16.06.2015

SRF

"Wir lassen uns nicht kleinreden"

Nach dem Ja zum RTVG geht die Service-Public-Debatte weiter. Nun fordert der Verband Schweizer Medien sogar eine Verkleinerung des SRG-Angebots. Welche Auswirkungen hat die Dauerkritik auf die Angestellten beim Schweizer Radio und Fernsehen? persoenlich.com hat bei den Aushängeschildern nachgefragt.
SRF: "Wir lassen uns nicht kleinreden"

Angestellte vom Schweizer Radio und Fernsehen sind sich gewohnt, bei einem Unternehmen zu arbeiten, dass ein sehr hohes Ansehen und ein gutes Image geniesst. Noch in der letzten Mediabrand-Studie von Publicom erreichten die SRF-Medien sehr hohe Sympathiewerte, insbesondere die Radiosender (persoenlich.com berichtete).

"SRF3 abschaffen"

Doch jetzt sieht das anders aus. "Was kosten eure Sendungen?", fragt am Dienstagmorgen der "Blick" auf der Frontseite und der "Tages-Anzeiger" schreibt: "Jetzt knöpfen sich Mitte-links-Politiker die SRG vor". Dazu kommt, dass die Verleger nun Aufwind fühlen und erneut ein totales Werbeverbot sowie eine Beschränkung des Angebots verlangen. "Mit ihren 17 Radio- und sieben TV-Kanälen ist die SRG ein "Moloch" geworden, sagte AZ-Verleger Peter Wanner an einer Medienkonferenz vom Dienstag. Auf Radio Swiss Jazz, SRF Swiss Pop oder Virus und SRF3 solle die SRG verzichten, fordert er (persoenlich.com berichtete).

Breite Kritik

Doch nicht erst nach der Abstimmung: Seit Tagen ist die Rede von "Fremdschäm-Formaten" und "Boulevard-Infotainment", von Programmen, die zur "Boulevardisierung und Infantilisierung" beitragen. Solche Negativschlagzeilen sind einschneidend. Schlägt das auf die Stimmung bei SRF? Leidet die Motivation? Oder im Gegenteil: Spornt Kritik noch mehr an? Persoenlich.com hat bei den wichtigsten SRF-Aushängeschildern nachgefragt. Hier die eingegangenen Antworten:

Sandro Brotz, Moderator "Rundschau"


"Meine Motivation ist genauso hoch, wie sie es schon vor der Abstimmung war. Gerade als 'Rundschau' wissen wir, wie es ist, wenn der Wind mal etwas rauer weht. Kritik gehört zum Geschäft – erst recht, wer sich als investigatives Magazin mit einem unbequemen Journalismus positioniert hat. Natürlich diskutieren wir intern die Debatte um den Service Public, aber ich erlebe keine Verunsicherung auf der Redaktion. Nach der Sendung ist vor der Sendung – und darauf konzentrieren wir uns. Die beste Antwort ist und bleibt die tägliche Arbeit."

Franz Fischlin, Moderator Tagesschau


"Ich empfinde es nicht so, dass wir negativ dargestellt werden. Es ist eine kritische Auseinandersetzung mit unseren Sendungen, die gut und legitim ist und auch hilfreich sein kann. Meine klare Meinung ist: Wer zahlt, soll auch mitreden dürfen. Die Stimmung im Team ist gut.
Wie sich die Kritik auf meine Motivation und meine Arbeit auswirkt? Es motiviert mich und das ganze Team erst Recht. Wir in der 'Tagesschau' versuchen Tag für Tag in jeder unserer Sendungen den vieldiskutierten Service Public zu leben. Das Credo für die Beiträge, die ich mache und auch für die Moderation ist klar: unabhängiger, ausgewogener Journalismus, der keine Meinungen vorgibt, sondern zur Meinungsbildung beiträgt."

Daniela Lager, Moderatorin 10vor10


"Ich finde es toll, wenn sich die Schweizerinnen und Schweizer mit ihrem TV auseinandersetzen. Wenn es aber reine Phrasendrescherei ist und unberechtigte Vorwürfe laut werden, finde ich das ärgerlich. Ärger und Wut sind auch Energien, wir lassen uns nicht kleinreden. Bei uns sitzt jedenfalls niemand mit hängenden Ohren in der Ecke und bedauert sich selber."

Reto Lipp, Moderator ECO


"Negativschlagzeilen sind natürlich nie angenehm und ich könnte gerne darauf verzichten, aber sie treffen mich jetzt nicht gerade ins Mark. Ich weiss, dass meine Kollegen und ich erstens Service Public im besten Sinn machen (welches Magazin hat wie ECO schon den Mut, sein Programm wie am letzten Montag mit dem sehr relevanten, aber komplexen Thema Finanzausgleich zu beginnen?) und zweitens stelle ich mich gerne jeder Service-Public-Diskussion. Wir können hier bei ECO unabhängigen, kritischen, aber immer fairen Wirtschafts-Journalismus realisieren. Ich halte das gerade in der heutigen Medienwelt für keine Selbstverständlichkeit, sondern für ein grosses Privileg. Ich bin zuversichtlich, dass die Zuschauer dies letztlich auch anerkennen."

Jonas Projer, Moderator und Redaktionsleiter Arena


"Meine Redaktion und ich zerbrechen uns jede Woche den Kopf, wie wir ein Thema fair, ausgewogen und unabhängig diskutieren können. Nun aber ist die SRG das Thema – eine aussergewöhnliche Situation, fast schon: ein Härtetest. Mich persönlich motiviert das. Das Team erbringt Höchstleistungen. Und am Abend sind wir alle ziemlich müde."

Mario Torriani, Moderator und Moderationsleiter Radio SRF 3:


"Wir geben bei SRF 3 jeden Tag unser Bestes für ein vielseitiges und überraschendes Radio-Programm. Genauso, wie man dies von uns seit jeher erwartet. Das war schon vor der Abstimmung nicht anders und hat sich rund um die Debatte auch nicht verändert. Die Motivation jedenfalls ist hoch – für alles andere: Keep calm and carry on. Unser Publikum wird es zu schätzen wissen."

Umfrage: Edith Hollenstein und Michèle Widmer



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