01.12.2013

BSW

"Die Kunden realisieren, dass Kommunikation komplexer geworden ist"

Kommunikation wird schneller, digitaler und dadurch undurchschaubarer - Werbung wirkt immer weniger: Das Szenario welches der BSW leading swiss agencies für 2014 prognostiziert, ist nicht nur positiv. Extremer Preisdruck und die zunehmende Gleichgültigkeit Werbung gegenüber bereiten den Werbern Kopfzerbrechen. Wie weiter? Am Rande der Medienkonferenz vom Freitag erklärte BSW-Präsidentin Nadine Borter im Gespräch mit persoenlich.com, wie sich Agenturen für eine Zukunft mit zunehmender Internationalisierung wappnen können.
BSW: "Die Kunden realisieren, dass Kommunikation komplexer geworden ist"

Frau Borter, das Tempo wird immer wichtiger. Wie spüren dies die Werbeagenturen?
Natürlich hat sich die Geschwindigkeit erhöht, in der wir miteinander kommunizieren. Dementsprechend hoch ist auch die Erwartung von Kunden an die Reaktionszeit ihrer Agenturen. Auch in der Umsetzung hat sich das Tempo erhöht: Wenn beispielsweise Auftraggeber A eine Massnahme durchführt, will Konkurrent B am nächsten Tag bereits mit einer eigenen Massnahme nachziehen oder gegensteuern. Zudem wird immer mehr taktisch geworben, Verkaufsförderungsmassnahmen nehmen weiter zu und Budgets werden nicht mehr nur langfristig etwa im Jahresrhythmus gesprochen, sondern laufend; also halbjährlich oder im Quartalsabstand.

Traditionell laden Auftraggeber die Werbeagenturen zu aufwändigen Pitches, bevor sie sich für eine Zusammenarbeit entscheiden. Ist dies noch immer so?
Ja, Pitches sind noch immer verbreitet. Doch wir erleben zunehmend alternative Vorgehensweisen bei der Agenturevaluation.

Welche?
Auftraggeber besuchen die Agenturen. Sie führen Gespräche vor Ort und versuchen so auszuloten, ob und wie gut die Agentur zu ihrem Unternehmen passt. Statt Briefings zu schicken, können sie gleich von Beginn weg kritische Fragen stellen, Hintergrundinformation einfordern und schauen, ob die Aufstellung für die anzugehenden Aufgaben passt und die Chemie zwischen den Partnern stimmt.

Ist diese Entwicklung positiv für die Agenturen?
Wir haben festgestellt, dass Kunde und Agentur von diesem Vorgehen profitieren und es zu besseren Resultaten aus der Zusammenarbeit führt.

Wenn es immer weniger Pitches gibt, werden Bekanntheit einer Agentur und persönliche Beziehungen zu Budgetverantwortlichen immer wichtiger. Wie müssen Agenturen hierbei vorgehen?
Die Agenturen müssen darauf achten, dass ihre Arbeiten sichtbar sind. BSW-Agenturen beispielsweise profitieren von der Plattform, die ihnen durch unseren Verband geboten wird. Auftraggeber können die Agenturlandschaft überblicken und einen geeigneten Partner auswählen, in dem sie sich auf unserer Webseite und übers BSW-Buch informieren.

Agenturen und Auftraggeber seien optimistisch fürs 2014, sagten Sie an der BSW-Medienkonferenz am Freitag (vgl. persoenlich.com). Gleichzeitig sanken aber die Bruttogewinne der Agenturen in den letzten Jahren laufend. Die Agenturen hätten Ihre Leistungsgrenzen erreicht. Wie kann der BSW hier Gegensteuer geben?
Letztendlich ist der BSW ein Verband und kann daher auch keine Vorgaben machen, beispielsweise bezüglich der Honorare. Doch der BSW kann sensibilisieren und gewisse Leitplanken aufzeigen. Wie unsere aktuelle Studie zeigt, sind sich auch die Auftraggeber der erwähnten Problematiken bewusst. Dass Kommunikation komplexer geworden ist und Qualität ihren Preis hat, realisieren die Kunden.

Trotzdem vergeben die Auftraggeber Aufträge vermehrt ins Ausland. Welche Bereiche sind primär betroffen?
Wir stellen die Entwicklung fest, dass internationale Etats auch kreativ zunehmend von einer zentralen Stelle betreut werden und nicht von Agenturen in den jeweiligen Märkten. Was aber auch zur Folge hat, dass eine Vielzahl unserer Mitgliedsagenturen mittlerweile internationale Mandate betreut.

Ein weiteres Problem ist die zunehmende Gleichgültigkeit Werbung gegenüber. Werbung wirkt immer weniger. Wie können Werbeagenturen dieser für sie existenzbedrohlichen Tendenz entgegenwirken?
Durch die Informationsüberflutung wächst die Komplexität der Zielgruppenansprache, Ideen brauchen auch jenseits von Spendings viel Kraft, um zum Publikum durchzudringen. Auftraggeber wie Agenturen haben dies realisiert und investieren vermehrt für ein vertieftes Verständnis von Customer Insights und Werbewirkungszusammenhängen.

Welches Know-how ist hier nötig?
Agenturen brauchen gute Strategen und gute Kreative, denn die Idee steht über allem. Zudem braucht es Fachkräfte, die nicht nur wissen, wie Kommunikation funktioniert; sondern auch, wie die Kanäle funktionieren, die wir täglich für Kommunikation nutzen.

Interview: Edith Hollenstein, Bild: zVg

 


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