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Was die SRG von der Trump-Wahl lernen kann

von Matthias Ackeret

Vor einem Jahr wurde Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten gewählt. Die Welt verfiel in eine Schockesstarre, aus der sie sich bis heute nicht erholt hat. Anstatt die wirklichen Gründe für diesen überraschenden Wahlsieg zu hinterfragen, einigte man sich auf ein globales Erklärungsmuster: dummer Wähler, weisser Wähler und – Russland. Bei der laufenden No-Billag-Diskussion erkennt man mittlerweile ähnliche Verhaltensweisen. Die SRG wundert sich, dass die über Jahrzehnte sorgsam gepflegten Argumentationskultur (Service public, landesweite Solidarität, Qualitätsjournalismus) nicht mehr richtig greift.

Die SRG-Kritiker werden – wie aus den Blogs der verunsicherten Mitarbeiter ersichtlich – als ignorant, undankbar und Zerstörer der Schweizerischen Solidarität gebrandmarkt. Ähnlich ergeht es auch den Künstlern, die sich – gemäss des «SonntagsBlicks» und der «SonntagsZeitung» – (noch) nicht gegen die Initiative stellten (persoenlich.com berichtete). Es handelt sich unter anderem um Stephan Eicher, Francine Jordi, Florian Ast, Bligg oder DJ Bobo. Auch die Schauspielerin Sabina Schneebeli gehört dazu. Auf Facebook wehrt sie sich nun, in das Lager der SRG-Gegner geworfen zu werden. Sie hätte wegen einer Theaterprobe zum «Schwarzen Hecht» keine Zeit gehabt, bei der kurzfristig angeräumten Umfrage mitzumachen und der Journalistin zurückzurufen. Dies zeigt die angespannte Stimmung: ein kleines Versäumnis und schon gilt man als «undankbar». Was aber zurückbleibt, sind nicht die positiven Reaktionen von Paola, Sandra Studer oder auch – welch Überraschung – Chris von Rohr, sondern der verheerende Eindruck, dass sich viele Publikumslieblinge gegen die SRG stellen. Was - wie das Beispiel von Sabina Schneebeli zeigt -  möglicherweise so gar nicht stimmt.

Vor einem Jahr habe ich mit zwei Kollegen den amerikanischen Wahlkampf in Pennsylvania, einem der Swing-States, verfolgt (persoenlich.com berichtete). Dort wurde klar, dass der typische Trump-Wähler zwar vorwiegend weiss und möglicherweise auch dumm ist, aber primär handelt es sich um einen völlig normalen Menschen mit rationalen Zukunftsängsten. Hätten sich die Gegner im Vorfeld ernsthaft mit deren Argumenten auseinandergesetzt, wäre das Debakel möglicherweise zu vermeiden gewesen – oder der Wahlausgang hätte zumindest nicht so überrascht.

Bei der No-Billag-Initiative tendiert es in eine ähnliche Richtung: würde die SRG ganz nüchtern die Vorzüge und die Einzigartigkeit der eigenen Programme hervorheben, ohne aber in den SRG-typischen «nur-wir-machen-Qualität-Journalismus»-Slang zu verfallen, kann die No-Billag-Initiative am 4. März doch noch abgeschmettert werden. Die verbleibende Zeit ist lang und der Schweizer tendiert nicht zu radikalen Veränderungen: Die «Arena»-Sendung vom Freitag ging bereits in die richtige Richtung. Doch dazu gehört, dass man die «Gegner» und Kritiker nicht permanent als «Füdlibürger» (Büne Huber) oder als «undankbare Wesen» tituliert – siehe Francine Jordi, DJ Bobo oder Bligg.

Im Gegensatz dazu glaube ich nicht an eine Abwahl von Donald Trump in drei Jahren. Vorausgesetzt er ist bis dann noch im Amt. Und dies trotz aller klugen Expertenmeinungen. Schlussendlich bleibt der Weisse weiss und der Dumme dumm. Aber er entscheidet die amerikanische Wahl.


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