06.01.2015

Schweizer Medien

Ein totales Werbeverbot für die SRG?

Eine SRG ohne Werbeeinnahmen: Laut der Forderung von Verlegerpräsident Hanspeter Lebrument sollen der SRG wie im britischen Modell nur noch die Gebührengelder zustehen. Doch wie realistisch ist dies? Und was hätte das für Konsequenzen? Würden private Medien überhaupt davon profitieren? Persoenlich.com hat sich am Dienstag an der Dreikönigstagung umgehört.
Schweizer Medien: Ein totales Werbeverbot für die SRG?

Otfried Jarren, Präsident Eidg. Medienkommission

"Die Forderung von Herrn Lebrument ergibt für mich keinen Sinn. Man muss sich fragen, wohin die frei werdenden Mittel hingehen würden. Wahrscheinlich fliessen sie nicht ausschliesslich in den Schweizer Markt, wenn man sich den Auslandanteil der hiesigen Werbefenster anschaut. Einem Schweizer Printmedienhaus würde ein absolutes Werbeverbot für die SRG deshalb wohl nicht viel nützen."

Axel Wüstmann, CEO AZ Medien

"Es muss nicht gleich so radikal sein, wie Herr Lebrument das fordert, aber weniger Werbung würde bestimmt helfen. Es gibt Beispiele in Nachbarländern, wo Werbung ab 20 Uhr im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht mehr möglich ist. Ein Modell dieser Art könnte ich mir vorstellen."

Marco Boselli, Chefredaktor "20 Minuten"

"Es ist verrückt, dass die SRG wohl der einzige Medienbetrieb ist mit einem derart grossen Budget, ohne etwas dafür zu tun. Ich finde grundsätzlich, mit diesem Gebürengeld sollte man haushalten können, ohne auf zusätzliche Werbeeinnahmen angewiesen zu sein. Was wäre beim einem totalen Werbeverbot? Gerade bei der Fernsehwerbung und der Situation mit den Werbefenstern, würden viele Einnahmen ins Ausland abfliessen. Deshalb denke ich, man sollte der SRG weiterhin erlauben, Fernsehwerbung zu verkaufen. Im Gegenzug müssten dafür die Billag-Gebühren sinken. Online-Werbung soll man der SRG weiterhin verbieten. Die beste Lösung wäre ein für die SRG festgelegtes Maximalbudget, an welchem dann die Gebühren angepasst würden."

Manfred Strobl, CEO Mediaschneider

"Dass die SRG Werbung verkaufen wird, ist nur eine Frage der Zeit, auch im Online-Bereich. Ich glaube nicht, dass das jetzige Online-Werbeverbot sehr lange bestehen bleiben wird. Ich hoffe, dass Onlinewerbung - zumindest in reglementierter Form - zugelassen werden wird."

Jürg Weber, Leiter Regionalmedien NZZ-Gruppe

"Grundsätzlich halte ich nichts von absoluten Verboten. Trotzdem kann die SRG meiner Meinung nach nicht alles haben: Billag-Gebühren und Werbeeinnahmen. Restriktionen beim Verkaufen von Werbung halte ich deshalb für legitim. Die Forderung von Herrn Lebrument ist mir zwar etwas zu extrem, die Tendenz finde ich aber richtig."

Ralph Büchi, President Axel Springer Schweiz

"Ich kann die Forderung nach einem totalen Werbeverbot nur schon aus dem Grund nachvollziehen, dass wir Verleger die Löhne für unsere Journalisten selber erwirtschaften müssen und nicht auf Billag-Gebühren zurückgreifen können. Man muss uns auch die Chance geben, die journalistischen Leistungen monetarisieren zu können, ohne eine Wettbewerbsverzerrung durch einen öffentlich-rechtlichen Mitspieler zu schaffen."

Urs Saxer, Rechtsanwalt

"Wenn es um das Verhältnis zwischen privaten Verlegern und der SRG geht, kann man dies nicht an der Werbung und der Finanzierung aufhängen. Man sollte sich zuerst grundsätzliche Gedanken machen, was für eine Rolle die SRG spielen sollte und sich erst danach über die Finanzierung unterhalten. Es macht wenig Sinn, die SRG in den finanziellen Mitteln extrem zu beschränken, solange sie einen sehr umfassenden Leistungsauftrag hat. Im Prinzip geht es dabei um die Definition des Service Public. Erst nach der Definition dieses Begriffs kann man sich darüber unterhalten, welche Mittel es braucht, diesen zu erfüllen und wer dies überhaupt tun soll. Dies muss nicht zwingend die SRG sein."

Ruedi Matter, SRF-Direktor

"Gegen ein Werbeverbot auf SRG-Sendern ist vor allem die Werbebranche, weil sie weiss, wie wichtig TV-Werbung für eine freie Wirtschaft ist. Wer für eine liberale Wirtschaftsordnung eintritt, fordert keine Werbeverbote. Und wer meint, ein Werbeverbot auf SRG-Sendern käme den privaten Verlegern zugute, irrt: Viele Millionen würden nach Deutschland fliessen. Wer ein solches Werbeverbot fordert, will dem Schweizer Medienmarkt schaden."

Die detaillierten Ausführungen von Hanspeter Lebrument lesen Sie hier.

Umfrage und Bilder: Edith Hollenstein, Nicolas Brütsch; Hauptbild: Keystone



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