keine Hinweise auf Fehler und Unzulänglichkeiten." Die Daten hätten allen Kriterien der Qualitätsprüfung standgehalten. Der Verwaltungsratspräsident erwartet also keine neuen Erkenntnisse durch die externen Prüfer, sondern erhofft sich einen Vertrauenszuwachs von den Kunden. Die Daten von Mediapulse hätten in der Branche Währungscharakter, dementsprechend sei es wichtig, dass die Kunden der Währung auch Vertrauen entgegenbringen würden. Ob dieses Vertrauen durch die Expertisen der externen Prüfer (wieder-)hergestellt wird, muss sich erst noch weisen.

persoenlich.com hat bei einigen Kunden von Mediapulse nachgefragt, was sie davon halten, dass die Zahlen nicht veröffentlicht wurden, ob sie an deren Richtigkeit zweifeln, wie die Zahlen für ihr jeweiliges Unternehmen ausgefallen sind und schliesslich, ob sie gegen deren Veröffentlichung nicht einfach nur deshalb opponierten, weil die Zahlen schlechter ausgefallen sind, als ihnen lieb ist. Zur Umfrage:

Andrea Hemmi, Leiterin Unternehmenskommunikation SRF
Auch unsere Redaktionen haben mit den neuen TV-Nutzungszahlen gerechnet. Dass sie zur Zeit diesen wichtigen Gradmesser zur Sendungsbeurteilung nicht nutzen können, ist sehr unbefriedigend. Da es jedoch für SRF zentral ist, dass die neuen Daten für alle Marktteilnehmer plausibel sind, begrüssen wir den Einsatz von drei unabhängigen Experten.

Die Forschungsspezialisten von SRF gehen davon aus, dass das neue System die Daten korrekt erhebt.

Wir haben die Kommunikation der neuen Nutzungszahlen vorbereitet. Nach dem Entscheid von Mediapulse sehen wir von einer Veröffentlichung ab und können zur Frage nach den aktuellen Zahlen keine Stellung nehmen.

Dominik Kaiser, Geschäftsführer 3+
Wir haben schon am 30. Januar 2013 im Rahmen einer Präsentation der Mediapulse eine wirklich unabhängige Prüfung des neuen Systems und der damit generierten Zuschauerzahlen verlangt und begrüssen, dass dies nun vor der Veröffentlichung der Daten geschehen soll.
Ob die von der Mediapulse angekündigte Prüfung allerdings den von uns geforderten Kriterien entspricht, können wir noch nicht sagen, da wir dazu bisher kaum Informationen erhalten haben und explizit weder die Prüfer (und insbesondere ihre Qualifikation und ihre Unabhängigkeit) noch das Verfahren kennen, wie sie was überprüfen wollen.

Alexander Duphorn, CEO Goldbach Media
Wie die Mediapulse in Ihrer Verlautbarung zur weiteren Prüfung der Paneldaten kommuniziert hat, muss das Vertrauen in das neue Panel höchste Priorität haben. Darum finde ich/finden wir es richtig, dass man sich jetzt die Zeit nimmt, die Daten nochmals zu verifizieren und so in die Sicherheit der Daten einzahlt.

Die Zeit für die Datenbezüger war zu kurz, um zweifelsfrei eine Erklärung auf viele markante strukturelle Veränderungen zu finden. Mit tieferem Verständnis der Datenentwicklung wird auch das Vertrauen in die erhobenen Zahlen bestehen.

Bei einem neuen Panel handelt es sich um eine komplett neue Leistungsbasis. Der hier entstehende Datenbruch bedarf einer Neubewertung der Massstäbe im System und erlaubt in keiner Weise einen Vergleich zu dem vorangegangenen Panel. Zahlen verbessern oder verschlechtern sich also nicht, sondern müssen neu eruiert und bewertet werden. Unser wichtigstes Anliegen im Hinblick auf unsere Kunden und Partner ist die Datensicherheit. Das "Gefallen" der Zahlen darf nichts mit deren Veröffentlichung zu tun haben.

Günter Heuberger, Geschäftsführer Top-Medien
Wir waren in diese Entscheidungsfindung nicht involviert, aber auch wir haben gesehen, dass aus irgendwelchen Gründen bei Tele Top nur die Zahlen für das Programmfenster Zürich plausibel und auf Vorjahreshöhe liegen. Hingegen haben wir die tieferen Zuschauerzahlen in den Programmfenstern Thurgau und Schaffhausen nicht nachvollziehen können. Mediapulse überprüft nun verschiedene mögliche Fehlerquellen.

Von unserer Seite gibt es aber keinen Druck auf die Nichtveröffentlichung der Zahlen, weil die Zuschauerzahlen für die Branche sehr wichtig sind und wir sowieso den Löwenanteil unserer Werbung in den Agglomerationen Zürich und Winterthur akquirieren. Es müssen also andere Sender die Veröffentlichung der Zahlen gestoppt haben.

Claude Winet, Stv. Chefredaktor TeleZüri
TeleZüri hat nicht gegen die Veröffentlichung der Zahlen interveniert, wir begrüssen jedoch die Einsetzung externer Fachleute zur Überprüfung der Messdaten.

Text und Umfrage: Benedict Neff, Main-Bild: Keystone


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