16.11.2011

Zirkus Knie

Der Mediensprecher geht

Niklaus Leuenberger über seine PR-Tätigkeit.

Niklaus Leuenberger ist seit sieben Jahren Medienverantwortlicher des Zirkus Knie. Nun hat er per Frühling 2012 gekündigt und es wird ein Nachfolger gesucht. Wie erlebte er den Ausbruch der Elfantendame "Sabu" letztes Jahr? Was ist das Spezielle an der PR-Tätigkeit beim Zirkus? Im Interview mit persoenlich.com erklärt Leuenberger warum er geht und er sagt, worauf es bei der Kommunikation für einen Zirkus ankommt.

Herr Leuenberger, seit 2004 sind Sie für den Zirkus Knie tätig. Weshalb traten Sie damals die Stelle an und wieso gerade bei diesem Zirkus?

Für mich kam gar nie ein anderer Zirkus in Frage. Der Zirkus Knie war einfach DER Zirkus, den ich auch schon aus der Kindheit kannte. Es ist nicht so, dass ich ein "Zirkus-Freak" wäre und unbedingt in einem Zirkus arbeiten wollte. Ich war damals bewusst auf der Suche nach einer Stelle im Schnittpunkt zwischen Medien und Kultur. Da kam die Stelle als Medienverantwortlicher wie gerufen. Der Umstand, dass die Familie Knie jemand Junges gesucht hatte, kam mir zusätzlich entgegen.

Worauf müssen Sie bei Ihrer Arbeit besonders achten?

Als ich neu anfing musste ich erst eine Weile "spüren" wie ein Familienunternehmen wie Knie tickt. Es ist nicht einfach, von aussen kommend dem Pathos dieses Kulturgutes gerecht zu werden. Alle kennen den Zirkus Knie, alle haben ein eigenes individuelles Bild davon, Erinnerungen. Dessen muss man sich, um mit der eigenen Stimme einzutreten, zuerst bewusst werden. Dazu gehörten viele Gespräche mit Zirkusleuten, unter anderem mit meinem Vorgänger Chris Krenger, welcher diesen Job 40 Jahre lang gemacht hat. Für mich war immer wichtig, dass die Medien einen vertieften, respektvollen Umgang mit dem Zirkus Knie pflegen. Die Höchstleistungen, welche Akrobaten, Tierlehrer und auch Zirkusarbeiter vor und hinter dem Vorhang vollbringen, sind bemerkenswert. Dies aufzuzeigen, war immer mein Ziel. Sei dies morgens in aller Frühe beim Aufbau der Zeltstadt oder abends spät bei einer Führung hinter den Kulissen.

Unterscheidet sich die Arbeit für den Zirkus von anderen Stellen als Medienverantwortlicher?

Ein grosser Teil der Arbeit ist durchaus vergleichbar. Es geht in erster Linie darum, Anfragen entgegenzunehmen, zu kanalisieren sowie zu priorisieren. Zudem ist es sinnvoll, vor allem die lokalen Medien bei Bedarf aktiv im Vorfeld anzugehen. Dazu können Medienpartnerschaften gut sein oder auch Events sowie verführerische Inputs. Die grössten Unterschiede sind wohl die Mobilität und das Umfeld. Dass man zur Inspiration neben dem Bürowagen mampfende Elefanten, glotzende Kamele und spukende Lamas besuchen kann, hat ja nicht jedermann. Für mich war dieser tägliche Kontakt mit Tieren eine riesige Bereicherung. Kommt noch der direkte Show-Bezug dazu. Es ist schlicht eine hochstehende Darbietung, welche jahrein jahraus hunderttausenden Besuchern geboten wird und das motiviert enorm.

Haben Sie ein Lieblingstier im Zirkus-Zoo?

Der Elefant ist klar das Tier, das mich am meisten fasziniert. Elefanten sieht man nicht jeden Tag und ich durfte jetzt sieben Jahre lang sehr nahe bei diesen Tieren sein. Sie sind einfach beeindruckend, vor allem wenn man sie mit der Zeit ein wenig kennt.

Letztes Jahr sorgte die Elefantendame "Sabu" für Aufruhr.

Ja, als sie ausbüxte war ich mit Auto und Wohnwagen nichtsahnend unterwegs von Zürich nach Wettingen. Plötzlich kam der erste Anruf von einem Lokalradio. Man fragte mich, ob der Elefant auf dem Paradeplatz von uns sei. Meine erste Antwort war: "Schon gut, danke für den tollen Witz." Aber dann kam ein Anruf nach dem andern und mir wurde bewusst, dass es wirklich wahr ist. Natürlich konnte ich nicht jede Anfrage einzeln beantworten, sondern sammelte sie und antwortete später ganzheitlich in einem Communiqué. Die ganze Welt hat sich dafür interessiert, denn plötzlich kam die Nachricht in internationale Agenturen und löste weltweite Breaking-News aus. An dem Tag hatte ich irgendwann etwa 150 Anrufe in Abwesenheit auf meinem Handy.

Hatte der Vorfall auch einen positiven Effekt für den Zirkus?

Wenn man von jemandem spricht, ist das natürlich immer gut. Aber wir versuchen eigentlich den Vorfall einfach ad acta zu legen. Denn es wäre seltsam, wenn wir im Nachhinein sagen würden, das Ganze hätte einen super Werbeeffekt gehabt. Es war weder dafür geplant, noch wollen wir es jetzt so darstellen. Wir würden so eine Aktion auch nie als PR-Gag planen, da dies einfach ein zu grosses Risiko wäre. Denn mit Tieren kann sehr schnell etwas passieren. Zum Glück verlief die ganze Sache glimpflich und bleibt als schöne Geschichte in Erinnerung.

Gab es eine noch schlimmere Situation, die Sie handhaben mussten?

Es brauchte relativ viel Geduld und Nerven, vor einigen Jahren den verdrehten Vorwürfen von militanten Tierrechtsaktivisten entgegenzutreten. Denn die Medien haben dieses Thema natürlich gerne aufgenommen. Der vermummte schwarze Block, welcher vor dem Zirkuszelt dem Familienpublikum Hetzparolen aufnötigte erschien mir irgendwie surreal. Aber wie so oft ist eine solche Situation auch eine Chance. Die Kommunikation und die Wissensvermittlung rund um die tägliche Arbeit mit den Tieren kamen dadurch vermehrt in den Fokus und wurden zunehmend positiv wahrgenommen. Somit wurde das Vertrauen, welche das Publikum in die Familie Knie hat, gestärkt.

Ende März 2012 verlassen Sie den Zirkus.

Ja, nachdem die neue Tournee und die damit verbundene Kommunikation aufgegleist ist und ein Nachfolger in die Materie eingearbeitet ist. Ich wusste immer, dass ich diese Stelle nicht ewig innehaben werde. Es gibt noch viele andere interessante Herausforderungen welche mich reizen. Zudem ist das Arbeiten und Leben im Zirkus intensiv und erfordert eine enorme Anpassung des gesamten privaten Umfelds. Nach sieben Jahren gewichte ich nun andere Bedürfnisse mehr.

Was sind Ihre letzten Aufgaben dieses Jahr?

Das sind eigentlich dieselben wie jedes Jahr. Jetzt geht es zu den letzten Spielorten im Tessin. Dort gibt es immer ziemlich viel zu tun, denn wir sind jeweils nur für kurze Zeit dort. Die Tessiner Medien sind auch sehr aktiv, wodurch die letzten zwei Wochen immer noch einmal eine sehr intensive Zeit sind. Danach geht es natürlich auch schon um nächstes Jahr, aber das fängt nicht jetzt erst an. Bereits etwa Mitte Tournee geht jeweils im Medienbüro die Planung für das nächste Jahr los.

Können Sie schon etwas zur nächsten Tournee verraten?

Ich kann verraten, dass der Komiker Michael Gammenthaler mit dem Zirkus durch die Deutschschweiz touren wird. Und die Gestaltungsarbeiten für die Kommunikationsmittel haben begonnen, erste Entwürfe für die Programmhefte, Zirkus-Illustrierte etc. liegen bereits jetzt vor. Auch das Plakat ist bereits gestaltet. Es stammt dieses Mal von einem international renommierten Künstler. Die intensive Phase beginnt dann mit dem Tournee-Ende, damit im Frühling für den Tourneestart alles bereit ist. Für alle Kommunikationsmittel, welche nächstes Jahr anfallen, arbeiten wir mit der jungen Agentur Admotion aus Lachen zusammen.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Nach jährlich rund 3'000 Kilometern Herumreisen im ganzen Land sowie Pendeln zwischen Zirkus- und "normaler" Welt werde ich mich in Bern, wo ich seit einigen Jahren mit meiner Frau in der Altstadt wohne, niederlassen. Beruflich sind sich bereits diverse Türen am öffnen, ein definitiver Entscheid ist aber noch nicht gefällt. Ich schränke mich in der Suche nicht ein, kann mir aber durchaus vorstellen, wiederum im Umfeld von Medien und Kultur tätig zu sein - aber auch Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit in anderen Gebieten oder Branchen kommen in Frage.

Was können Sie aus der Zeit beim Zirkus mitnehmen?

Sehr viel. Ich hatte in dieser Zeit die einmalige Gelegenheit, die Schweizer Medienlandschaft vor Ort kennenzulernen und diese Beziehungen jährlich weiter zu vertiefen. Weiter konnte ich enorme Erfahrungen darin sammeln, wie immer wieder von neuem das Interesse geweckt werden kann, wie man sich im Dschungel der Anpreisungen das nötige Gehör verschafft. Dass man dabei manchmal aus einer Maus einen Elefanten machen muss, gehört zum (Zirkus)-Geschäft. Aber das Gespür für aussagekräftige Medienevents oder kernige Reportagen erlernt man schlicht am besten by doing.

Was werden Sie am meisten vermissen?

Die Freude, die dieses Unterhaltungsangebot jeden Tag verbreitet. Man sieht mit eigenen Augen das Leuchten in den Kinderaugen, wenn sie aus der Vorstellung kommen. Das ist etwas, was man an andern Orten erst mal suchen muss. Es gibt sicherlich auch andere Unterhaltungsangebote, die den Leuten Freude bereiten, aber im Zirkus ist dies extrem. Ich werde das sicherlich nicht einfach ersetzen können und es wird mir bestimmt auch sehr fehlen.

Einen Rat an Ihren Nachfolger.

Herzblut für die Unterhaltungsform Zirkus, sich anstecken lassen von der Begeisterung der Besucher und viel Kommunizieren – in alle Himmelsrichtungen. Und: den Lamas aus dem Weg gehen…

Interview: Sibylle Lagler


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