25.11.2015

VSM

"Der Verband täte gut daran, innovativer aufzutreten"

Nach ihrem Abgang beim Verband äussert sich Verena Vonarburg im Interview kritisch.
VSM: "Der Verband täte gut daran, innovativer aufzutreten"

Knapp zwei Jahre war sie Direktorin des Verbandes Schweizer Medien, nun wechselt Verena Vonarburg zu Ringier. Nicht nur ihr Abgang an sich kommt sehr überraschend, auch die Art und Weise ist ungewöhnlich. In der am Mittwoch verschickten Mitteilung des Verbandes kritisiert sie diesen scharf. Und auch im Gespräch mit persoenlich.com verwendet die 48-Jährige deutliche Worte: Der VSM solle sich neuen Entwicklungen nicht verschliessen und Freund-Feind-Denkweisen endlich ablegen.

Frau Vonarburg, nach knapp zwei Jahren gehen Sie schon wieder. Das zeugt nicht gerade von viel Ausdauer.
Das hat nichts mit Ausdauer zu tun oder mit Bettelhinschmeissen, sondern viel mehr mit Verantwortungsbewusstsein. Ausschlaggebend war vor allem ein Grund: Ich kann seit der Eskalation nach dem Austritt von Ringier nicht mehr hinter der Strategie des Verbandes stehen. Es wäre illoyal und unehrlich gewesen, noch länger zu bleiben. Aus meiner Sicht ist es nicht sehr zielführend, Fronten aufzubauen.

Was heisst das?
Der Verband täte gut daran, innovativer aufzutreten und Koalitionen zu suchen, statt abzublocken, was an Herausforderungen auftaucht. Die Person, welche den Verband Schweizer Medien operativ führt, muss hinter der Strategie stehen, zumindest zu 90 Prozent. Bei mir war das nicht mehr der Fall, daher bin ich die nicht mehr die richtige Person für diesen Job.

Ausschlaggebend war der Knatsch aufgrund des Werbe-Joint-Ventures.
Statt dass man zuerst nüchtern versucht Fakten zu sammeln und zu analysieren, nimmt man eine Abwehrhaltung ein. Der Medienplatz Schweiz besteht wie überall aus Konkurrenten, aber ist schlicht zu klein für simple Freund-Feind-Denkweisen. Der Verband verwendet zu viel an Ressourcen, um gegen neue Entwicklungen zu kämpfen. Auch die Haltung gegenüber der SRG konnte ich immer weniger mittragen. Denn ich finde zwar durchaus sehr wichtig, dass die derart mächtige SRG hinterfragt und kritisch beobachtet wird, jedoch könnte man dies souveräner und gelassener tun.

Vor rund einem Jahr sagten Sie noch: "Mein Verhältnis zum Präsidenten ist super". Was hat sich so fundamental geändert?
Mein Verhältnis zum Präsidenten Hanspeter Lebrument war und ist sehr gut und ungetrübt. Wir konnten hervorragend und professionell zusammenarbeiten. Er unterstützt uns auf der Geschäftsstelle in einem Mass, das alles andere als selbstverständlich ist. Und ich bin stolz auf das, was das Team auf der Geschäftsstelle innert kurzer Zeit erreicht hat: Wir haben es geschafft, aus der Geschäftsstelle ein modernes Dienstleistungszentrum zu bauen.

Sie hatten also vor allem Differenzen mit Pietro Supino.
Persönlich habe ich keine Differenzen mit Herrn Supino. Seit dem Austritt von Ringier ist einfach das Gleichgewicht im Präsidium gestört. Es fehlt einer der grossen Player.

Auch in der Medienmitteilung des Verbandes zu Ihrem Abgang kritisieren Sie das Präsidium scharf. Das ist bemerkenswert. Wie gelang es Ihnen, dieses Statement in den Text zu schmuggeln? Das wurde ja sicher nicht von allen Präsidiumsmitgliedern durchgewinkt, oder doch?
Ich begründe in der Medienmitteilung nur meinen Entscheid und danke dem Präsidenten sehr.

Nun gehen Sie zu Ringier, also zu dem Unternehmen, das nach dem Knatsch aus dem Verband ausgetreten ist. Wie kam dieser Wechsel zu Stande?
Ringier ist mit einem sehr spannenden Angebot auf mich zugekommen. Die Funktion "Head of Public Affairs" ist perfekt auf mich zugeschnitten, denn die Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Politik und Medien interessiert mich sehr.

Das haben Sie beim Start als Präsidentin des Verbandes Schweizer Medien auch gesagt. Ist Ihnen der Job einfach zu anspruchsvoll geworden?
Überhaupt nicht. Nichts ist schlimmer als langweilige Jobs, in denen alles seinen genormten Gang nimmt. Nein, wie gesagt: Ich verbiege mich nicht und ich kann gewisse Positionen des Verbandes nicht mehr vollständig mittragen. Da für mich Loyalität und Verantwortung zentrale Werte sind, ist es Zeit, dass jemand die operative Leitung übernimmt, der die Haltung des Verbandes vollumfänglich teilt.

Werden Sie bei Ringier ein Team führen?
Nein. Meine Stelle ist als Stabsstelle organisatorisch direkt bei CEO Marc Walder angegliedert und ich werde direkt an die Konzernleitung rapportieren.

Sie starten erst im Frühling. Was machen Sie bis dann?
Ich muss Sie enttäuschen: Ich hatte noch keine Zeit für die Ferien- oder Freizeitgestaltung (lacht).

Interview: Edith Hollenstein, Bild: zVg.



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