Am Dienstagabend fand die Nacht der Nominierungen für den Schweizer Filmpreis im Rahmen der 60. Solothurner Filmtage statt. «Der Spatz im Kamin» hat sechs Chancen auf einen Quartz-Trophäe, wie das hat das Bundesamt für Kultur (BAK) mitteilte.
Der Film taucht ein in den Kosmos einer dysfunktionalen Familie, in der sich die Anspannung zuspitzt. Er ist nach «Das merkwürdige Kätzchen» (2013) und «Das Mädchen und die Spinne» (2021) der dritte Teil der «Tier-Trilogie» der Zwillingsbrüder Ramon und Silvan Zürcher. In den eigenwilligen Filmen geht es um zwischenmenschliche Beziehungen.
Ramon Zürcher hat das Drehbuch geschrieben und die Regie sowie den Schnitt verantwortet, Silvan Zürcher hat den Film produziert. Der Film ist unter anderem als bester Spielfilm nominiert, wie an der Nacht der Nominationen im Landhaus in Solothurn bekanntgegeben wurde. Ausserdem könnte er für das Drehbuch, die Montage und den Ton einen Preis gewinnen.
Auch für die beste Filmmusik ist das Drama nominiert. Komponiert hat sie Balz Bachmann. Die junge Schauspielerin Paula Schindler ist für ihre Leistung im Film als beste Nebendarstellerin nominiert.
Vier- und dreifache Nominierungen
Mit vier Nominierungen ist auch das Regiedebüt der französisch-schweizerischen Schauspielerin Laetitia Dosch, «Le procès du chien», grosse Hoffnungsträgerin. Darin versucht eine Anwältin, gespielt von Dosch, die Einschläferung eines Hundes zu verhindern. Eine der vier Nominierungen für die Komödie geht an Dosch als beste Darstellerin.
Mit vier Nominationen liegt auch der Dok «E.1027 - Eileen Gray and the House by the Sea» von Beatrice Minger und Christoph Schaub vorne.
Zwar ging im Dezember der Film «Reinas» aus dem Rennen für den Ausland-Oscar. Doch die in Lugano lebende schweizerisch-peruanische Regisseurin Klaudia Reynicke kann sich freuen: Ihr Coming-of-Age-Drama ist dreifach für den Schweizer Filmpreis nominiert.
Preisgeld gibt's für die Nomination
Neben "Der Spatz im Kamin", "Le procès du chien" und "Reinas" - die auch für das beste Drehbuch nominiert sind -, sind zwei weitere Werke als bester Spielfilm nominiert: Das Drama «Les paradis de Diane» von Carmen Jaquier und Jan Gassmann und der Stop-Motion-Film «Sauvages». Trotz seines Genres ist letzterer als bester Spiel- und nicht als bester Animationsfilm nominiert. Der Film des Walliser Regisseurs Claude Barras nimmt einen mit auf Borneo, wo Indigene gegen die Zerstörung ihres Zuhauses kämpfen.
Auch wer den Schweizer Filmpreis nicht holen wird, kann sich über finanzielle Unterstützung freuen. Das Preisgeld ist bereits mit der Nominierung garantiert. Die Summe variiert je nach Kategorie. Mit 25'000 Franken ist sie bei den Nominationen der beiden Hauptkategorien Bester Spielfilm und Bester Dokumentarfilm am höchsten.
Als bester Dokumentarfilm nominiert ist unter anderem der bereits erwähnte Film «E.1027 - Eileen Gray and the House by the Sea» von Christoph Schaub und Beatrice Minger. Der Film über die irische Designerin Eileen Gray (1878-1976) handelt von weiblicher Ausdruckskraft und dem männlichen Wunsch, diese zu kontrollieren.
Über die vierfache Nominierung freuten sich die Filmemachenden im Publikum sichtlich und fielen sich bei jeder Nennung des Filmes in die Arme.
Auch «Wir Erben» von Simon Baumann, Macher von «Zum Beispiel Suberg» (2013), kann auf die Auszeichnung als bester Dokumentarfilm hoffen. Der Film hat zusätzlich Chancen auf den Publikumspreis der Solothurner Filmtage, die am Mittwochabend verliehen werden.
«Avant il n'y avait Rien» von Yvann Yagchi, Schweizer Filmemacher palästinensischer Herkunft, ist ebenfalls als bester Dokumentarfilm nominiert. Darin versucht er zu verstehen, warum die Beziehung zu seinem Kindheitsfreund, einem israelischen Siedler, nicht gehalten hat. Ebenso als bester Dokumentarfilm nominiert sind «Riverboom» von Claude Baechtold und «The Landscape and the Fury» von Nicole Vögele.
Starkes Ensemble in «Friedas Fall»
Je drei Schauspielerinnen und Schauspieler können auf den Schweizer Filmpreis für die beste Darstellung hoffen - darunter gleich zwei aus dem Spielfilm «Friedas Fall» von Maria Brendle. Der Film handelt vom Prozess Frieda Kellers, die 1904 im Kanton St. Gallen ihr Kind tötete. Schauspielerin Julia Buchmann, die Frieda verkörpert, sowie der Schauspieler Stefan Merki, der den Staatsanwalt und den Gefängnisdirektor gibt, sind als beste Darstellende nominiert. Zudem ist Rachel Braunschweig als beste Nebendarstellerin nominiert.
5000 Franken gibt es für die Nominierung als beste Darstellerin oder bester Darsteller. Neben Buchmann und Merki sowie Laetita Dosch («Le procès du chien») wird damit noch Luna Wedler («Jakobs Ross») geehrt. Dimitri Krebs ist ebenfalls als bester Darsteller nominiert - obwohl er für seine Rolle als "Landesverräter" zum ersten Mal überhaupt vor der Kamera stand.
Bekannter ist dagegen David Constantin, der mit seiner Darstellung des draufgängerischen Polizisten Bax in «Tschugger- Der Lätscht Fall» für den Schweizer Filmpreis nominiert ist.
Die Genfer Sängerin und Schauspielerin Licia Chery moderierte die Bekanntgabe auf humorvolle Art und machte popkulturelle Referenzen. An der Bekanntgabe sprachen auch Nadine Adler Spiegel und Laurent Steiert, welche die Co-Leitung der Sektion Film des Bundesamtes für Kultur innehaben. Man wolle, dass Schweizer Filme nicht nur gemacht, sondern auch gesehen werden, sagte Spiegel. (sda/spo)