16.11.2015

Serranetga

"Virtual Reality ermöglicht eine neue Art der Interaktion"

Executive Creative Director Florian Beck über das 360-Grad-Video für Samsung.
Serranetga: "Virtual Reality ermöglicht eine neue Art der Interaktion"

Herr Beck, so ein 360-Grad-Video zu drehen, tönt extrem kompliziert. Sicherlich gab es einen Moment, an dem Sie am liebsten den Bettel hingeworfen hätten. Wann war das?
Klar, solche Momente gibt es ständig, wenn man Neuland betritt. Andererseits treibt uns genau das an: etwas zu versuchen, was vor uns erst wenige oder keiner bisher gemacht hat. Und genau diese kritischen Momente sind es ja, die einen weiter bringen. Meiner Meinung nach befinden wir uns in der spannendsten Zeit, welche die Kommunikationsbranche je erlebt hat. Innovative Technologien wie Virtual Reality ermöglichen eine völlig neue Art der Interaktion zwischen Marke und Kunde.

Sie haben das 360-Grad-Video zusammen mit der Filmproduktionsfirma Shining realisiert. Wie kommt ein Storyboard für ein 360-Grad-Video daher?
Unser 360-Grad-Video ist in drei klar voneinander getrennte Räume à 120° aufgeteilt. Entsprechend wurde vor drei verschiedenen Kulissen gedreht, die in der Post Production zu einer  360° Experience zusammengefügt wurden. Wir benötigten einen sehr genauen Ablaufplan, denn die Ein- und Austritte der Actors mussten für jeden Raum exakt getimed sein. Um dies zu koordinieren, haben wir mit Live-Previews und Stitchings am Set gearbeitet. Als Grundlage erstellten wir zudem eine Ablaufanimation, bei der die Übergangspunkte genau definiert waren.

Wie kamen Sie zum nötigen Know-how?
Ein derart komplexes Projekt kann man nur mit einem eingespielten Team von Spezialisten realisieren, die bereit sind, Dinge auszuprobieren, ohne zu wissen, was am Ende dabei rauskommt. Unsere beiden In-House Film AD's, die neben der Konzeption auch den Regiepart übernahmen, und auch das gesamte Münchner Produktionsteam, das Shining auf die Beine stellte, haben einen fantastischen Job gemacht. Und last but not least braucht es natürlich einen Kunden, der bereits ist, neues zu wagen. Samsung hätte mit einer Plakatkampagne auf Nummer sicher gehen können, aber genau wie wir ist das Unternehmen heiss auf Innovationen – die Zusammenarbeit ist ein Glücksfall für uns.

Womit haben Sie gefilmt? Mit einer GoPro-Kamera?
Nein. Uns war von Anfang an wichtig, nicht mit GoPros zu arbeiten. Nur weil etwas für digitale Kanäle konzipiert wird, heisst das noch lange nicht, dass man sich deshalb die Produktionskosten für gute Kameras, Rigs usw. sparen kann. Unser Budget war zwar sehr begrenzt, aber eine hochwertige filmische Umsetzung war uns von Anfang an wichtig.

Wann, in welcher Phase der Realisation, konnten Sie die Qualität der 360-Grad-Version anschauen?
Zum einen hatten wir eine Live-Preview des jeweiligen Raumes auf der Samsung Gear VR, allerdings nicht in Echtzeit, sondern mit relativ starkem Zeitversatz. Zum anderen erstellten wir noch am Set einen Pre-Stitch, um grob beurteilen zu können, wie das Video beim Enduser wirken wird. Dies klingt wegen der speziellen Technik logisch ist aber in etwa so, wie wenn bei einem Spielfilm die einzelnen Szenen bereits am Dreh zusammengeschnitten und auf Grossleinwand betrachtet würden, um zu schauen ob alles passt.

Wie aufwändig war die Produktion des Videos?
Gedreht wurde das Musikvideo an nur einem Tag in München. Über 20 Personen waren am Dreh beteiligt, darunter diverse Virtual Reality Spezialisten, die übrigens nicht, wie man denken könnte, Digital Natives sind, sondern echte Film-Natives mit jahrzehntelanger Erfahrung. Was wirklich Zeit und Ressourcen gekostet hat, war die lange Planung vor dem Dreh und die Post Produktionszeit.

Ich nehme an, Samsung hat dafür keinen Marktpreis bezahlt. Es handelt sich für beide Seiten um ein Referenzprojekt. Werden sich solch aufwändige Videos für Werbeagenturen irgendwann lohnen?
Für ein derartiges Projekt existiert noch gar kein Marktpreis. Die Produktion war sicherlich aufwändig, die Produktionskosten bewegen sich aber auf dem gleichen Niveau wie ein "normaler" TVC. Für uns hat sich das Projekt aber auf jeden Fall gelohnt. Wir haben extrem viel gelernt und können unseren Innovationsgeist ein weiteres Mal unter Beweis stellen.

Samsung hält sich im Video dezent im Hintergrund. Wie kann der Spot das Produkt trotzdem promoten?
Stimmt. Den Speaker kommunizieren wir dezent, andererseits ist er aber auch omnipräsent, denn bildet ist ja den Anfangs- und Endpunkt des Musikvideos. Und den Mittelpunkt, da sich um ihn herum die ganze Action abspielt. Die 360° Virtual-Reality-Experience bietet dem User zudem ein Markenerlebnis aus erster Hand und ermöglicht ihm, die Ich-Perspektive einzunehmen. Dies sorgt für eine perfekte Produktdemo der Samsung 360° Speaker. Ohne dabei aufdringlich zu sein, ohne übliche "Klick mich. Kauf mich" Marketing Manier.


Gibt den Rundum-Blick: Florian Beck demonstriert die Virtual-Reality-Brille Samsung Gear VR.

Sind Sie nicht viel zu früh damit? Diese Virtual-Reality-Technologie nutzen doch bislang nur ein paar wenige Technik-Freaks.
Nein, wir sind genau rechtzeitig. Virtual Reality ist dem Early Adopter Stadium entwachsen und spätestens, seitdem YouTube und Facebook 360° Video unterstützen, auf dem besten Weg zum Massenphänomen. Auch ohne Virtual-Reality-Brille oder Google Cardboard bietet sich mit dem Smartphone die Möglichkeit, den Effekt von 360° Videos zu erleben. Und sehr, sehr viele Konsumenten sind neugierig auf solche Videos. Ich bin überzeugt, Virtual Reality ist die Zukunft von Markenerlebnissen und der Entertainment Industrie. Und wird sich abseits dieser Branchen immer weiter ausbreiten und in zahlreiche andere Bereiche vorstossen.

Und noch eine persönliche Frage: Welches ist derzeit Ihr Lieblings-Virtual-Reality-Video?
Mini macht auf ihrer 360° Website einen guten Job.

Fragen: Edith Hollenstein


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